Wittensteinstraße: Streit um die Moschee droht zu eskalieren

Die Islamische Gemeinde klagt vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht – Urteil im Januar.

Wuppertal. Der Streit um das islamische Kulturzentrum an der Wittensteinstraße gewinnt an Schärfe - und es sieht derzeit nicht so aus, als könnte der Gordische Knoten widerstreitender Interessen entworren oder gar zerschlagen werden. In der verwirrenden Gemengelage ist nun erst einmal das Düsseldorfer Verwaltungsgericht am Zug: Dort klagt die Islamische Gemeinde gegen die Stadt Wuppertal und will erreichen, dass künftig 300 Menschen in das Gebetshaus kommen dürfen.

Und damit ist auch schon der entscheidende Knackpunkt des Streit genannt: Wie viele Muslime dürfen an der Wittensteinstraße beten? Wann schaden diese den Anwohnern? Was muss die Stadt tolerieren? Wann hat sie einzuschreiten?

Zur Erinnerung: Als die Baugenehmigung zu dem Zentrum - das Gelände wurde von der evangelischen Kirche verkauft - beantragt wurde, da war die Rede von 100 Gläubigen. Später, da war der Streit schon entbrannt, erließ die Düsseldorfer Bezirksregierung eine Nutzungsgenehmigung für 196 Personen - und nun wird von der Gemeinde auf die besagten 300 geklagt.

Nun befinden sich alle Beteiligten in einer Zwickmühle. "Ich fühle mich bei dem ganzen Verfahren sehr unwohl", sagt Oberbürgermeister Peter Jung und übt sich im Spagat zwischen Rechtstreue und Toleranz. "Es muss doch möglich sein, gut verträglich zusammen zu leben", postuliert er seine Hoffnung, wohl wissend, dass sich diese derzeit in Luft aufzulösen droht.

"Die Situation gerät so wahrscheinlich bald außer Kontrolle", unkt Gerd Marx, Sprecher der Anwohner, die wegen zugeparkter Garageneinfahrten und anderen Ärgernissen auf die Einhaltung der Nutzerbegrenzung pochen. Sie stehen derzeit freitags an der Wittensteinstraße und zählen und filmen die Gläubigen, die dort zum Gebet kommen. Angeblich seien bei den vergangenen Zählungen regelmäßig mehr als 300 Muslime registriert worden.

Der Vorstand der islamischen Gemeinde beruft sich wiederum auf den Vorgänger-Vorstand, der fälschlicherweise nur 100 Gäste angegeben habe, das könne man nun nicht mehr ändern. Das Gebäude ist gebaut, das Gelände ist gekauft - Fakten lassen sich nun einmal schwer korrigieren.

Nun hat die islamische Gemeinde freitags zwei Gebetstermine vereinbart - in der Hoffnung, dass sich die Zahl der Gläubigen halbiert. Dieser Versuch, die Situation zu entspannen, funktioniert indes nur eingeschränkt. Muslime, die nicht mehr eingelassen werden, sind verärgert. Sie stehen dann vor der Tür - und in Deutschland ist das so, als befänden sie sich im Zentrum. "Wenn die Mitglieder vor der Tür stehen, werden sie der Versammlungsstätte zugerechnet", erklärte Stadtsprecherin Martina Eckermann die Zusammenhänge. Im übrigen sei niemandem damit geholfen, dass nun ein Teil der Menschen draußen stehe - das würde noch mehr Ärger geben, ist zu hören.

Beide Seiten rüsten auf: Es kursiert ein Flugblatt, in dem der evangelischen Kirche der Verkauf des Grundstücks an die Muslime vorgeworfen wird. Andererseits verdichten sich wiederum die Hinweise, dass von Angehörigen der Gemeinde im Internet Stimmung gegen die Anwohnergruppe um Gerd Marx gemacht gemacht wird.

Die Islamische Gemeinde selbst hat an die Nachbarn geschrieben und verwahrt sich gegen den Vorwurf, "radikal und gewalttätig" zu sein. "Wir wünschen uns ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis und bedanken uns im Voraus für Ihr Verständnis", steht in dem Brief.

"Wir müssen Menschen aus 154 Nationen in Wuppertal unter einen Hut bringen", appelliert auch Peter Jung an alle Beteiligten des Streits - wohl wissend, dass er ins Leere spricht. Entscheidend wird der Spruch des Verwaltungsgerichtes sein. Wenn die islamische Gemeinde gewinnt, dann "müssen wir uns beugen", sagt Jung. Wird Wuppertal selbst klagen? Er zögert mit der Antwort, man merkt, er möchte es lieber nicht.

Ob die gleichen Skrupel bei der Islamischen Gemeinde herrschen, muss indes bezweifelt werden. Wenn diese unterliegt, scheint es wahrscheinlich, dass sie vor das Oberverwaltungsgericht nach Münster zieht. Bleibt noch eine weitere Gruppe: die Anwohner. Welche Schritte Gerd Marx und seine Initiative ergreifen werden, ist ebenfalls ungewiss. Mit einer eigenen Klage haben sie schon des öfteren gedroht. Sollte nur eine der drei Parteien in die nächste Instanz gehen, dann dauert der Streit noch Jahre.

War es vor diesem Hintergrund falsch, das Kulturzentrum überhaupt in einem Wohngebiet zu genehmigen? Sowohl Jung als auch Stadtsprecherin Eckermann tun sich mit einer Antwort schwer und verwiesen darauf, dass sie ja immer nur von 100 Nutzern ausgegangen seien. Das war falsch. Unabhängig von dieser rückwärtigen Betrachtung muss der Streit gelöst, der Knoten zügig entworren werden.

Wenn der Konflikt - angeheizt durch Scharfmacher auf beiden Seiten - eskalieren sollte, dann gibt es nur Verlierer.