Verkehr Modellstädte sind kein Vorbild für Wuppertal
Fünf deutsche Städte sind als Modellstädte ausgewählt worden, um Maßnahmen zur Luftverbeserung auszuprobieren - von der Förderung des Nahverkehrs über Verkehrsregelung bis zum Ausbau der Radwege. Ihre Ideen kann Wuppertal aber nicht einfach übernehmen.
Fünf Städte dürfen mit Geld vom Bund ausprobieren, was bei der Luftverbesserung hilft. Essen und Bonn, Reutlingen, Mannheim und Herrenberg wollen den Nahverkehr ausbauen, mehr Menschen zu seiner Nutzung motivieren, den Radverkehr fördern und den Verkehrsfluss verbessern. 130 Millionen Euro stellt der Bund für die Städte bis 2020 zur Verfügung. Sind das auch gute Ideen für Wuppertal? Die Reaktionen auf diese Frage fallen unterschiedlich aus.
In Bonn und Reutlingen sollen die Bürger für einen Euro pro Tag Bus und Bahn nutzen können - das Jahresticket soll nur 365 Euro kosten. In Essen soll es billigere Tagestickes geben. Die Ruhgebietsstadt will zudem den Takt erhöhen: An den Haltestellen sollen Busse und Bahnen alle fünf Minten statt alle zehn Minuten halten. Und Reutlingen plant, zehn neue Buslinien und 100 neue Haltestellen einzurichten.
Mit diesen Maßnahmen solle der Nahverkehr attraktiver werden, sollen mehr Menschen zum Umsteigen auf Bus und Bahn motiviert werden. Holger Stephan, Sprecher der Wuppertaler Stadtwerke reagiert zurückhaltend: „Das sind alles interessante Maßnahmen. Aber sie stehen unter einem Finanzierungsvorbehalt. Die Frage ist, wie es langfristig weitergeht.“ Er erinnert daran, dass Nahverkehr grundsätzlich defizitär sei und die Verkehrsunternehmen selbst keine weiteren Kosten tragen könnten.
Sabine Tkatzik, Sprecherin des Verkehrsverbunds Rhein Ruhr (VRR), sagt, dass die Modellstädte diese Versuche im Nahverkehr durchführen, um sie auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Erst danach sei eine Bewertung möglich. Einen eigenen Versuch hat der VRR mit einer Handy-App unternommen, der noch bis Ende dieses Monats läuft. Versuchtsteilnehmer mit freigegebener Ortungsfunktion am Handy konnten in Bus und Bahn ein- und aussteigen, der Fahrpreis wurde automatisch berechnet. So etwas will auch die Modellstadt Mannheim einführen. Welche Erkenntnisse der VRR aus seinem Versuch zieht, wird erst im nächsten Jahr feststehen.
Intelligente Ampeln sollen Staus an sensiblen Punkten verhindern
Andere Maßnahmen wie eine intelligente Ampelschaltung, wie sie die Modellstadt Herrenberg plant, sind auch in Wuppertal im Gespräch. So soll der Verkehr mit Ampeln so geleitet werden, dass der Verkehr sich nicht an ungünstigen Stellen staut, an denen auch die Luft zu wenig bewegt wird und damit die Schadstoffe sich sammeln. Das ist unter anderem im „Green City Plan“ vorgesehen, an dem die Stadt gerade arbeitet. Darin sind Ideen der Stadt zur Luftverbessrung enthalten, für die sie Fördergelder beantragt (die WZ berichtete). Dazu gehört unter anderem auch der geplante Einsatz von Bussen, die mit Wasserstoff betrieben werden.
Marcel Hafke, Landtagsabgeordneter der FDP, wünscht sich mehr Einsatz digitaler Technik für die Lenkung des Verkehrs. Wuppertal sei ja digitale Modellstadt und sollte die Technik auch für einen besseren Verkehrsfluss einsetzen. Er vermisst dafür allerdings ein Konzept.
Anja Liebert von den Grünen ist der Green City Plan noch zu akademisch, die Vorschläge sind zu langfristig: „Es fehlen Maßnahmen, die man schnell umsetzen kann.“ Sie nennt als Beispiel die Öffnung der Busspuren für Radfahrer. Sie freut sich, dass Wuppertal bei der Aktion Stadtradeln mitmacht, wünscht sich aber, dass die Stadt mehr Werbung dafür macht.
Liebert fodert auch mehr Engagement für ein Umlenkung der Lieferdienste, wie es die Modellstadt Mannheim plant. Auch in Wuppertal ist diksutiert worden, angelieferte Waren an einem Umschlagplatz zusammenzuführen, dort zum Beispiel in Elektrofahrzeuge umzuladen. Auf diese Weise sollen nicht mehrere Lieferdienste in eine Straße fahren. Auf dem Gewerbegebeit Clausen oder an der Schwesterstraße sei Platz dafür. Aber dafür müsste der Handel, müssten IHK und Handelsverband die Werbetrommel rühren. Zum Thema 365-Euro-Ticket verweist sie auf Initiativen zum Bürgerticket. Forschungsarbeiten hätten gezeigt, dass das möglich ist. Auch über Parktickets sei eine Steuerung möglich ist: Dass derzeit ein Parkticket in der Innenstadt preiswerter als ein Busticket ist, sei kein Anreiz, das Auto stehen zu lassen.
Zur Verbesserung des Radverkehrs - wichtiges Vorhaben in der Modellstadt Essen - sagt Christoph Grothe von der IG Fahrradstadt, dass Wuppertal in Ansätzen bereits gute Arbeit leiste. Damit meint er die Einrichtung von Fahrradstreifen, wenn die Straßen erneuert werden. Das so entstandene Stückwerk müsse aber zu einen guten Netz zusammengeführt werden.