Schön, dass es sie noch gibt Die Klospülung in der Modellbahn wird heute übers Smartphone aktiviert

Wuppertal · Die Geschichte von Modellbahn Apitz geht bis in die 1960er Jahre zurück – inzwischen stellt die Digitalisierung neue Weichen.

Karsten Apitz präsentiert Modellbahnlandschaften, in denen die Welt noch in Ordnung ist.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Was für eine schöne geordnete Welt: die Kühe stehen auf der Wiese, die Kinder spielen im Garten, die Lichter in den Häusern leuchten und die Bahn kommt - und zwar immer nach Fahrplan. Solche detailreichen Modellbahn-Landschaften zeigt Modellbahn Apitz in seinem 450 Quadratmeter großen Ladenlokal an der Heckinghauser Straße. Die Stammkunden kommen teils seit vielen Jahrzehnten, um neue Loks oder Landschaftsdetails für das heimische Hobby-Projekt zu kaufen. „Einige kamen früher als Kinder nach der Schule in den Laden“, sagt Inhaber Karsten Apitz (50).

Seine Eltern eröffneten das erste Geschäft Ende der 1960er Jahre an der Werléstraße, ebenfalls in Heckinghausen. Damals war das Geschäft noch anders aufgestellt, berichtet Apitz. Es gab Schreibwaren, Zeitungen und Spielwaren. Die Modellbahnen nahmen nur einen ganz kleinen Teil des Geschäfts ein.

Doch dieser wuchs im Laufe der Jahre. „Das war einfach am lukrativsten“, sagt Apitz. Bei dem Geschäft mit Spielwaren und Zeitschriften sei dem Laden im Laufe der Jahre von den größeren Einkaufscentern der Rang abgelaufen worden. Nicht aber bei den Modellbahnen, wo bis heute die Kundschaft sehr viel Wert auf Beratung und Reparaturservice legt. Erst expandierten die Apitzes mit einem zweiten Laden an der Rübenstraße, eine weitere Filiale in Langerfeld folgte.

1995 übernahm Sohn Karsten Apitz das Geschäft und vereinte die kleinen Lädchen 2000 zu einem riesigen Modellbahner-Eldorado an der Heckinghauser Straße. Dort war kurz vorher Mode & Sport Auhagen ausgezogen. Auf das große Ladenlokal mit seinen zwei vollständigen Modellbahnlandschaften ist Apitz stolz: „Wir gehören damit zu den größten Geschäften deutschlandweit.“

Der Verkauf läuft dank des Online-Handels inzwischen sogar international. Apitz zeigt auf die blaue Modell-Schwebebahn in der Vitrine: „Die ist ein Verkaufsschlager.“ Obwohl die Miniversion der neusten Generation nur dekorativ an der Schiene hängt und nicht fährt, sei das Interesse auch im Ausland groß. „Wir haben die Schwebebahn schon nach Australien und Japan verschickt“, sagt Apitz.

Die Leidenschaft am Tüfteln, Gestalten und schlichtweg am Züge fahren lassen verbindet Apitz und seine vier Mitarbeiter, während der berufliche Werdegang bei jedem verschieden ist. Karsten Apitz selbst hat eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht, sein Technik-Experte Michael Dax (53) war früher Metzgermeister. Seit 23 Jahren dreht sich bei ihm allerdings alles nur noch um Schienen statt Schinken. „Mit drei Jahren habe ich meine erste Märklin-Bahn erhalten“, erinnert sich Dax daran, wie der Grundstein für sein Hobby Nummer Eins gelegt wurde.

Doch die Modelleisenbahn liegt heutzutage immer seltener unterm Weihnachtsbaum. Wie Apitz berichtet, hat die Branche es schwer, junge Leute zu begeistern. Das zeigt sich auch im Wegsterben der Konkurrenz. In den 1980er Jahre habe es noch rund zehn Modell-Eisenbahn-Läden in Wuppertal gegeben. Jetzt sind neben Apitz noch zwei übrig. Am Sedansberg, Schützenstraße 90, gibt es Matschke Modelleisenbahnen und das Modellbaugeschäft Dirk Schilg am Ostersbaum 74.

Zum Glück hätten sich die Hersteller mittlerweile auch daran gemacht, eine jüngere Zielgruppe anzusprechen, sagt Apitz. So habe die Digitalisierung Einzug gefunden in die Welt der Dampfloks und Weichen. Mitarbeiter Dax führt vor wie sich eine Lok über das Smartphone steuern lässt. Bis zu 30 Sonderfunktionen lassen sich per Touchscreen aktivieren.

So dampfen Züge auf Kommando oder spielen einprogrammierte Sounds ab. Etwa das Geschirrklappern im Speisewagen und sogar die Toilettenspülung. Ein spezielles Wuppertaler Modell hat auch eine Lokführer-Ansage mit bergischem Zungenschlag drauf. „So Jungens...“, heißt es da in der Anrede. Apitz sagt: „Theoretisch kann man da alles aufspielen. Auch ein Karnevalslied.“

Dass die Modellbahn-Leidenschaft ein teures Hobby sein kann, ist kein Geheimnis. Ein Starter-Kit wird von den Herstellern noch einigermaßen preiswert für 200 bis 500 Euro, je nach Maßstab und technischem System, angeboten. Doch danach sind der Sammlerlust nach oben keine Grenzen gesetzt.

Am Anfang stehen nur Züge, Schienen und Technik - keine Dekorationselemente, die traditionell von ganz anderen Herstellern angeboten werden. Wer sich etwa eine größere Landschaft von einer professionellen Firma anlegen lässt, kann dafür laut Apitz 3000 bis 4000 Euro bezahlen - pro Quadratmeter.

Im Keller von Karsten Apitz steht schon lange keine Modellbahn mehr. „Die Zeit fehlt“, sagt der Selbstständige. Doch wenn er in Rente geht, will er noch einmal so richtig loslegen und eine ganz besondere Modellbahn-Landschaft erstellen. Verheißungsvoll kündigt der Wuppertaler an: „Ich habe da schon einige Ideen, was ich machen möchte.“