Werbung Netflix-Plakat soll Geld für Sanierung bringen

Wuppertal · An der Kirche am Kolk, deren Turmfassade erneuert wird, wirbt ein Poster für die Serie „Messiah“.

     Die Plakate werben für die Netflix-Serie Messiah.

Die Plakate werben für die Netflix-Serie Messiah.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Was wäre, wenn… Jesus heute auf die Welt käme? Dieses Gedankenspiel greift die Fernsehserie „Messiah“ des Streamingdienstes Netflix auf. Werbung dafür hängt jetzt an der Kirche am Kolk: Seit einigen Tagen prangen zwei große Plakate zur Serie am Gerüst um den Turm. Die Miete dafür soll helfen, dessen Sanierung zu finanzieren. Sie könnte im März beginnen.

„Wir stehen schon seit längerem in Kontakt zu Plakat-Agenturen“, berichtet Pfarrer Andreas Bollengraben. „Denn das Gerüst kostet.“ Die Gemeinde will den Turm sanieren, da sein Mauerwerk starke Schäden aufweist. Das kostet viel Geld, aber alle sind sich einig, dass die stadtbildprägende Kirche erhalten werden soll. „Die alte lutherische Kirche Am Kolk gehört zur ältesten Bebauung Elberfelds und ist neben ihrer Bedeutung für die Kirchengeschichte ein wichtiges Zeugnis für die Baukunst“, hat zum Beispiel Jochen Braun, Leiter des Ressorts Bauen und Wohnen der Stadtverwaltung, schon früher betont.

Zur Untersuchung der Schäden gab es Probebohrungen und Tests. Dann erstellte die Gemeinde ein Konzept für die Mammutaufgabe.

Und dann ging es ans Geldsammeln. Es gibt viele Spenden, bei Konzerten wird gesammelt, die Stadt hilft, es gibt Geld von Bund und Land, doch das Stellen der Anträge für Fördergelder ist kompliziert. „Es sind mindestens sechs Behörden beteiligt“, seufzt Pfarrer Bollengraben. Er hofft, dass die Arbeiten im März beginnen können.

 Über die nächtliche Beleuchtung hat Pfarrer Bollengraben schon lobende Worte gehört.

Über die nächtliche Beleuchtung hat Pfarrer Bollengraben schon lobende Worte gehört.

Foto: Andreas Boller

Während der ganzen Zeit ist der Turm eingerüstet, denn es war günstiger, das Gerüst stehen zu lassen, als es für die verschiedenen Arbeitsschritte auf- und abzubauen. Doch auch dafür ist Miete fällig. Und deshalb will die Gemeinde jetzt mit dem Vermieten als Plakatwand die Kasse aufbessern.

Immer wieder hätten die Agenturen abgewunken. „Die Morianstraße schien ihnen nicht interessant genug“, berichtet Bollengraben. Es werde sehr genau berechnet, wie viele und welche Menschen sich auf der Straße bewegen, wie lange sie nach oben sehen und ob es sich daher lohnt, dort ein Plakat aufzuhängen. Jetzt endlich habe sich eine Agentur mit dem Vorschlag für die Netflix-Serie gemeldet – das passe doch für eine Kirche. Und die Gemeinde befand nach Sichtung des Trailers und weiterer Informationen: „Das kann man mal machen.“

Die beiden Plakate – eines Richtung Platz am Kolk, eines Richtung Schöne Gasse – weisen auf den Start der Serie am 1. Januar hin, sollen zwei Wochen hängen. 1500 Euro verdient die Gemeinde damit pro Woche. „Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, stellt der Pfarrer mit Bedauern fest. Sie hätten lieber eine Plakat, das länger hängt. Mit etwas Neid schaut er auf Kirchen in anderen Städten, die mit solchen Vermietungen mehr Geld einnehmen konnten. „Aber wir sind über jeden Euro froh.“

Andere Kirchen sind schon ähnlich vorgegangen. So zierte das Münster in Bonn ein großes Plakat des Discounters Aldi, der mit dem Bild eines üppig gefüllten Tellers „Bonn Appetit“ und „köstliche Weihnachten“ wünschte. Das gefiel so manchem nicht. Aber das Erzbistum Köln sowie Pfarrer und Stadtdechant Wolfgang Picken erklärten: „Wir brauchen die Werbeeinnahmen, um die Sanierung finanzieren und die Pastoral am Münster aufrecht erhalten zu können. Solange die Werbemotive wie vereinbart mit unseren Richtlinien übereinstimmen, ist das eine vertretbare Abwägung.“

Und den sechseckigen Turm der berühmten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin durfte das chinesische Unternehmen Huawei einhüllen, um für Handys zu werben – ebenfalls, um Geld für die Sanierung des Glockenturms einzunehmen.

Pfarrer Bollengraben hat bisher noch keine Kritik gehört. Sondern sogar positive Kommentare, insbesondere zu der Beleuchtung nachts: „Das macht was her“, habe es zum Beispiel geheißen.