Soziale Spaltung in der Landeshauptstadt Wie die Armut in Düsseldorf bekämpft werden soll

Düsseldorf · Präventionsmanagerinnen und Hilfefonds sind Teil eines breit angelegten städtischen Konzepts. Eine höhere Gewerbesteuer fordert dagegen das Bündnis für eine gerechtere Gesellschaft.

Die Essenausgabe in der Armenküche am Burgplatz.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die Stadt setzt bei der Bekämpfung von Armut auf eine stärkere Präsenz vor Ort. Im Zentrum dieser Strategie stehen neu geschaffene Präventionsmanagerinnen, die in Quartieren mit großen sozialen Herausforderungen Familien und Alleinerziehende beraten. „Wir bringen die Hilfen dahin, wo man sie braucht. Dabei bauen wir Hürden ab und versuchen auch, neue Wege zu denken“, sagt Ursula Kraus. Im Amt für Soziales und Jugend koordiniert die Sozial- und Gesundheitspädagogin den Bereich der Präventionsketten. Der Gedanke dahinter: Wer sich frühzeitig darum kümmert, dass Kinder gesund und chancengerechter aufwachsen können, mindert Armutsrisiken.

Zum Konzept gehören auch konkrete kleinteilige Hilfen. „Es gibt Kinder, die trauen sich nicht am Sportunterricht teilzunehmen, weil sie nur eine einzige Jogginghose für ihren Alltag haben. Oder welche, bei denen die Schuhe drücken, weil einfach das Geld für ein neues Paar fehlt. Oder welche, die keine Regenjacke haben“, berichtet Kraus. Wer sein Anliegen bei den Präventionsmanagerinnen oder den zahlreichen anderen pädagogischen Fachkräften im Stadtteil vorträgt, kann auf Unterstützung hoffen. „Niemand wird weggeschickt“, sagt Kraus.

Kinderpädagogin Aylin Michel arbeitet als Präventionsmanagerin im Büro der Caritas an der Münsterstraße in Rath.

Foto: ja/Georg Salzburg

Hose oder Schuhe werden
binnen 48 Stunden besorgt

Denn die Kollegen könnten in solchen Fällen schnell und unbürokratisch auf einen Fonds für individuelle Hilfen zugreifen und Schuhe oder Hose innerhalb von 48 Stunden besorgen. 70 000 Euro stünden dafür pro Jahr bereit. Deutlich größer ist ein separater Armutsfonds, der – ausgestattet mit jährlich 500 000 Euro – eher strukturell angelegt ist. Aus diesem Topf werden zum Beispiel in zwölf Kitas das Frühstück sowie die kleinen Zwischenmahlzeiten finanziert. Oder rasch benötigte Therapieplätze für Heranwachsende, für die ein Honorar gezahlt werden muss.

Ganz neu ist das Vor-Ort-Engagement beim Thema Prävention nicht. „Aber nun haben wir eigene Präventionsmanagerinnen an das Netzwerk der Frühen Hilfen angedockt und das Ganze wissenschaftlich vom Institut für medizinische Soziologie des Universitätsklinikums begleiten lassen“, sagt Judith Gurtovij, die als Sozialpädagogin den Bereich „Familienbildung/Frühe Hilfen“ leitet.

Entscheidend für eine erfolgreiche Armutsbekämpfung ist nach Einschätzung der beiden Expertinnen neben einer größtmöglichen Nähe zu den Betroffenen eine ämterübergreifende Zusammenarbeit. „Schließlich geht es bei diesem Thema um Ernährung, Bildung, Teilhabe, körperliche und psychische Gesundheit und vieles mehr.“ Dass die Probleme trotz weiter ausgebauten Netzwerke kleiner werden, glaubt Ursula Kraus nicht. „Dort. wo der Schuh ohnehin schon drückt, haben die Probleme und die Fragen nach konkreter Hilfe oft noch zugenommen.“

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt das Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft, das unter anderem vom Dominikanerpater und Leiter der Altstadt-Armenküche, Wolfgang Sieffert, koordiniert wird. Dabei treffe das Problem alle Altersgruppen. „Das reiche Düsseldorf ist eben auch ein armes Düsseldorf“, sagt Holger Kirchhöfer, der sich in der Armenküche engagiert. So läge die Armutsquote, also der Anteil der Menschen, die weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hätten, bei 20 Prozent. „Das liegt über dem Bundesschnitt und wir reden hier von etwa 125 000 Düsseldorfern.

(jj)