Kritik am Informationsverhalten des Gerichts Weiterer Zeuge berichtet im Prozess um Schumacher-Erpressung in Wuppertal

Wuppertal · Im Prozess um die versuchte Erpressung der Familie von Ex-Rennfahrer Michael Schumacher hörte das Amtsgericht in Wuppertal drei Zeugen aus der Sicherheitsbranche. Einer belastete den Hauptangeklagten, einer entlastete den dritten Angeklagten.

Der Prozess – hier die Angeklagten, ihre Verteidiger, eine Schöffin und die Richterin am ersten Verhandlungstag – könnte am 22. Januar zu Ende gehen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Im Prozess um die versuchte Erpressung der Familie von Ex-Rennfahrer Michael Schumacher hörte das Amtsgericht gestern drei Zeugen aus der Sicherheitsbranche. Einer belastete den Hauptangeklagten, einer entlastete den dritten Angeklagten. Beim nächsten Verhandlungstag am 22. Januar könnte es zu einem Urteil kommen, stellte die Richterin in Aussicht.

Drei Männer sind angeklagt, versucht zu haben, 15 Millionen Euro von der Familie Schumacher zu erpressen. Der Hauptangeklagte (53) aus Wuppertal hat zu Prozessbeginn zugegeben, dass er im Büro der Familie angerufen und zwei Festplatten mit privaten Bildern und Gesundheitsdaten von Michael Schumacher gegen Geld angeboten hat. Er sagte auch, die Bilder könnten sonst im Darknet veröffentlicht werden. Sein mitangeklagter Sohn (30) hat eingeräumt, seinen Vater unterstützt zu haben, indem er eine Mail-Adresse einrichtete und ein Telefonat seines Vaters mit dem Schumacher-Büro filmte.

Die Vorwürfe zurückgewiesen hat der dritte Angeklagte (53) aus Wülfrath, der mehrere Jahre als Sicherheitsmann bei der Familie Schumacher gearbeitet hat. Nach Aussage des Hauptangeklagten stammten die Daten von ihm. Dessen Anwalt Harald Benninghoven hatte für ihn erklärt, dass sein Mandant zwar Zugang zu Fotos und Gesundheitsdaten hatte, sie aber nicht für eigene Zwecke nutzte.

So habe er den Laptop mit Gesundheitsdaten repariert, ihn dann zurückgegeben. Zudem habe er im Auftrag von Corinna Schumacher private Videokassetten digitalisiert. Das Gerät dafür habe sich noch in seinem Zimmer in einer Dienstunterkunft befunden, als ihm 2021 gekündigt wurde. Als er das Zimmer ausräumte, habe es durchwühlt gewirkt, einige Dinge seien bereits gepackt worden und das Gerät verschwunden.

Ein Kollege aus der Branche, der ihn bei der Räumung des Zimmers begleitet hatte, bestätigte gestern als Zeuge, dass das Zimmer „unordentlich“ aussah: „Das Bett war abgezogen, Tüten standen herum, als hätte jemand einfach alles zusammengeschmissen.“ Verteidiger Benninghoven zeigte sich nach der Verhandlung zufrieden: „Der Zeuge hat die Übergabe des Zimmers so geschildert wie mein Mandant.“

Krankenschwester
erschien nicht als Zeugin

Interessant sei für ihn auch der dritte Zeuge gewesen, der von Unruhe beim Sicherheitsdienst der Schumacherfamilie berichtet habe. Der Zeuge, der dort ebenfalls mehrere Jahre Sicherheitsmann war, bestätigte, dass es einen Auftrag zur Digitalisierung der Videos gab. Er habe diesen selbst nicht ausführen wollen und wisse auch nicht, ob der Wülfrather das getan habe.

Er berichtet davon, dass mehreren Kollegen gekündigt worden sei, als 2020 eine neue Firma den Sicherheitsdienst übernahm: erst einem Kollegen, dann dem Wülfrather, dann ihm selbst. Ihm sei schweres Fehlverhalten vorgeworfen worden, er wisse aber nicht, was.

Auf eine Krankenschwester angesprochen, die für die Familie gearbeitet hat, sagte er, sie sei nie auffällig gewesen. Der Hauptangeklagte hatte die junge Frau am ersten Verhandlungstag ins Gespräch gebracht: Sie sei ursprünglich im Besitz der Fotos und Daten gewesen, der Wülfrather habe sie in ihrem Auftrag weitergegeben. Die Verkaufspreise habe dieser immer mit ihr abgesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin Ermittlungen aufgenommen.

Der Zeuge berichtete zudem, dass die Krankenschwester ihm nach seiner Kündigung berichtet habe, jemand habe auf dem Schumacher-Gelände versucht, sie zu belästigen. Er wisse darüber aber nichts. Die junge Frau war gestern als Zeugin geladen, hatte aber ein Attest eingereicht, dass sie wegen psychischer Probleme nicht kommen könne.

Zu Beginn des Verhandlungstages hatte ein Türsteher (42) davon berichtet, dass der Hauptangeklagte ihn angesprochen habe, ob er Fotos und Gesundheitsdaten von Schumacher verkaufen könne. Wegen seiner kasachischen Herkunft habe sich der Angeklagte wohl versprochen, die Daten nach Osteuropa verkaufen zu können: „In Deutschland klappte es nicht.“ 500 000 Euro habe er für eine Festplatte verlangen sollen, für einen Stick mit einzelnen Beweisbildern hätte er 50 000 Euro „Kaution“ hinterlegen müssen. Er habe das aber abgelehnt.

Managerin soll noch
einmal aussagen

Bekannt geworden ist das durch die Aussage eines anderen Zeugen, der der Polizei davon berichtet hatte. Vor Gericht hat dieser allerdings seine Aussage wieder zurückgezogen, er habe bei der Polizei gelogen.

Bei der Aussage des gestrigen Zeugen schüttelte der Hauptangeklagte immer wieder den Kopf. Anschließend ließ er seinen Verteidiger Oliver Doelfs widersprechen: Er habe dem Zeugen nie Festplatte und Sticks angeboten. Der Anwalt vermutet dahinter einen Streit.

Als Zeugin sollte gestern die Managerin der Schumacher-Familie noch einmal aussagen. Sie war jedoch verhindert, soll nun am 22. Januar kommen. Das Gericht hatte sie auch zum zweiten Prozesstag geladen, da hatte jedoch Anwalt Benninghoven kritisiert, er habe dies nicht gewusst und sich nicht vorbereiten können. Daher war die Managerin wieder abgereist. Benninghoven monierte auch gestern, er habe von der Absage der Managerin sowie der anstehenden Vernehmung eines der Zeugen vorher nichts gewusst. Dieses Vorgehen sei schlicht unhöflich.

Am 22. Januar sollen auch die Aufnahmen der Telefongespräche des Hauptangeklagten mit dem Schumacherbüro öffentlich gemacht werden – entweder durch Verlesung des Protokolls oder durch Abspielen der Aufnahme. Das hatte Anwalt Doelfs vorgeschlagen. Das solle zeigen, wie sein Mandant sein Vorgehen damals gesehen habe. Der hatte ausgesagt, er habe das nicht als Erpressung, sondern als Verkaufsgespräche betrachtet.

Doelfs berichtete auch, sein Mandant könnte nach dem Urteil gegen Kaution zunächst auf freien Fuß kommen, später dann zur Haft geladen werden. Der Anwalt hatte schon beim zweiten Verhandlungstag – erfolglos – Haftverschonung beantragt.

Das Urteil könnte, so die Richterin, bereits am vorletzten Prozesstag am 22. Januar fallen.