Wuppertal vor 50 Jahren: Fleißige Menschen gesucht
Der General-Anzeiger von 1962 als Spiegel der Stadt. Die Menschen kauften noch bei Hertie oder Klischan ein — und Luhns sowie Wicküler suchten einsatzfähige Mitarbeiter.
Wuppertal. Im Opernhaus laufen „Othello“ und „Boccaccio“, im Schauspielhaus „Der Snob“ und „Maria Stuart“, in der Stadthalle gastiert Rudolf Schock. Bei den Recherchen zur historischen Serie „125 Jahre General Anzeiger“ kommen auch Ausgaben aus dem Jahr 1962 auf den Tisch. Vor 50 Jahren schreibt die Redaktion über die Berlin-Krise und die Drohung des US-Verteidigungsministers, zur Verteidigung westlicher Interessen jede Art von Waffen einzusetzen.
Sepp Herberger sucht einen neuen Sturm und verzichtet auf den Einsatz der Italien-Legionäre. Im Kino-Teil wird der Film „Der Mann, der Liberty Valance erschoß“ hoch gelobt. In Wuppertal geht es um den Strukturwandel und den Umstand, dass ein Viertel der Wuppertaler in Baublöcken mit mehr als 500 Einwohnern lebt.
Einen besonderen Blick auf das Leben in der Stadt erlauben zudem die zahlreichen Anzeigen: Dort lernen wir, dass es den Ford Taunus 17 M, „ein 1,5-Liter, der nur 7,9 Liter verbraucht“, wahlweise mit Trommel- oder Scheibenbremse gibt. Aufpreis für die Scheibenbremse: 150 DM, bei einem Gesamtpreis (zweitürig) von 6845 DM.
Jung am Wall wirbt für Fernsehgeräte der Marken Kuba zu Preisen zwischen 748 und 1298 Mark. Das Grundig-Tonbandgerät (Doppelspur, 15-cm-Spule) kostet 259 Mark. Fritzsche präsentiert die junge Linie, eine elegant-schlanke Kleider-Silhouette mit dem Attributen „Jung! Anmutig! Weiblich!“
Und vom Modell gibt es eine Zeichnung, kein Foto. Schuh-Selbstbedienung wird als Sensation angepriesen — und zwar im Schuhhaus Adria an der Gathe. Die Dauerwelle gibt es für 7,90 Mark im Tchibo-Haus Kipdorf und ein Inserent möchte sein gutes Mietshaus mit Garten, stadtnah, gegen ein Einfamilienhaus am Stadtrand tauschen. Zum Bowling gehen die Menschen offenbar an der Alten Freiheit/Ecke Hofaue, Kipdorf — und zur Arbeit unter anderem zu Glanzstoff, Herberts, Dr. Schmitz + Apelt sowie Elba.
An der Friedrich-Ebert-Straße gibt es noch ein Haus der Pelze, an der Hochstraße ein weiteres, am Turmhof sind Pelze bei Marschall zu haben. Und es gibt eine Einladung zur Vorführung einer Demonstrationsplatte Beethoven/Karajan. Von wem? Karl vom Kothen mit Standorten an der Schuchardstraße und der Schwanenstraße. Dazu der Satz, den viele Wuppertaler noch im Ohr haben: „Karl vom Kothen hat jede Schallplatte.“
Der Wiener Wald verkauft seine Hendl noch an der Gathe. Hertie lädt zur Beratung mit Frau Roscher in die Strumpfabteilung, Koch am Wall zur Vorführung selbstgeknüpfter Teppiche in die Handarbeitsabteilung im 2. Stock sowie zur Corset-Beratung mit Frau Henners in den 1. Stock und Hertie am Neumarkt in die Spezial-Bettenabteilung.
Möbel? Die gibt es unter anderem bei Petry an der Morianstraße, bei Diller am Werth, mit Versprechen von „Behaglichkeit auf Lebenszeit“ an der Brausenwerther Straße, mit Raumkunst-Faktor bei Becher an der Herzogstraße, in besonderer Größe bei Brechtmann am Hofkamp und sowieso bei Pasche. Hüte, Mützen und Schirme, sind in einem — ein Foto beweist es — sauberen Fußgängertunnel Döppersberg zu kaufen.
Der Arbeitsmarkt brummt: Luhns sucht einen Laboranten, Quante Werkzeugmacher und -schleifer, Jung am Wall Rundfunktechniker und einen Dekorateur. Wicküler sucht „fleißige und gesunde Mitarbeiter“, Erfurt wirbt um Arbeitskräfte auch mit dem Hinweis auf Fahrgelderstattung und „Essen aus eigener Werksküche“. Vorwerk & Sohn braucht „voll einsatzfähige Arbeitskräfte“, Klischan Gardinen-Näherinnen und der Bedarf nach Bandweber-Lehrlingen ist hoch.