Gericht spricht Urteil Wuppertaler Kampfsport-Trainer soll Kinder an Ohren gezogen und mit Reitgerte geschlagen haben

Wuppertal · Das Wuppertal Amtsgericht hat einen Kampfsport-Trainer verurteilt, der einen Jungen an den Ohren gezogen und Mädchen mit einer Reitgerte auf den Hintern geschlagen haben soll.

Das Ohr des Kindes soll immer noch „hängen“. (Symbolbild)

Foto: picture alliance / Ralf Hirschbe/Ralf Hirschberger

Ein brutaler Kampfsporttrainer, der bei Übungen körperliche Gewalt anwendet, oder ein kompetenter Sportler, der in einer Ausnahmesituation einmal etwas fest zugepackt hat? Diese Frage stellte sich jetzt vor dem Amtsgericht. Angeklagt war Helmut K. wegen zwei Vorfällen aus dem Jahr 2016: Am 9. April soll er einen damals Neunjährigen so heftig am Ohr gezogen haben, dass dieser bleibende Schäden davontrug. Außerdem soll er 2016 zwei Mädchen mit einer Reitgerte auf die Hände und das Gesäß geschlagen haben.

Ein halbes Dutzend Zuschauer verfolgte den Prozess; zu Beginn hatten sie gegenüber der Richterin angedeutet, dass sie noch mehr ähnliche Vorfälle nennen könnten.

Der Trainer wirkte ruhig. Gelassen schilderte er seine Sicht: An diesem Tag hätten die Kinder Trinkpause machen sollen. Julius und seine Partnerin Lena hätten stattdessen weiter gekämpft. Als die technisch bessere Lena Julius besiegt hatte, sei dieser „emotional ein bisschen hochgefahren“ und habe sich auf das kleinere Mädchen fallen gelassen. K. habe das Gefühl gehabt, Lena helfen zu müssen. „Ich habe erst versucht, Julius am Anzug hochzuziehen – aber die waren ja umklammert“, erzählt der Trainer. „Ich war sehr verzweifelt.“ Deshalb habe er Julius am Ohr gepackt und hochgezogen. „Ich habe das als Hebel eingesetzt, den Schmerzimpuls, um Lena zu schützen.“ Es habe eine akute, unmittelbare Gefahr bestanden, die klar außerhalb einer normalen sportlichen Kampfsituation gewesen sei. Mehrfach habe er vorher mit den entsprechenden Befehlen vergeblich versucht, die beiden zu stoppen.

„Das Ohr hängt jetzt noch“, sagt das Opfer

Sein Opfer schilderte die Situation anders: Lena sei am Ende der Übung hingefallen. Dann sei der Trainer gekommen, habe ihn am Ohr hochgezogen und „auf die Bank getan“. „Das Ohr hängt jetzt noch“, sagte Julius und zeigte Vorher-Nachher-Fotos zum Beweis. Eine Woche lang habe es damals geschmerzt. Und „verknäult“ mit Lena – wie es K. dargestellt hatte – sei er nicht gewesen. Zwei Zeuginnen bestätigten seine Sichtweise: Lena sei gestolpert, habe sich dabei wohl weh getan und deshalb geweint. Der Trainer habe währenddessen mit dem Rücken zum Geschehen an der Seite gestanden. Als er Lena weinen hörte, sei er zur Matte gelaufen, habe Julius angeschrien und am Ohr zur Bank gezerrt. Verknotet seien die beiden Kinder nicht gewesen. Julius habe anschließend lange geweint und sei nicht ansprechbar gewesen.

Für die Reitgerte fand K. wortreich eine Erklärung: „Im Ninjutsu ist es nicht üblich, dass ein Meister seine Schüler anfasst.“ Deshalb habe der Trainer einen Hanbo bei sich, einen schwarz gefärbten Bambusstock, mit dem er auf Körperteile tippt, deren Haltung verbessert werden solle. Diese Methode verwende auch er.

Doch auch hier widersprachen die beiden Zeuginnen: Einen solchen Bambusstock hätten sie nie bei K. gesehen. Stattdessen habe er in seltenen Fällen eine alte Reitpeitsche benutzt. Als Strafe für falsche Handhaltung müssten die Schüler ihre Hände nach vorne strecken und bekämen dann einen leichten Schlag mit der Peitsche. Dieser hätte nur kurz weh getan und die Rötung sei nach einer halben Stunde wieder weg gewesen.

Die Richterin verurteilte K. wegen vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung in minder schweren Fällen zu fünf Monaten Haftstrafe auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.