Wohnungsbau „Der einzigartige Charakter der Siedlung wird zerstört“

Vohwinkel · Nachbarn kritisieren das EBV-Bauprojekt an der Tesche. Sie befürchten Einbuße der Wohnqualität.

So soll das Plangebiet einmal aussehen.

Foto: EBV

Neu ist das Vorhaben nicht. Bereits vor zwei Jahren hatte die Eisenbahn-Bauverein Wohnungsbaugenossenschaft (EBV) mit Sitz in Vohwinkel ihre Pläne für eine umfassende Wohnsanierung an der Tesche bekanntgegeben – inklusive Abriss mehrerer Gebäude. Jetzt gibt es allerdings einige Änderungen.

Während an der Nathrather Straße die Häuser 41, 43 und 45 wie geplant 2020 weichen müssen, sollen die Häuser an der Memeler Straße 48, 50, 52, 54 und 56 anders als vorgesehen erhalten bleiben und saniert werden.

Außerdem wird es voraussichtlich 2023 einen zweiten Bauabschnitt geben, in dem die Häuser an der Nathrather Straße 31, 33, 35, 37 und 39 ebenfalls abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden.

Die EBV begründet die umfassende Maßnahme unter anderem mit einem großen Bedarf an barrierefreiem und altersgerechtem Wohnraum. Doch die Pläne kommen nicht überall gut an. Bei ihrer Vorstellung in der Bezirksvertretung äußerten Anwohner der angrenzenden Häuser deutliche Kritik.

„Der homogene bauliche und einzigartige Charakter der Siedlung aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wird durch die Neubebauung grundlegend zerstört“, findet Nicole Kleinert. Sie ist Mitinitiatorin einer Interessengemeinschaft mit rund 30 Nachbarn. Diese befürchten „massive Einschnitte“ in Wohn- und Lebensqualität im Quartier. „Durch die Breite und Höhe der einzelnen Baukörper sehen wir eine enorme Beeinträchtigung in Form einer nicht hinnehmbaren Verschattung unserer Grundstücke auf uns zukommen“, so Kleinert.

Bewohner haben Angst
vor einer Mietsteigerung

Ihre Mitstreiterin Luise Schreiber befürchtet zudem eine „Geruchsbelästigung durch die Entlüftung der vorgesehenen Tiefgarage“. Rebecca Tiefert wohnt im Haus Nathrather Straße 31 und hat bei einer Mieterversammlung am 7. März vom geplanten Abriss des Hauses erfahren: „Wir sind immer noch völlig geschockt.“

Sie wohnt mit ihrer dreiköpfigen Familie relativ günstig auf 85 Quadratmetern und befürchtet, dass sie sich die Wohnung nach der Sanierung nicht mehr leisten kann. Ob es tatsächlich eine Kostensteigerung geben wird, ist nach Aussage der EBV-Vorstandsvorsitzenden Anette Gericke aber noch völlig ungeklärt. „Wir sind ganz am Anfang des Verfahrens“, erklärt sie.

Gericke verweist auf den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, für den gerade in der Bezirksvertretung der Aufstellungsbeschluss gefasst wurde. „Das ist ein transparentes Verfahren, in dessen Verlauf alle wichtigen Punkte genau geprüft werden“, betont sie.

Sie habe durchaus Verständnis für die Sorgen der Bewohner. „Wir werden allen betroffenen Mietern eine individuelle Lösung anbieten“, verspricht sie. So soll der zweite Bauabschnitt nicht beginnen, bevor die Häuser des ersten Bauabschnitts fertig sind, um einen direkten Umzug zu ermöglichen. „Falls die Mieter das nicht wollen, bieten wir auch Wohnraum in unseren Bestandsimmobilien an“, so Gericke.

Die Bezirksvertreter fassten den Aufstellungsbeschluss einstimmig. „Das ist der erste Schritt im Verfahren, in dem es auf die strittigen Fragen natürlich eine Antwort geben muss“, erklärt Bezirksbürgermeister Heiner Fragemann. (SPD). Ähnlich sieht es Steffen Hombrecher von der CDU Fraktion. „Grundsätzlich begrüßen wir aber, dass ein seriöser Vermieter viel Geld für die Sanierung von Wohnraum in Vohwinkel in die Hand nimmt“, sagt er.