Diskussion Evangelische Kirche prangert die Bedingungen in Textilfabriken an

Wuppertal · EKD und Vereinte Evangelische Mission starten Kampagne zu fairer Kleidung. Modenschau in der City-Kirche zeigt Alternativen zu Billigtextilien.

Sabine Ferenschild, Präses, Manfred Rekowski, Dina Septi Utami, Petra Bosse-Huber und Jochen Motte machten in der City-Kirche auf die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie aufmerksam.

Sabine Ferenschild, Präses, Manfred Rekowski, Dina Septi Utami, Petra Bosse-Huber und Jochen Motte machten in der City-Kirche auf die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie aufmerksam.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Eine Menschenrechtskampagne der evangelischen Kirche zu fairer und gerechter Kleindung in Wuppertal zu starten macht nicht zuletzt vor der industriegeschichtlichen Vergangenheit der Stadt Sinn. Man habe in Wuppertal ja „viel Erfahrung und Erinnerung“ an die Textilindustrie, sagte die Bischöfin Petra Bosse-Huber, Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am Dienstag bei der Eröffnung der Kampagne in der evangelischen City-Kirche. Zudem habe auch die Diskussion um die Eröffnung der Primark-Filiale am Döppersberg gezeigt, dass das Thema „Fair produzierte und gehandelte Textilien“ die Menschen bewege. Jeder Konsumentin und jedem Konsumenten müsse deshalb klar sein, dass sie oder er mit seiner Kaufentscheidung die Arbeitsbedingungen von Menschen in den Textilfabriken beeinflussen könne.

Die EKD und Vereinte Evangelische Mission (VEM), die in Wuppertal ihre Geschäftsstelle hat, haben deshalb jetzt ihre bundesweite Menschenrechtskampagne zu fairer und gerechter Kleidung gestartet. Das Datum war mit Bedacht gewählt, wurde am 10. Dezember doch der 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte begangen. Die „menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen“, unter denen Textilien im Ausland produziert würden, seien ein „dringendes und drängendes Thema“ für die Kirche, sagte Bosse-Huber, die von 2003 bis 2013 Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland war.

Mittlerweile werde 60 Prozent mehr Kleidung als noch vor 15 Jahren verkauft, betonte Bosse-Huber. Zugleich werde die Kleidung im Durchschnitt aber „nur noch halb so lang“ getragen. Pro Jahr würden weltweit 8,4 Millionen Tonnen Textilabfälle „auf Deponien“ entsorgt – dabei würden die Textilien teilweise unbenutzt auf den Müll wandern. Deshalb sei es wichtig, über das Thema aufzuklären und für Transparenz bei den Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Als Christ könne man die Bedingungen nicht aktzeptieren

In der City-Kirche gab es zum Auftakt der Kampagne eine Diskussion und eine Modenschau mit fairen Alternativen für Mode und Arbeitskleidung. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, betonte, dass sich der Bürger seiner Macht „als Konsument“ bewusst sein und beim Einkauf auf fair produzierte und gehandelte Textilien achten sollte. Wer sich als Christ der „Kultur der Barmherzigkeit“ verpflichtet fühle, der könne die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken nicht gutheißen.

Sabine Ferenschild vom Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene verwies darauf, dass es bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen um „glaubwürdige Schritte“ zur Anhebung des Mindestlohns in den Textilfabriken gehe, da dieser derzeit oft nicht ausreiche, eine Familie zu ernähren. Zudem sollten auch die Auftraggeber hierzulande gesetzlich dazu verpflichtet werden, für bestimmte Mindeststandards in der Produktion in den Zulieferbetrieben zu sorgen. Zugleich widersprach die Expertin der Vermutung, dass es die Probleme vor allem bei Aufträgen für Textildiscounter gebe. Das seien Bedingungen, die für die gesamt Branche gelten. Gleichwohl seien Boykott-Aufrufe gegen Textilien, die zum Beispiel aus Asien stammten, nicht sinnvoll, da sie vor allem die Arbeiterinnen und Arbeiter vor Ort träfen, die oft keine andere Arbeitsmöglichkeit hätten.

Einen aktuellen Einblick in die Arbeitsbedingungen von Textilarbeiterinnen – denn in der Regel sind es Frauen, die in den Fabriken arbeiten – gab die indonesische Aktivistin Dina Septi Utami. „Die Arbeitsbedingungen sind sehr schlecht“, sagte sie. Die Bezahlung sei nicht existenzsichernd, es fielen viele Überstunden an und es herrsche ein „extremer Produktionsdruck“. Auch verbale Beschimpfungen und sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz kämen immer wieder vor. Produziert werde für internationale Textilmarken, „die auf der gesamten Welt konsumiert werden“.