„Wir fühlen uns hier zu Hause“ —Wuppertal begrüßt Neubürger
Oberbürgermeister Peter Jung hieß 26 Neubürger feierlich willkommen.
Wuppertal. Alle paar Monate lädt die Stadt Wuppertal zur feierlichen Übergabe der Einbürgerungsurkunden durch Oberbürgermeister Peter Jung ins Barmer Rathaus. Am vergangenen Donnerstag-Abend war es wieder soweit. Görkem Ali Karakus (15), geboren im Tal, freut sich, dass er nun auch offiziell deutsch ist: „Meine Eltern kommen zwar aus der Türkei, aber ich kenne diese nur aus dem Urlaub. Meine Heimat ist und war immer Deutschland.“
Über 150 verschiedene Nationen leben in Wuppertal. Jung feierte die steigende Zahl an Neubürgern als rote Karte gegen den Rechtsextremismus. In seiner Eröffnungsrede betonte der Oberbürgermeister die Probleme vieler Migranten in ihrer Heimat gegenüber der Situation gebürtiger Wuppertaler: „Wir müssen uns besinnen, wie gut es uns geht. Während viele Andere in der Heimat ihr Überleben sichern müssen, jammern wir darüber, dass der Döppersberg 35 Millionen Euro teurer wird.“
Görkem Alis Eltern, Nusret und Azize, sind stolz darauf, dass nun auch ihr Sohn die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt. Görkem hat große Ziele: „Nach dem Studium möchte ich ins Ausland gehen, nicht nur wegen des Abenteuers, auch für den Lebenslauf.“
Antoaneta Fizieva (36), die sich und ihre Tochter Jasmin (8) eingebürgert hat, lebt seit neun Jahren in Wuppertal und hat ihr Master-Studium „Finanzen und Kontrolle“ an der Bergischen Universität abgeschlossen. Heute arbeitet Antoaneta als Immobilienkauffrau in einer Wuppertaler Hausverwaltung, wo auch ihr Mann Taksin Al Khafaji (42), aus dem Irak, tätig ist. „In Bulgarien habe ich mich nie wirklich wohl gefühlt — die kommunistischen Verhältnisse entsprachen nicht meinem Weltbild. Deutschland ist ganz anders — die Mentalität gefällt mir hier sehr“, erzählt Antoaneta. Von rechtsradikalen Tendenzen habe sie sich noch nie bedroht gefühlt. Auch ihr Mann Taksin sieht internationale Vorurteile gegenüber Deutschen: „Nationalsozialisten gibt es wirklich in jedem Land. Viele wissen gar nicht, wie tolerant die Verhältnisse hier sind, weil sie noch nie hier waren.“
Trotzdem sollte man Minderheiten nicht unterschätzen, findet Jung: „Ich empfinde es als Provokation, dass die Abschlusskundgebung der Rechten in Wuppertal einen Tag vor der Bundestagswahl stattfindet.“