Familie Wuppertal: Wenn die eigenen Kinder keinen Kontakt mehr haben wollen

Ulrike und Gottfried Monhof betreuen eine Selbsthilfegruppe für verlassene Eltern.

Sie wollen Eltern, die keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben, Mut machen: Ulrike und Gottfried Monhof.

Wuppertal. Für sie ist die schwere Zeit vorbei: Gottfried und Ulrike Monhof haben wieder Kontakt zu ihrer erwachsenen Tochter. Aber sie wissen, wie sich Eltern fühlen, deren Kinder nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen. Und sie bieten ihnen Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe.

Die Kinder verweigern jeden Kontakt, gehen nicht ans Telefon, lassen Briefe und Pakete zurück gehen — das ist ganz typisch. Manche Eltern wissen nicht einmal, wo ihre Kinder sind. „Es zieht einem den Boden unter den Füßen weg“, erklärt Ulrike Monhof. „Man weiß nicht, was man tun soll.“ Man grüble ständig, was falsch gelaufen sein könnte. Sie selbst bekam gesundheitliche Probleme.

Sie und ihr Mann haben damals, vor sieben Jahren, nach Unterstützung gesucht. Die nächste Selbsthilfegruppe fanden sie in Hilden. Besucht wurde sie von Eltern aus ganz Nordrhein-Westfalen, 40 bis 50 Leute saßen dabei zusammen. Wer das Bedürfnis hatte, erzählte, was es bei ihm Neues gibt.

„Wir haben festgestellt, so eine Gruppe hilft sehr“, sagt Ulrike Monhof. „Man kann offen reden.“ Endlich sage niemand „da muss doch was verkehrt gelaufen sein“. Solche Äußerungen seien die häufigste Reaktion anderer, wenn sie vom Kontaktabbruch der Kinder erfahren. In der Gruppe sei dagegen allen bewusst, dass die Eltern meist nicht wissen, was zum Bruch geführt hat, sich jetzt sorgen und ratlos sind.

Nach dem Vorbild in Hilden gründeten die Monhofs eine Gruppe in Wuppertal, trafen sich in der reformierten Kirche in Ronsdorf. Dann zog es das Ehepaar nach Langeoog, die Gruppe lief weiter. Als die Monhofs im Dezember 2017 nach drei Jahren zurückkehrten, fand sich aktuell keiner mehr, der die Leitung übernehmen wollte. Also sprangen sie wieder ein.

Jetzt trifft sich die Gruppe einmal im Monat im Cafézimmer ihres Lederwarengeschäfts. Zehn bis 14 Personen gehören dazu, aber jeder Neue ist willkommen. Viele Teilnehmer seien beim ersten Mal nicht in der Lage, von sich zu erzählen. Doch wenn sie die Geschichten der anderen hörten, seien sie ermutigt, auch zu sprechen. „Man merkt dann, dass alle im gleichen Boot sitzen“, erklärt Gottfried Monhof. „Hier muss sich keiner rechtfertigen und keiner braucht sich zu schämen“, sagt Ulrike Monhof.

Betroffene Eltern fühlten sich oft isoliert, wenn sie unter Bekannten nicht von Kindern und Enkeln erzählen können. Viele verschwiegen aus Scham ihre Situation und zögen sich zurück. Auch da helfe die Gruppe, weil sie neue soziale Kontakte ermögliche, gemeinsam machten sie Ausflüge. Dabei sind die Probleme mit den Kindern tabu.

Lösungen hätten sie nicht anzubieten, betonen die beiden. „Wir haben kein Patentrezept.“ Sie könnten nur zuhören. Aber ein paar Tipps haben sie doch: Den Kontaktabbruch annehmen und nicht daran zugrundegehen, für sich selbst neue Perspektiven finden. „Ich sage immer: ,Tut was für euch. Macht Yoga, geht ins Konzert, verschiebt euren Fokus, ihr habt nur dieses eine Leben“, erklärt Ulrike Monhof.

Und: Die Kinder in Ruhe lassen. Manche Eltern führen zum Wohnort der Kinder, beobachteten das Haus, manch einer klingele an der Tür — und erlebe, dass diese ihm vor der Nase zugeknallt wird. „Das Annehmen ist richtig schwer“, sagt Ulrike Monhof. Es dauere unterschiedlich lang, man erlebe Aufs und Abs. Besonders schwer sei es an Geburtstagen und Weihnachten. Die Tipps haben sie aus der anderen Gruppe und von der Psychologin, die die Hildener Gruppe und ihre erste Gruppe begleitet hat. Ansonsten hilft ihnen ein Leitfaden für Selbsthilfegruppen.

Sie wollen Eltern Mut machen: „Wir kennen viele, bei denen die Kinder irgendwann zurückgekommen sind.“ Auch dann sei es schwierig, die Kinder wollten oft nicht über die Trennungszeit reden. Die Eltern hätten meistens Angst, wieder etwas falsch zu machen. Wenn die Kinder Gründe nennen, seien sie oft schwer nachzuvollziehen. Sie fühlten sich ungerecht behandelt, nennen Vorfälle, die den Eltern als Kleinigkeiten erscheinen. Manchmal liege es auch an neuen Partnern oder der Schwiegerfamilie, die die Kinder von der Ursprungsfamilie entfernen. Oder an beruflichen Problemen. Die Monhofs kennen viele verschiedene Geschichten.