Zwischen Fokus und Vielfalt Der Schlüssel zur Professur: Breites Wissen statt enger Spezialisierung?
Wuppertal · Lisa Wunsch, Studentin an der Bergischen Uni Wuppertal, erhält den Nachwuchsforschungspreis der Fabu für ihre Bachelorarbeit im Fach Soziologie.
Welche Faktoren beeinflussen eigentlich die wissenschaftliche Karriere? Lohnt es sich, sich auf einen bestimmten Bereich zu spezialisieren, oder sollte man sich lieber breiter aufstellen? Diesen Fragen ist Lisa Wunsch in ihrer Bachelorarbeit im Fach Soziologie auf den Grund gegangen. Für ihre Arbeit ist sie nun mit dem Nachwuchsforschungspreis der Fabu (Freunde und Alumni der Bergischen Universität) ausgezeichnet worden.
„Es gibt diese Theorie und es gibt diese Hypothese, dass die Spezialisierung Vorteile hat. Man spezialisiert sich, man ist effizienter, man konzentriert seine Ressourcen und seine Zeit auf ein Gebiet und kann damit zum Experten werden“, erklärt die Master-Studentin. In der Praxis könnte das so aussehen, dass Arbeitgeber eine Person einstellen möchte, aber nur Zeugnisse, Lebenslauf und etwaige Referenzen hat, auf deren Basis er die Leistung abschätzt. In diesem Szenario geht es um eine Lehrstelle an einer Universität oder Hochschule. „Und wenn ich jetzt sehe, dass jemand sich sehr spezialisiert ist, dann kann ich die Person schnell einordnen“, führt Lisa Wunsch aus. Es sei die Annahme, dass der Arbeitgeber versucht, die Kandidaten zu kategorisieren. „Wenn jemand sehr breit aufgestellt ist und vieles ausprobiert hat, dann ist man nicht so sicher, ob der Kandidat ein Multitalent ist, also wirklich gut in allem, oder ob die Person vielleicht gar nicht so gut in irgendwas ist und sich deswegen ausprobiert hat“, so Wunsch. „Diese Unsicherheit, die führt dann dazu, dass am Ende eher die Spezialisten bevorzugt werden“. Soweit also die Hypothese. Auf Grundlage von Publikationen aller aktiv berufenen Professoren der Soziologie an deutschen Universitäten ist Lisa Wunsch zum folgenden Ergebnis gekommen.
„Tatsächlich kommt bei mir am Ende raus, dass es gar nicht die Spezialisierung ist, die im Gesamteffekt jetzt unbedingt den großen Vorteil bringt, sondern eher die Generalisierung“, sagt sie. Forscher, die breiter aufgestellt sind, haben also bessere Chancen, einen Lehrstuhl zu bekommen. Wenn man das Szenario weiterspinnt, könnte man daraus Schlüsse für das Verhalten einer Berufungskommission ziehen, die den Lehrstuhl besetzen möchte – oftmals, weil die vorherige Person in den Ruhestand gegangen ist. Dann gebe es auch oft die Frage, ob der neu berufene Akademiker vielleicht auch Vorlesungen halten, also das Tätigkeitsfeld ausweiten kann. „Da hat man vielleicht einen Vorteil, wenn man ein bisschen signalisiert, dass man sich anpassen kann. Dass man breiter aufgestellt ist, dass man sozusagen den Bedürfnissen des Lehrstuhls, an dem man dann berufen werden will, anpassen und dem mehr entsprechen kann“, erläutert Lisa Wunsch.