Welt-Umweltbericht: Wuppertaler Professorin schrieb zum Wasser
Professorin Mariele Evers hat am Kapitel „Wasser“ des Welt-Umweltberichts mitgeschrieben.
Frau Evers, Sie haben am Welt-Umweltbericht mitgeschrieben. Wie kam das?
Evers: Mit mir zusammen haben einige hundert Kollegen aus allen Weltregionen an diesem Bericht geschrieben. Es war eine gemischte Gruppe aus Wissenschaftlern und Vertretern aus Behörden, Regierungen oder UN-Organisationen. Herausgeber und Koordinator ist die UNEP. Mit der und der UNESCO habe ich vorher schon zusammengearbeitet. Der andere Grund ist, dass ich in dem Fachgebiet bekannt bin. Ein Auswahlkriterium ist die international anerkannte wissenschaftliche Expertise.
Was haben Sie genau untersucht?
Evers: Letztendlich haben wir Indikatoren herausgegriffen, die abgeleitet sind von international geltenden Umweltzielen der Weltgemeinschaft. Es gibt 500 dieser Ziele, und wir haben in einer Forschergruppe neunzig Ziele davon angesehen und versucht, das zu quantifizieren.
Was erforscht man konkret bei dem Thema Wasser?
Evers: Wir haben keine neuen Untersuchungen gemacht, sondern unser Wissen zusammengetragen, um zu sehen, welchen Zustand wir zurzeit haben.
Welche Ergebnisse haben Sie herausgefunden?
Evers: Von den neunzig Umweltzielen haben vier einen positiven Trend, die wichtigsten Themen aber einen Negativtrend. Das Ziel, die Welt mit Trinkwasser zu versorgen, hat sich im städtischen Raum verbessert, im ländlichen Raum nicht. Ansonsten hat sich Trinkwasserqualität, aber auch der Zustand von Flüssen und Seen verschlechtert. Ein weiteres Beispiel sind die Küstenzonen, die unter zu vielen Nährstoffen leiden. Sehr kritisch betroffen sind auch die Korallenriffe, die seit 1980 um 38 % zurück gegangen sind.
Die Ziele sind nicht neu, der erste Gipfel in Rio war vor 20 Jahren, warum verschlechtert sich die Situation dennoch?
Evers: Es hapert an der Umsetzung und an der Konkretisierung der Ziele. Es fehlt an formulierten, messbaren Zielen. Bei den Klimazielen ist deutlich geworden, wie da um Formulierungen gerungen wurde. Umweltziele können wirtschaftliche Konsequenzen haben. Die können aber auch positiv sein und werden nicht sofort gesehen.
Das Wissen ist da, die Ziele werden aber nicht erreicht. Wie sehr frustriert das? Ruft man in den Wind?
Evers: Ja, das ist kein neues Phänomen. Ich verfolge diese Themen seit dem Studium. In gewisser Weise stumpft man ab, aber es frustriert durchaus auch mitunter. Was mich irritiert, ist die geringe Lernfähigkeit, wenigstens mittelfristig zu denken. Es sind noch Trends in vielen Bereichen umkehrbar, noch können wir gegenlenken. Es muss aber mehr dafür getan werden. Oft wird nur an den Symptomen gearbeitet und nicht an den Ursachen.
Kann man die Einhaltung der Ziele von aufstrebenden Industriestaaten wie China erwarten?
Evers: Es hängt davon ab, wie langfristig wir denken. Wenn China hohe wirtschaftliche Wachstumsraten haben will, kann man das denen nicht vorwerfen, weil wir im letzten Jahrhundert auch diese Intensivierung vielfach auf Kosten der Umwelt hatten. Letztendlich ist es aber für das Land besser, nach nachhaltigen Lösungen zu schauen. China hat riesige Probleme mit Wasserqualität, Dürre, Wüstenbildung. Das führt zu geringerem Wohlbefinden und dauerhaften Problemen bei der Gesundheit der Menschen.
Was wünschen Sie sich für die nächste Umwelt-Konferenz?
Evers: Ich wünsche mir, dass die Ergebnisse unseres Berichts und die Ernsthaftigkeit der Situation zur Kenntnis genommen werden. Und dass in Rio offen über Verbesserungen geredet und die Konkretisierung der Ziele realisiert wird. Es muss sich ehrlich eingestanden werden: Ziele, zumal vage formuliert, reichen nicht. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, wie diese Ziele umgesetzt werden können.
Was kann der einzelne Wuppertaler machen?
Evers: In den meisten Regionen Deutschlands gibt es keinen Wassermangel, jedoch kann es nicht schaden, die kostbare Ressource sparsam zu verwenden. Jeder sollte sich auch Gedanken machen, wieviel Wasser für die Produktion bestimmter Waren wie z. B. das T-Shirt aus Baumwolle oder Zitrusfrüchte genutzt wird. Ein verringerter Fleischkonsum führt auch zu weniger Ressourcenverbrauch und weniger Stickstoffaustrag, der in manchen Gebieten Deutschlands sehr problematisch ist. Ebenso sollte man vermehrt regionale Produkte kaufen.
Wie werden die Umweltziele in Wuppertal umgesetzt?
Evers: Wuppertal ist recht aktiv, was die Klimaschutzziele angeht, da gibt es gute Beispiele. Wuppertal macht eine ganze Menge zur nachhaltigen Entwicklung. Ich fand die Initiative beeindruckend, als Wuppertaler für zwei Monate auf das Auto verzichtet haben und einige danach tatsächlich ihren Wagen abgeschafft haben. Auch die Nutzung der GEPA-Produkte ist beispielhaft in Wuppertal.