Kommunalwahl Leonard Sieg wirbt mit dem Tandem für eine gerechtere Welt

Wuppertal · Der einzige Kandidat der V-Partei tritt im Wahlbezirk Hombüchel am Ölberg an.

Leonard Sieg wirbt mit seinem Rad für ein Umdenken beim Thema Ernährung.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Auf den Wahllisten für den Rat gibt es eine Partei, die nur einmal vorkommt: die Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer, kurz „V-Partei3“. Dafür tritt Leonard Sieg (54) an, Fotograf und Veganer. Er möchte möglichst viele Stimmen aus dem Wahlbezirk Hombüchel am Ölberg bekommen und für eine Lebensweise mit möglichst wenig tierischen Produkten werben.

Das tut er mit einem grünen Tandem-Fahrrad, geschmückt mit einer Regenbogen-Fahne und einem Plakat mit dem Partei-Slogan „Wir lieben das Leben“. „Das funktioniert“, sagt er. Immer sammelten sich Menschen um ihn herum und stellten Fragen. Und er erklärt gern, was ihn umtreibt: Dass das vegane Leben kein Verzicht bedeutet, sondern Bereicherung. „Wenn jemand fragt: ,Was kann ein Veganer denn noch essen?’, lache ich mich kaputt“, sagt er. „Mir hat sich eine durch die vegane Ernährung eine Gourmet-Welt erschlossen, die fantastisch ist.“

Er ist vor elf Jahren Vegetarier geworden. „Anstoß war eine Plakat-Aktion der Tierschutzorganisation Peta“, berichtet er. „Darauf stand so etwas wie ,iss nichts, was einen Namen hat’ und es zeigte viele Tierköpfe. Da bin ich schon ins Nachdenken geraten.“ Er wurde Vegetarier und das klappte gut. Und bald wurde ihm klar: „Wenn man konsequent sein will, sollte man vegan leben.“ Seitdem verzichtet er auch auf Eier und Milch, achtet darauf, dass Wein und Saft nicht mit Gelatine geklärt sind oder Wandfarbe nicht mit Eiweiß versetzt ist.

Er vermisst nichts und ist sich sicher: „Ich werde nie zurück gehen.“ Und findet, viel spreche dafür, dass mehr Menschen auf tierische Produkte verzichten – „das sollte normal werden“: Dann brauche es keine Massentierhaltung mehr, keine Futtererzeugung für die Massentierhaltung – für die etwa Regenwald abgeholzt werde. Ohne Massentierhaltung gebe es weniger Antibiotika-Resistenzen, das Grundwasser werde nicht mit Gülle belastet. Veränderung könne man nicht erzwingen, sagt er. Aber allmählich das Denken verändern. Er freut sich zum Beispiel, dass seine Segelgruppe auch ihn kochen lässt – unter anderem, weil es gut schmeckt.

In ihm wuchs mit der Zeit der Wunsch, auch politisch aktiv zu werden und zwar gemeinsam mit seiner ebenfalls vegan lebenden Partnerin, für die er vor zwei Jahren nach Wuppertal zog. Sie stießen im Internet auf die Partei, fanden bei einem Besuch die Mitglieder sympathisch und schlossen sich an.

Die Partei hat sich 2016 gegründet, hat nach Angaben von Leonard Sieg in NRW rund 250 Mitglieder, in Wuppertal sechs. Sie stellt Verbindungen her zwischen Ernährung, Konsum, Tierschutz sowie Umwelt- und Klimaschutz. Ziele sind unter anderem der Ausstieg aus der Tierprodukt-Industrie, Umstellung auf biovegane Landwirtschaft, Abschaffung von Tierversuchen, gerechte Nahrungsverteilung und umweltverträglicher Handel. Leonard Sieg zählt zudem auf: bedingungsloses Grundeinkommen, kostenlose Nutzung des ÖPNV, Förderung von Angeboten wie Bücherschränken. Auch bezahlbarer Wohnraum und Bildung ist ihm wichtig. „Wir möchten, dass die Welt ein bisschen gerechter wird – für Menschen und Tiere.“

In der Politik müsse man bei der Kommunalpolitik anfangen. Daher habe er sich aufstellen lassen. Für eine Kandidatur zum Oberbürgermeister bekam er nicht genug Untersützer-Unterschriften, aber für die Ratskandidatur reichte es. Der Wahlbezirk Hombüchel sei natürlich prädestiniert für seine Kandidatur, auch wenn er im Zooviertel wohnt. Aber der Ölberg gefällt ihm sehr. Anfangs hat er ihn mit der Kamera entdeckt. „Es ist ein Dorf in der Stadt.“

Er ist aber realistisch: „Ich glaube nicht, dass ich gewinne. Aber man kann einen Achtungserfolg haben.“ Deshalb will er weiter bis zur Wahl jeweils samstags mit seinem Tandem am Ölberg unterwegs sein.