Würdigung einer zeitlosen Künstlerin
Der 150. Geburtstag Else Lasker-Schülers naht. Das dazugehörige Jubiläumsprogramm ist schon fast fertig.
2019 wird ihr Jahr. Vor allem in Wuppertal — wenn es nach Hajo Jahn geht. Der Vorsitzende der Else-Lasker-Schüler (ELS)-Gesellschaft plant seit fast zwei Jahren den 150. Geburtstag der großen wie umstrittenen Tochter der Stadt, will ihn gebührend feiern. Kümmert sich um Veranstaltungen und deren Finanzierung, hat mittlerweile an die 30 Programmpunkte zusammengetragen, die im Februar, ihrem Geburtsmonat, beginnen und im Dezember enden. Plus weitere zehn, die noch werden sollen. Wir sprachen mit dem 77-Jährigen über seine Achtung für ELS, ihre Bedeutung für die Menschen heute und auf welche Veranstaltungen er sich besonders freut.
Wie sind Sie zu Else Lasker-Schüler gekommen?
Jahn: Ich habe ihr Gedicht „Weltende“ im Schulunterricht in der DDR kennengelernt. Das hat mich, der ich Krieg, Flucht und Diktatur erlebt habe, sehr beschäftigt. Als ich 1970 nach Wuppertal kam, musste ich feststellen, dass diese Dichterin noch immer spaltet, nicht richtig angekommen ist. Dabei ist sie so modern und zeitlos. Da musste ich einfach eine Gesellschaft gründen, um eine moderne zeitgemäße Erinnerungskultur zu schaffen. Mit dem ewigen Zeigefinger werden wir nachwachsende Generationen, vor allem die mit Migrationseltern, nicht davor bewahren, Rattenfängern in die Hände zu fallen.
Was bedeutet Ihnen das Jubiläum nächstes Jahr?
Jahn: Dass wir ELS bekannter machen als sie ist. Es geht darum, die wahre Bedeutung dieser zeitlosen, spannenden Künstlerin klarzumachen, für die sich weltweit Menschen interessieren.
Wird sie in Wuppertal zu wenig gewürdigt?
Jahn: Ja und nein.
Wie starten Sie ins Jubiläumsjahr 2019?
Jahn: Ich will junge Leute ansprechen. Deshalb fangen wir das Jahr, das wir unter das Motto „Das Herz der Avantgarde“ stellen, damit an, dass bei einem Rockfestival zwei Schüler ihre Texte rappen — am 2. Februar in der Unihalle. Am 7. Februar wird die neue Lasker-Schüler-Briefmarke vorgestellt. Wahrscheinlich mit einem Ausschnitt aus ihrem Bild „Jussuf“. Feierlich eröffnet wird das Jubiläumsjahr am 11. Februar mit einem Symposium an der Universität und einem öffentlichen Programm in der Stadthalle mit Tanzperformance mit Chrystel Guillebeaud, Rezitationen der Wuppertaler Bühnen und einem Multimediastück über die drei Weltreligionen, denn ELS war eine politische Künstlerin.
Weitere Höhepunkte?
Jahn: Eine Ausstellung in der Stadtbibliothek, Tanzvorführungen im Theater am Engelsgarten, Filme in der Volkshochschule und in der Else Lasker-Schüler-Gesamtschule. Unser Mitglied Christa Ludwig hat einen Roman über ELS geschrieben, den sie vorstellt. Wir machen Führungen in Berlin und in Wuppertal. Ganz wichtig ist mir die hochaktuelle Diskussion in der Volkshochschule am 3. März „Antisemitismus — der Erbende verarmt - gehört der Judenhass zu Deutschland?“.
Das Von der Heydt-Museum zeigt eine Ausstellung.
Jahn: Ich bin froh, dass das nun klappt. ELS war ja befreundet mit den Malern der „Brücke“ und „Der Blaue Reiter“. Ihre gemalte Korrespondenz mit Franz Marc ist ein Stück Weltkultur. Im Rahmen der Ausstellung sind Vorträge mit bekannten Künstlern geplant.
Es gibt auch Veranstaltungen in Solingen?
Jahn: Ja, im von uns initiierten Zentrum für verfolgte Künste. Die Uraufführung“ Else meets Ernst (Jandl)“ mit Sprache, Saxophon und Didgeridoo am 7. Juli, am 28. August wird das Projekt „Transitraum Else“ vorgestellt, bei dem Prominente weltweit ELS-Lyrik in ihren Sprachen rezitieren.
Und der Schlusspunkt?
Jahn: Wird im Dezember sein; da sind wir noch dran. Heiner Bontrup hat zwei Stücke, ein Videooratorium und eine Rezitation, die da in Frage kommen. Das wird noch geklärt.
Wie klappt die Finanzierung?
Jahn: Wir haben schon zahlreiche Sponsoren und Kooperationspartner, aber wir hoffen auf weiteres Geld, etwa vom Auswärtigen Amt für ein Theaterstück von Gerold Theobalt, das in Essen, Düsseldorf und Jerusalem aufgeführt werden soll.
else-lasker-schueler-gesellschaft.de