Wenn ein Kunstwerk erzählt
Sprechende Luftskulpturen beleben bis zum Ende der Woche verschiedene Plätze in Wuppertal. Die Anwohner sind fasziniert.
Wuppertal. Mit zwölf erleuchteten „Quasselköppen“ begann am Montag auf dem Platz der Republik eine spektakuläre Kunstaktion, die als Wanderausstellung noch den Rest der Woche füllen wird. Eifrige Kulturfreunde sind mit dem Anblick der Luftskulpturen bereits vertraut, denn es gab im Frühjahr anlässlich der Landtagswahlen bereits eine ähnliche Installation.
Statt Wählerfrust haben sich der Filmemacher Friedhelm Büchele und der Künstler Christian von Grumbkow nun in einem weitaus größeren Rahmen das Thema Nachbarschaft zur Brust genommen. Auf die überdimensionalen „NachbarKöpfe“ projizieren sie Gesichter: Menschen aus dem Viertel, die über das Leben im Quartier und über Nachbarschaft mehr oder weniger erhellende Dinge zu sagen haben.
„Bei uns wohnen alle möglichen Leute aus allen möglichen Ländern“, erklingt es da, während vom Kopf gegenüber eine Frau erzählt: „Ich hab 48 Jahre Türkei leben.“ Zur unumwundenen Kunst gesellt sich damit die Ebene der direkten, ungeschminkten Ansprache, die der Betrachter jederzeit verlassen kann, um einem weiteren Nachbarn zu lauschen.
Fast 80 Personen haben die Künstler interviewt, die meisten von ihnen wohnen in gründerzeitlichen Häusern Elberfelds und besitzen damit einen Berührungspunkt. Dass die Betrachter nach bekannten Gesichtern suchen, ist nur menschlich und animiert zur Aufmerksamkeit.
Daneben gibt es die Vielzahl der Staunenden und Fragenden. Kinder hätten etwa wissen wollen, ob sich im Kopf ein Mensch befinde, der die Dinge erzähle, sagt Büchele. Nicht minder unverblümt kam in Remscheid, wo die Ausstellung zuvor Station machte, die Frage eines Erwachsenen an die Künstler: „Habt ihr eigentlich keine Arbeit?“
Derlei Einwände müssen gestattet sein bei einem Werk, das die Begegnung mit breiten Schichten sucht. Bei dieser Konfrontation war bereits der erste Tag auf dem Platz der Republik ein großer Erfolg. „Heute waren bestimmt schon 300 Leute hier“, zieht Büchele überrascht sein Fazit aus der Eröffnung am Montag.
Aus diesem großem Zuspruch erwächst ein weiterer erfreulicher Aspekt: „Die Menschen fangen an, Ideen für weitere Einsatzmöglichkeiten zu entwickeln.“ In Hückeswagen sei geplant, einen ganzen Chor auf die Kunstköpfe zu projizieren. Auch aus Berlin sei bereits Interesse bekundet worden. Damit hat das bergische Kolumbus-Ei alle Chancen, zum Exportschlager zu werden. „Die Idee mit den Köpfen kommt gut an“, stellt Büchele lakonisch fest. Dass damit entgegen der Ansicht der Zaungäste keine Arbeit verbunden sei, kann er nicht bestätigen. Immerhin neun Monate hätten die Planungen gedauert.