„Wir könnten Aids beenden“

Die Wuppertaler Aids-Hilfe feiert ihr 30-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat sich viel verändert.

„Wir könnten Aids beenden“
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Die Aids-Hilfe Wuppertal feiert ihn diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. In diesen drei Jahrzehnten hat sich viel verändert: Galt die Diagnose Aids 1987 als Ankündigung eines nahen Todes, haben Erkrankte heute eine normale Lebenserwartung. Das einzige Medikament, das HIV-Infizierte in den 80er Jahren zur Verfügung hatten, schwächte sie mit vielen Nebenwirkungen und musste alle paar Stunden eingenommen werden.

Michael Jähme, Sozialpädagoge der Aids-Hilfe

Heute können Infizierte zwischen Medikamente mit verschiedenen Wirkmechanismen wählen, in nur einer Tablette täglich und fast ohne Nebenwirkungen. „Heute muss niemand mehr an Aids erkranken“, betont Michael Jähme, Sozialpädagoge der Aids-Hilfe. Wer den HIV-Virus in sich trägt, kann ihn mit Medikamenten so stark bekämpfen, dass er im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Dadurch bricht die Krankheit Aids nicht mehr aus, und dadurch ist ein HIV-Infizierter nicht mehr ansteckend - wenn er seine Tabletten regelmäßig nimmt.

„Aber es ist wichtig, dass sich die Menschen testen lassen“, fordert Jähme. Denn nur, wer über seine Infektion Bescheid weiß, kann seine Gesundheit durch Medikamente sichern und seine Partner schützen. Ein Problem sei das große Unwissen über die Krankheit: „Medizinisch gesehen hat es eine Riesen-Entwicklung gegeben. Aber im Sozialen findet nach wie vor eine große Stigmatisierung statt“, bedauert Daniel Viebach von der Aids-Hilfe.

Viele Menschen hätten immer noch Bedenken, einem HIV-Infizierten die Hand zu geben oder mit ihm gemeinsam zu essen - obwohl davon bei richtiger Medikamentierung keinerlei Gefahr ausgeht. Selbst in Arztpraxen herrsche Unsicherheit: „Es muss für HIV-Infizierte keine gesonderte Hygiene eingehalten werden“, so Viebach. Dafür wünscht er sich, dass Allgemeinärzte bei häufigen Atemwegserkrankungen und schweren Lungenentzündungen auch an Aids denken. „Wir könnten mit mehr Bewusstsein Aids beenden“, so Viebach.

Mit vielen Präventionsveranstaltungen versuchen die vier hauptamtlichen Mitarbeiter der Aids-Hilfe, Wissen zu vermitteln. Sie laden Jugendliche aus Schulen und Jugendzentren in ihr Beratungszentrum an der Simonsstraße ein, um über die Krankheit, aber auch Sexualität und Partnerschaft allgemein aufzuklären. Sie informieren an Ständen in der Stadt über HIV und Behandlungsmöglichkeiten.

Und sie müssen Spenden sammeln, um ihre Arbeit weiter zu finanzieren. Außerdem beraten sie natürlich Infizierte und Risikogruppen. Um die 360 HIV-Positive leben in Wuppertal, davon hat knapp die Hälfte Kontakt zur Aids-Beratung. Nach wie vor machen homosexuelle Männer rund zwei Drittel der Neuinfizierten aus. Die anderen sind vor allem Migranten aus Ländern mit hoher Virus-Verbreitung, etwa Osteuropa. „Deshalb ist ein globaler Fond für die HIV-Behandlung so wichtig - das nützt auch uns in Deutschland“, betont Jähme.