Interview Wie Politiker mit Humor punkten

Soziologin Ludgera Vogt untersucht, wie Gysi, Kubicki und Co. Wähler übers Lachen gewinnen — und wann das schief gehen kann.

Foto: Universität Regensburg

Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Ludgera Vogt: Vor einigen Jahren haben wir ein Forschungsprojekt über Politiker in Personality Talkshows durchgeführt. Das sind Gesprächssendungen wie „Markus Lanz“ oder „Kölner Treff“, in denen neben Sängern, Komikern und Schauspielern öfters auch mal politische Akteure auftreten. Und dabei ist uns aufgefallen, dass Humoreinsatz immer besonders zum Erfolg beitrug, weil er den Unterhaltungswert der Sendungen steigerte und politische Botschaften kurzweilig verpackt werden konnten. In dieser Zeit wurden auch satirische Talksendungen in Deutschland populär, Formate wie „Pelzig hält sich“ und die „heute-show“. Und als Peer Steinbrück 2013 seine Kampagne damit einleitete, er wolle Wahlkampf mit Humor und guten Bildern machen, schien uns der Gegenstand wichtig genug für ein eigenes Projekt — zumal in den USA schon seit vielen Jahren kein Präsidentschaftskandidat an Auftritten in Late Night Shows und Nachrichtensatiren mehr vorbeikommt.

Wie sind Sie bei Ihrer Untersuchung vorgegangen?

Vogt: Die entscheidende Pointe war, dass wir zwei Zugangsweisen verbunden haben. Am Projektstandort Wuppertal haben wir Interviews mit Moderatoren, Redaktionsmitarbeitern, Autoren und natürlich mit Politikern und ihren Beratern geführt. Und wir haben uns angeschaut, wie die Auftritte beim Publikum ankommen. Am Projektstandort Marburg wurden die Sendungen mit medienwissenschaftlichen Methoden analysiert. Entscheidend war dann, die beiden Zugangsweisen zusammenzuführen, zu „triangulieren“, wie wir sagen, indem beispielsweise ein Sendungsausschnitt im Lichte von Interviewaussagen und Publikumsreaktionen noch mal völlig neu interpretiert werden konnten.

Wie humorvoll sind deutsche Politiker?

Vogt: Das Humortalent ist sehr unterschiedlich verteilt. Es gibt wahre Meister wie Wolfgang Kubicki von der FDP oder Gregor Gysi von der Linken, die können eine Talksendung alleine tragen, weil sie so schlagfertig und unterhaltsam sind. Die schaffen es sogar, die gastgebenden Humorprofis wie Oliver Welke oder Erwin Pelzig zum Lachen zu bringen und in ausgelassene Schlagabtausche von Gags und Pointen zu verwickeln. Und das kommt beim Publikum sehr gut an, selbst Anhänger ganz anderer politischer Richtungen finden die Akteure dann sympathisch. Humor und Schlagfertigkeit sind nur aber schwer trainierbar. Wenn man kein Talent hat, sollte man lieber die Finger davon lassen.

Was kommt gut beim Publikum an?

Vogt: Hier gibt es eine ganz klare Antwort, die schon in der amerikanischen Forschung herausgearbeitet werden konnte und die wir bestätigen können: Selbstironie. Wer nicht nur über andere, sondern auch über sich selber lachen kann, der zeigt, dass er sich selber nicht zu wichtig nimmt, der baut Distanz zu den Wählern ab und wirkt ehrlich.

Und was kann schiefgehen?

Vogt: Komik stellt immer auch ein kommunikatives Glatteis dar. Die erste Gefahr liegt darin, zu albern rüberzukommen, wenn man sich nur noch als Spaßvogel aufführt. Das kann Seriositätsverluste produzieren, von denen man nur schwer wegkommt. Guido Westerwelle etwa hat seinerzeit Jahre gebraucht, um von seinem Image als Spaßpolitiker so wegzukommen, dass er seriös genug fürs Außenministerium erschien. Die zweite, gegenteilige Gefahr ist die, als Spaßbremse zu erscheinen. Wer im Satiretalk immer nur ernsthafte Antworten gibt, kann beim Publikum keine Punkte machen. Am schlimmsten aber ist es, wenn die politischen Akteure willenlos jeden Spaß mitmachen und dabei ihr eigenes Profil aufgeben. So geschehen etwa bei einem Auftritt des damaligen Afd-Chefs Bernd Lucke, der in einer Sendung von Benjamin Stuckrad-Barre geradezu vorgeführt wurde. Er ließ sich in eine Griechenland-Flagge hüllen, hielt darin eine Rede für einen Griechenland-Austritt aus der Währungsunion, die dann in Micky-Maus-Töne verfremdet wurde und schließlich wurde ihm sogar der Stinkefinger gezeigt. Bernd Lucke hätte sich hier verweigern und lieber wie kürzlich Wolfgang Bosbach die Sendung verlassen sollen, um damit seine Souveränität zu wahren.