Bildung Auf der Suche nach der Schule von morgen

Workshop an der Max-Planck-Realschule mit dem Bürgerrat Bildung und Lernen

Der Bürgerrat Bildung und Lernen will die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen einbeziehen und führt dazu Kinder- und Jugendwerkstätten an unterschiedlichen Schulen durch – unter anderem an der Max-Planck-Realschule, hier mit Ajenda (14, l.) und Rafaela (16).

Foto: ANNA SCHWARTZ

Der Zeitpunkt ist günstig. Die Corona-Pandemie stellt alles auf den Prüfstand, auch die Schulen, die Lehrer, Schülerinnen und Schüler. Die Montag-Stiftung will es genauer wissen. In ihrer Denkwerkstatt hat sie den Bürgerrat ins Leben gerufen, der sich unter anderem mit Bildung und Lernen beschäftigt. So zum Beispiel am Donnerstag in der Jahrgangsstufe 9 der Max-Planck-Realschule. Dort gingen etwa 25 Jugendliche der Frage nach, wie die Schule der Zukunft sein sollte, wie Schüler mit Lehrern und Lehrer mit Schülern umgehen müssen, damit bessere Lernerfolge entstehen können.

„Wir machen das an fünf Schulen in Deutschland und in unterschiedlichen Jahrgangsstufen“, sagt Sabine Milowin. Dabei seien unter anderem auch eine Montessorischule in Rheinland-Pfalz und eine Grundschule in Bayern. Sie ist bei der Montag-Stiftung Leiterin des Projektes. Ziel des Bürgerrates Bildung und Lernen sei es, in möglichst vielen Altersstufen Wünsche und Vorschläge, Kritik und Anregungen zu sammeln. Sie werden anschließend in einer zehnköpfigen Schülergruppe konkretisiert, die sich aus je zwei Jugendlichen der teilnehmenden Schulen zusammensetzt. „Und im November wollen wir uns mit Vorschlägen an die Politik wenden“, sagt Milowin.

Ein Thema ist die
Digitalisierung

Was die Bildungspolitiker hören werden, hat sich am Donnerstag in der Realschulklasse schon sehr deutlich abgezeichnet. Grundsätzlich sind die Schülerinnen und Schüler ausdrücklich lernwillig und lernbereit. Aber es könnte ihnen besser gehen, sie könnten mehr von der Schule, vom Bildungssystem haben, wenn sich das System ein bisschen stärker auf sie zubewegte. Digitalisierung ist hier ein Thema. So warb Özan dafür, digitale Geräte stärker in den Unterricht einzubinden und die Freigabe von Seiten oder Apps über den Lehrer steuern zu lassen. „Das ist heute kein Problem mehr“, sagte Özan. Den praktischen Nutzen lieferte ein Mitschüler zu. Die Schultaschen werden leichter, und die Geräte sind auf die Dauer billiger als Bücher.

Weitsichtiger Umgang
mit den neuen Medien

Einspruch gab es allerdings auch. Der Hinweis darauf, dass im Internet auch nicht alles Gold ist, was glänzt, weil Informationen auch unkontrolliert verbreitet werden, zeigt, wie weitsichtig Jugendliche mit den neuen Medien umgehen. Das mag viele Erwachsene überraschen.

Abseits davon ist die Sicht der Schülerinnen und Schüler auf Schule und Lehrer anscheinend nicht viel anders als zu den Zeiten, in denen die Pädagogen von heute auf den Stühlen in den Klassenzimmern saßen. Da geht es um Respekt und Wertschätzung.

Es geht beispielsweise Rafaela auch um die Frage, wer denn jemals prüft, ob Lehrer nach womöglich Jahrzehnten im Dienst für den Beruf überhaupt noch geeignet sind. „Wir Schüler werden ständig geprüft. Lehrer nicht“, sagte sie und schilderte Eindrücke, nach denen der Schuldienst auf die Dauer am Nervenkostüm von Pädagogen zu nagen scheine.

Zumindest den Neuntklässlern an der Max-Planck-Realschule geht es offenbar auch darum, die Schule zu einem angenehmeren, lebensnäheren Ort zu machen. Der Wunsch nach einem Kiosk für die womöglich auch mal ungesunde Nahversorgung hat es ebenso auf die lange Liste geschafft wie die Anregung zu Rückzugsräumen. „Chillen“ nennen Jugendliche das und drücken so die Sehnsucht nach zwischenzeitlicher Entspannung aus. Das gilt so auch für die Schulzeiten schlechthin. Özan schlug vor, den Unterricht morgens eine Stunde später beginnen und nachmittags entsprechend später enden zu lassen. „Dann sind wir morgens wacher und können besser lernen“, sagte er.

Sichtlich angetan, aber auch überrascht von dem, was sie von ihren Schülern zu hören bekam, zeigte sich Klassenlehrerin Lisa Scheremet. Sie unterrichtet an der Realschule unter anderem Politik. „Das hat die Klasse wirklich sehr gut gemacht“, sagte sie. „Und was die Schülerinnen und Schüler sagen, davon können wir einiges lernen.“