Unzulässiges Vergabeverfahren Wuppertal: Bestellung von 17 Notstromaggregaten war laut Rechnungsprüfungsamt unzulässig

Wuppertal · Die Geräte im Wert von rund einer Million Euro sollten für den Katastrophenfall angeschafft werden – elf sind inzwischen da.

 Im Nachgang der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 (hier in Beyenburg) wurden 17 Notstromaggregate angeschafft.

Im Nachgang der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 (hier in Beyenburg) wurden 17 Notstromaggregate angeschafft.

Foto: Günther Hiege

Die Beschaffung einer ganzen Reihe von Notstromaggregaten und einigem Zubehör hauptsächlich für die Wuppertaler Feuerwehr hat nun die Alarmglocken des Rechnungsprüfungsamts der Stadt (RPA) schrillen lassen. In ihren Prüfberichten, die jüngst dem zuständigen Ausschuss des Stadtrats vorgelegt wurden, verzeichnet die Behörde zu dem rund eine Million Euro umfassenden Auftragsvolumen gravierende Mängel und spricht unter anderem von einem unzulässigen Vergabeverfahren, von fehlenden Eignungsnachweisen der beauftragten Firmen und nicht eingehaltenen Lieferterminen. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung seien nicht beachtet worden, so das RPA. Die Stadtverwaltung habe sich zwar mittlerweile dazu geäußert. Doch offenbar zeigt sich das Prüfungsamt davon nicht beeindruckt.

Die Furcht vor dem Blackout

Im Nachgang der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 wurde eine bereits einige Jahre alte Projektidee im neuen Lichte betrachtet und 2022 als Ziel formuliert: Die Feuerwehrgerätehäuser sollen auch bei einem längeren Stromausfall (Blackout) von mindestens 72 Stunden mit elektrischer Energie versorgt sein. Dazu sollten 16 Notstromaggregate angeschafft werden, deren Finanzierung die Stadt sicherstellen würde. Die Beschaffung mit der Auftragsvergabe an Firmen, die auf solche Geräte spezialisiert sind, lag beim Stadtbetrieb 304, also der Feuerwehr.

Zur Anschaffung 15 solcher Geräte gab es einen Ratsbeschluss. Die Feuerwehr bestellte dann 16 Aggregate mit einem 600-Liter-Kraftstofftank. Das Rechnungsprüfungsamt moniert, dass die Auftragsvergabe nicht europaweit ausgeschrieben wurde, wie es bei einem Auftragsvolumen dieser Art aber vorgeschrieben ist. Auch wurden nicht von drei Bietern Angebote eingeholt, sondern nur von einem Bieter, was ebenfalls nicht korrekt, sondern eine unzulässige Direktvergabe sei, wie das Prüfungsamt feststellt. Für eine Dringlichkeit, die ein solches Vorgehen rechtfertigen könnte, sieht die Behörde offenbar keine Anhaltspunkte. Auch wurden wohl keine Eignungsnachweise der Firma eingefordert, die letztlich auch den Auftrag bekam. Mit einem solchen Nachweis belegen Firmen ihre Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit, kurz: dass sie geeignet sind für einen öffentlichen Auftrag.

Die Feuerwehr bestellte damals noch ein 17. Notstromaggregat, dessen Finanzierung durch die Stadt per Ratsbeschluss ermöglicht wurde. Das Thema sorgte im April 2022 für erheblichen Unmut, weil der Privatsender Radio Wuppertal das Gerät mit einem Nettopreis von knapp 62 000 Euro plus zusätzlicher Technik bekommen sollte. Radio Wuppertal hatte in der Flutnacht 2021 bis drei Uhr morgens berichtet – bis der Server im Keller überschwemmt wurde und der Not-Akku nach dem Stromausfall leer war. Die Ausstattung eines lokalen Privatsenders mit der notwendigen Technik sei nicht Sache der Stadt, zumal andere Medien nicht in den Genuss dieser Unterstützung kommen, so lautete damals die Kritik.

Wenig Personal, etliche Mitarbeiter krank

Das Rechnungsprüfungsamt sieht im Fall des 17. Notstromaggregats keine Gründe, die einer öffentlichen Ausschreibung entgegengestanden hätten. Auch fehle ein schriftlicher Auftrag im Buchungssystem und eine Begründung für den Bedarf eines weiteren Notstromaggregates zusätzlich zu den 16 anderen, wie das Amt nach WZ-Informationen in der jüngsten Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses mitteilte.

In der Sitzung war auch der Bericht des damaligen Feuerwehrchefs Ulrich Zander zu dem Vergabeverfahren Thema. Darin ist von einer hohen Arbeitsbelastung des Ressorts 304 im Jahr 2022 durch verschiedene Krisen die Rede, die durch die Folgen der Coronapandemie, des Hochwassers vom Juli ein Jahr zuvor und den Beginn des Ukrainekriegs bedingt gewesen seien. Die personelle Situation sei durch Mangel an Mitarbeitern und Krankenstand grenzwertig gewesen. Auf den Krieg in Osteuropa habe das NRW-Innenministerium im Juli 2022 mit einem „Sensibilisierungserlass“ reagiert: Die Kommunen sollten für mögliche Blackouts mit Notstromerzeugern ertüchtigt werden – ein Thema, das schon seit 2018 unter dem Arbeitstitel „Leuchttürme“ im Katastrophenschutz behandelt wurde, aber nun umgesetzt werden sollte, so Zanders Bericht. Es gab viele Anbieter, aber nur sehr wenige mit Geräten, wie sie die Wuppertaler wollten, so berichtete Zander Anfang Dezember 2022 wohl auf Bitte des damaligen Kämmerers Johannes Slawig im Krisenstab der Stadt. Slawig konnte sich auf WZ-Nachfrage nicht mehr an das Vergabeverfahren erinnern. „Das ist damals nicht über meinen Tisch gelaufen“, so der Ex-Kämmerer. Bei einer Firma in Cloppenburg wurden dann letztlich die passenden Aggregate sowie einiges Zubehör bestellt.

Zander machte die Dringlichkeit deutlich: Der Markt war geprägt von Lieferschwierigkeiten und andere Kommunen, die ebenfalls solche Geräte anschaffen wollten, sorgten zusätzlich für Verknappung. Zudem sei die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, wenn man im Notfall ohne diese Geräte dastünde. Der weltweiten Lieferkrise sei es geschuldet gewesen, dass die Cloppenburger die Geräte dann nicht liefern konnten und stattdessen Anfang 2023 drei Leihgeräte kostenfrei zur Verfügung stellten, so Zander in seinem Bericht. Mittlerweile sind elf der 17 Aggregate geliefert worden, die sechs fehlenden werden zu einem noch nicht benannten Zeitounkt jeweils in Zweierchargen folgen, wie die WZ am Montag auf Nachfrage erfuhr.