Gesundheit Corona: Jugendliche leiden unter Distanz

Wuppertal · Vermehrte Anfragen bei Psychotherapeuten.

Foto: dpa/Caroline Seidel

Kontakte mit Gleichaltrigen sind für Jugendliche besonders wichtig – und in Coronazeiten schwierig. Ebenso ist die Ablösung von den Eltern erschwert, wenn Familien durch die Corona-Maßnahmen ständig zusammen sind. Für Jugendliche ist der Lockdown daher nicht einfach, wer schon vorher belastet war, ist besonders gefährdet. Deshalb versuchen Hilfseinrichtungen und Jugendamt, den Kontakt zu halten.

„Wir lassen die Jugendlichen – so gut es geht – nicht allein“, versichert Jugendamtsleiterin Christine Roddewig-Oudnia. Jugendzentren und Einrichtungen der Offenen Tür organisierten Online-Veranstaltungen wie Kochen und Basteln per Videokonferenz, Mitarbeiter suchten telefonisch Kontakt zu den bisherigen Besuchern.

Der Bezirkssozialdienst und die Jugendhilfedienste hielten ebenfalls weiter Kontakt zu Familien und Jugendlichen. Sozialarbeiter, die sonst eine bestimmte Stundenzahl in belasteten Familien verbringen, organisierten jetzt Treffen im Freien, um mit Eltern über Erziehungsprobleme zu sprechen oder bei Konflikten zu moderieren. Beratungsstellen böten Kontakt per Telefon oder Video an - „damit Kinder nicht das Gefühl haben, wenn es mir schlecht geht, kann ich mich nirgendwohin wenden“, erklärt Christine Roddewig-Oudnia.

Sie weiß, dass Jugendlichen das gemeinsame Feiern fehlt, die Treffen mit anderen Jugendlichen. „Die Öde und Langeweile kann auch in eine depressive Verstimmung führen“, erklärt sie. Junge Menschen machten sich zudem auch Sorgen, um ihre Gesundheit oder die von Familienmitgliedern und um ihre Zukunft. Wer Hilfe brauche, könne sich weiter an den Bezirkssozialdienst und die Erziehungsberatungsstelle wenden.

Dass junge Leute von der Corona-Pandemie belastet sind, weiß auch Ina zur Rocklage, Vertreterin der Psychotherapeuten bei der Kassenärztlichen Vereinigung Wuppertal. Sie zitiert eine bundesweite Umfrage der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung. Danach berichteten Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, dass sie im Januar 2021 60 Prozent mehr Anfragen hatten als im Januar 2020. Und laut einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf sind durch Corona ein Drittel aller Kinder psychisch auffällig, zuvor war es ein Fünftel.

Ina zur Rocklage verweist auch auf die hohe Belastung, die der Lockdown für manche Familien bedeute. Wenn die Eltern gestresst seien, litten auch die Kinder und Jugendlichen in der Familie. Erwachsenen wie jungen Menschen könnten durch den Lockdown Ressourcen fehlen: „Wer mit einer schwierige Situation bisher zurechtkam, weil er sich regelmäßig mit einer guten Freundin ausgetauscht hat oder zum Sport ging, dem fehlt jetzt etwas. Dadurch kann sich die Situation verschlechtern.“

34 niedergelassene Kinder- und Jugendpsychotherapeuten arbeiten in Wuppertal. Eine jugendpsychiatrische Praxis gibt es in der Stadt. Zur stationären Behandlung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher hält das Sana-Klinikum in Remscheid 30 Plätze vor. Die Tagesklinik der Klinik hat zehn Plätze in Remscheid und 20 in der Wuppertaler Weststraße. Eine Ambulanz befindet sich in Remscheid und eine an der Weststraße. Das Heilpädagogisch-psychotherapeutische Zentrum in Wülfrath hat 60 stationäre Plätze sowie eine Tagesklinik, eine Ambulanz und Gruppenangebote.