Wuppertal Wuppertal-Touristin: Von Schmuddelecken zum Schmuckviertel

Besucherin Eveline Dohmann erkundet die City. Als deplatziert empfindet sie den Primark-Bau und die Trinkerszene.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Verblüfft schaut Eveline Dohmann auf die acht Spuren der B7. „Die war für drei Jahre gesperrt? Das ist ja grauenvoll“, sagt die Touristin. Zwar ist sie heute das allererste Mal in Wuppertal, doch eines ist ihr klar: Das ist eine der Hauptverkehrsadern in die Innenstadt, die da abgeklemmt wurde. „Wie wurden denn all die Autos umgeleitet?“, fragt sie sich.

Foto: neuk

Die 48-Jährige erkundet heute mit der WZ die Wuppertaler Innenstadt. Nachdem eine Wanderung über die Nordbahntrasse und eine Fahrt mit der Schwebebahn bereits ihr Interesse an der Stadt geweckt hatten, will sie jetzt wissen: Wie sieht Wuppertals Zentrum aus?

Dohmann blickt schnell auf Baustellenzäune und sieht eine Stadt im Wandel. Es dauert einen Moment, bis sie die Ausmaße der Umbauarbeiten am Döppersberg erfassst hat. „Das ist ja der Hammer“, sagt sie. Ihr fällt positiv auf, dass sich in Wuppertal offenbar so richtig etwas tut. „Ich hätte gerne einmal zum Vergleich gesehen, wie’s früher aussah“, sagt sie.

Neugierig zeigt Dohmann auf den Kupferkoloss, in den einmal Primark einziehen will. „Das Gebäude kommt mir irgendwie bekannt vor“, sagt sie. Sie denkt jedoch nicht an T-Shirts von der Stange, sondern eher an ein Museum oder Konzerthaus. Als sie hört, dass an dieser Stelle bald Kult statt Kultur regiert, rümpft sie die Nase. Primark sei nicht so ihr Ding. Dann blickt sie noch einmal kritisch auf das große Ganze. „Das Gebäude sieht ja interessant aus, aber es passt einfach nicht hier hin“, urteilt die Krefelderin. „Gerade mit Blick auf den schönen Bahnhof.“

Wo das Thema aufkommt: Eveline Dohmann fragt sich, wie die Leute nun zum Hauptbahnhof kommen. Und warum hier kaum jemand zu sehen ist, der zur Bahn eilt. Die Antwort will sie kaum glauben. „Sechs Wochen keine Bahn?! Unglaublich. Das muss ja ein Verkehrschaos ohne Ende gewesen sein“, sagt Dohmann.

Genug Baustelle — die Touristin möchte mehr vom Wuppertal sehen, das schon fertig ist. Der Weg von der Behelfsbrücke führt aber erst einmal durch eine Duftwolke aus Alkohol und Urin. Eveline Dohmann kennt die Situation aus ihrer Heimatstadt. In Krefeld trifft sich die Trinker- und Drogenszene am Theaterplatz, ebenfalls prominent in der Innenstadt gelegen. „Das macht einfach einen schlechten Eindruck, wenn so etwas das erste ist, das man von der Stadt sieht“, sagt Dohmann.

Auf dem Weg zu den City-Arkaden schweift ihr skeptischer Blick über die diversen Billig-Läden, die sich hier aneinander reihen. Dann steht sie vor dem Einkaufszentrum und ist schon ein wenig von Größe und Lage überrascht. „Ist so etwas nicht häufiger etwas außerhalb? Das macht doch den Handel in der Innenstadt kaputt, oder?“, fragt sie.

Weiter geht’s am Von-der-Heydt-Museum vorbei — das zwar erst Dohmanns Interesse weckt, gerade jedoch von mehreren wildgewordenen Schulklassen belagert wird — und die Herzogstraße entlang. „Ich finde schön, dass es hier so viel Außengastronomie gibt“, lobt die Auswärtige. Das gebe es in Krefeld in diesem Ausmaß nicht. Nachdem Dohmann den Anzugträger an der Kasinokreuzung angelächelt hat, erspäht sie ein paar Minuten später die Laurentiuskirche. Kirchen besichtigt sie bei ihren Städtetrips eigentlich immer gerne. Doch schnell stellt sich etwas Ernüchterung ein: „Die ist mir jetzt irgendwie nicht verschnörkelt genug.“ Trotzdem genießt sie ein paar Minuten die Ruhe des Sakralbaus, bevor sie wieder in den Lärm der Stadt eintaucht.

Doch den hektischen Teil der City hat sie hinter sich gelassen: Die Fassaden werden immer schöner, die Läden und Kneipen immer interessanter. Hallo, Luisenviertel. So ein Schmuckstück hätte sie von Wuppertal offenbar nicht erwartet. Jetzt kann sich Dohmann gar nicht mehr satt sehen — an Sophienkirche, Herder-Schule, Deweerth’schen Garten. Doch Staunen macht auch hungrig. Gut, dass die Krefelderin am perfekten Ort für ein Mittagessen angelangt ist. Sie sucht sich einen Außenplatz im Katzengold und lässt sich einen Salat schmecken. Das Viertel hat es der Besucherin besonders angetan. So, dass sie sich zu einem Geständnis hinreißen lässt: „Also, hier könnte ich mir auch vorstellen zu wohnen.“