Kolumne Fokus Future: Hier und jetzt

Wuppertal · Einer wilden Blumenwiese gleich brachten am Wochenende Kunst- und Kulturaktionen unsere Stadt zum Blühen: im Zoo, in den Barmer Anlagen, im Freibad Mirke, auf einer Obstwiese und an so vielen weiteren Orten.

Uta Atzpodien vom Freien Netzwerk Kultur.

Foto: Ralf Silberkuhl

Eine meiner Blumen war ein Blick durch eine quadratische Öffnung auf Baumzweige vor blauem Himmel, quer durch eine wohnlich gestaltete Etage mit transparentem Boden. Hier saß der Performer Jascha Sommer und schnitt einen Apfel in Stücke, ließ einen Eimer zu mir hinunter mit erfrischend sauren Apfelstücken. ür eine halbe Stunde durfte ich am Samstag diesen Wohnkubus mit Wänden aus rotfarbenem Vorhang im Wandelgarten des Luisenviertels besuchen.

Ein tiefes Durchatmen schenkte mir dieser Besuch in der „Arche für die Gegenwart“, „No Future“, ein performativ anregendes Erlebnis, zu Gast in Wuppertal. Spitzfindig, ein Tête-à-tête auf zwei Etagen, zwischen Performer und Betrachterin, ganz ohne GGGs und doch coronakonform, mit seitlich offenen Wänden, transparenter Zwischendecke. Wie der Kunst so eigen, war das wohltuende und erhellende Geschenk das Innehalten, die Erfahrung im Moment. In der sich beschleunigenden, häufig digitalen Betriebsamkeit scheint dies häufig verloren zu gehen. 

Tagtäglich überfallen mich Schwindel und Traurigkeit, wenn ich verfolge, wie sich nah und fern die Klimakatastrophen und gesellschaftlichen Grenzsituationen aneinanderreihen, Bilanzen, Zahlen, Ereignisse, die schiere Unerreichbarkeit der Klimaziele, eine häufig wenig handlungsfähige Politik. Angst, Unsicherheit und fehlende Zuversicht machen sich breit.

Foto: WZ/Ritter, Andreas

Da sind noch mehr Blumen und Aufbruch gefragt: Letzten Samstag diskutierte das PhiloRadio auf WDR5 große Fragen, Solidarität, Hoffnung, konstruktive Lösungen, sprach mit Persönlichkeiten wie Mai Thi Nguyen-Kim, Richard David Precht, Maren Urner, zum Nachhören übrigens. Mich erquicken Perspektiven, die frisch, lebendig, konstruktiv auf konkretes Handeln und Weitergehen fokussiert sind, also wirklich auf das, was uns miteinander weiterbringt. Zurück zur Kunst.

Am Sonntag hat die partizipative Kunst- und Mitweltaktion „plan e: planet erde“ mitten auf dem Platz hinter dem Café Ada zu einem offenen Kunstatelier, der Bepflanzung eines Pilot-Hochbeetes und zu – von der Natur inspirierten – künstlerischen Aktionen eingeladen. Derzeit dürfen übrigens Stimmen beim Bürgerbudget für den Insel Kulturgarten abgegeben werden, damit hier 2022 ein Nachbarschaftsgarten entstehen darf. Worte von dem Didgeridoospieler Marvin Dillmann klingen noch nach. Nicht nur im berührenden Klangerlebnis, sondern auch in der Reflexion darüber wurde eines deutlich: Der Fokus ist wichtig, hier und jetzt. Über diese Aufmerksamkeit, über ein analoges, präsentes und gerne auch gemeinschaftliches Erleben von Kunst kann sich ganz viel verändern; so können wir einen Wandel, Kulturwandel erst erfahren, erleben, umsetzen.

„Another spirit“ nennt sich nun eine Kooperation von Tanzrauschen, arte und Wuppertal Institut, die von morgen, Donnerstag bis Samstag mit Kreativen und Wissenschaftlern im Insel e.V., Kino Rex-Theater und Pop-Up-Store an der Friedrich-Ebert-Straße „Wege zu einer nachhaltigen Praxis“ erkunden werden. Parallel dazu sind der Bildende Künstler Daniel Hoernemann und ich erneut in der „Zukunftsküche“ unterwegs, in den ehemaligen Gastronomieräumen am Wuppertal Institut. Unser Aufruf: Welche Ideen gibt es, um diesen Ort zusammen mit Nachhaltigkeitswissenschaft, Kunst und Stadtgesellschaft zu bespielen? Die Staffel für die nächste Kolumne reiche ich weiter an den Künstlerkollegen Hoernemann. Fokus Future: Ein Miteinander brauchen wir – hier und jetzt – für alles Zukünftige.