Campus Wuppertal Wissenschaftler halten Probanden den Spiegel vor

Sie wollen herausfinden, ob angeleitete Selbstbetrachtungen Probleme mit dem eigenen Körper verringern.

Foto: Universität Wuppertal

Fast jeder Mensch kennt das: Es gibt das ein oder andere, was man gerne an seinen Körper ändern würde. Zum Beispiel wünschen sich viele Männer, die früh Haare verlieren, volles und kräftige Haar. Andere hadern mit ihrem Gesäß oder ihrer langen Nase. Das ist menschlich. Krankhaft wird es, wenn die Gedanken ständig um den vermeintlichen Makel kreisen. Dann spricht man von einer Körperdysmorphen Störung. Diese ist gekennzeichnet durch eine übermäßige Beschäftigung mit einem eingebildeten Mangel, der für Außenstehende nicht in dem Maß nachvollziehbar ist.

„Am häufigsten bezieht sich die Sorge auf die Haut, die Nase, die Haare oder die Statur. Es kann jedoch jeder Körperbereich betroffen sein“, sagt Dr. Katrin Schoenenberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie. Das könne sich darin äußern, dass ein Mensch, der sich Sorgen um seine Haut macht, eine intensive Körperpflege betreibt. „Dabei nehmen sie auch schmerzhafte Prozeduren in Kauf, wie zum Beispiel Laserbehandlungen“, sagt Schoenenberg. Die einzelnen Verhaltensweisen werden meist mit hoher zeitlicher Intensität und oft zwanghaft vollzogen.

Viele Patienten vermeiden den Anblick im Spiegel oder überprüfen sich übermäßig oft darin. Das Auftreten in der Öffentlichkeit wird teilweise vermieden, da abwertende und demütigende Reaktionen befürchtet werden. „Eine weitere Verhaltensweise ist es, den Makel zu kaschieren, wie eine Mütze zu tragen, um die Haare zu verdecken oder mit auffälligen Ohrringen von der ungeliebten Nase abzulenken“, so Schoenenberg. Die psychische Krankheit erzeugt einen hohen Leidensdruck. Schätzungen zufolge leiden etwa ein bis 2,4 Prozent der Bevölkerung an einer Körperdysmorphen Störung.

Diese übermäßige Beschäftigung mit einem körperlichen Mangel erforscht der Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Wuppertal in verschiedenen Studien. Eine aktuelle Studie untersucht, was eigentlich genau passiert, wenn sich Personen im Spiegel betrachten. „Ziel dieser experimentellen Studie ist es, genauer zu verstehen wie die Methode der Spiegelexposition wirkt“, sagt Schoenenberg.

Die erste Annahme der Spiegelstudie ist, dass durch häufiges Betrachten des eigenen Körpers die Angst weniger wird. Die zweite, dass sich die Fokussierung auf ein Körperteil reduzieren lässt. „Wenn ich nur auf meine Nase schaue, dann bin ich nur noch Nase“, sagt Schoenenberg. Anhand einer geführten Betrachtung mit einer Audiodatei gehe es darum, eine neue Betrachtungsweise zu lernen und das eigene Aussehen weniger zu bewerten. Eine neutrale Beschreibung könnte zum Beispiel lauten: Die Augen haben die Form einer Mandel, die Wimpern gehen in einem Bogen nach oben.

Beim Betrachten des eigenen Spiegelbilds messen die Forscher die Herzrate der Probanden, um herauszufinden, wie es sich auswirkt, wenn man den Makel oder den ganzen Körper anschaut. Die Studie der Spiegelexposition umfasst zwei Termine, um herauszufinden, welche Veränderung sich nach dem ersten Mal einstellt. Bisher haben 30 Probanden an der Erhebung teilgenommen, im Wintersemester 2019/20 soll die Studie mit weiteren 30 fortgeführt werden.

Teilnehmen kann jeder, der unter Sorgen um das eigene Aussehen leidet, die sich nicht primär auf das Gewicht beziehen. Die Teilnehmer müssen nicht die Kriterien einer Körperdysmorphe Störung erfüllen. Weitere Infos unter: