Gastbeitrag Wie man für eine Kaufprämie für Fahrzeuge sein kann

Abwrackprämien sollen die einzige Konsumgüterindustrie erhalten, die Deutschland noch hat.

Autohändler Marcus Jungmann

Foto: Schwartz, Anna (as)

Der Autor dieser Zeilen ist Autohändler und hat sich nie für ein vom Steuerzahler alimentiertes Amt beworben. Dies muss man vorausschicken, denn ich profitiere von einer Prämie. Diese wird die Nachfrage nach Fahrzeugen ankurbeln, meinen Absatz und meinen Profit erhöhen, die 128 Arbeitsplätze in meinem Unternehmen sichern, dafür sorgen, dass ich weiterhin Steuern und Abgaben in unserem Wuppertal bezahle, jedes Jahr zehn Ausbildungsplätze besetze und mich bemühe, in unserer Stadt einzukaufen. Ich bin also kein unparteiischer Beobachter, zumal aufgrund der Corona-Krise und der damit einhergehenden Kaufzurückhaltung der Verkauf von Fahrzeugen an private Marktteilnehmer bei mir um 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen ist.

Als Bürger bin ich aber daran interessiert, dass der Staat, der eine Menge öffentlicher Aufgaben finanzieren muss, dies möglichst effizient erledigt, mir also wenig Steuern abverlangt und diese Mittel dann besser für Schulen und Straßen als für riesige Parlamente ausgibt. Eine Kaufprämie für Autos ist im Hinblick darauf zu beurteilen, ob hier eine vernünftige Mittelverwendung Ihrer und meiner Steuern erfolgt.

Die deutsche Automobilindustrie ist für Arbeitsplätze, die Steuerkraft und das internationale Ansehen deutscher Technologie von einzigartiger Bedeutung, zumal ein mindestens medialer, wenn nicht gesellschaftlicher Konsens dazu geführt hat, dass Schlüsseltechnologien wie Kernkraft, Gentechnik, Hochgeschwindigkeitszüge, Pflanzenschutz und Düngemittelindustrie und zumindest der konsumorientierte Teil der Digitalisierung in diesem Land nicht erwünscht waren oder sind.

Die deutsche Automobilindustrie ist gewissermaßen der letzte Leuchtturm. Dieser Leuchtturm wurde von gewissenlosen Managern, bei denen Haftung und Einkommen in keinerlei Verhältnis stehen und denen das Handwerk zu legen ist, leider in Abgase gehüllt. Dennoch bleibt die Industrie von überragender Bedeutung: mit ihren eigenen Beschäftigten, mit denen der Zulieferer, von denen es in Wuppertal jede Menge gibt, mit den Beschäftigten im deutschen Maschinenbau, der auch ohne die Automobilindustrie nicht lebensfähig wäre. Und ja, auch vom KFZ-Handel und -Handwerk.

Geht also die Förderung in einen für die Stadt und das Land wichtigen Bereich? Ich denke ja!

Es ist ein politischer Taschenspielertrick, stark verkürzend zu behaupten, dass die Prämie an die Automobilindustrie geht, die ja in den letzten Jahren riesige Gewinne erzielt habe. Richtig ist vielmehr, dass die Prämie nur an einen Bürger, der sich ein Auto kaufen möchte, gezahlt wird. Und zwar nur an den. Tatsächlich kann also jeder von Ihnen entscheiden, ob er eine Prämie möchte oder nicht. Stellen wir uns in bester Manier vor: „Es gibt eine Prämie und keiner geht hin.“ Hier wird deutlich, dass es vielen Gegnern nicht nur darum geht, die individuelle Freiheit, die mit einem eigenen PKW verbunden ist, zu verneinen, sondern es auch darum geht, die Entscheidung über Mittel nicht dem Bürger zu überlassen, sondern dies auf Funktionärsebenen zu verplanen, frei nach dem planwirtschaftlichen Credo, dass andere schon besser wissen, was Sie eigentlich möchten.

Bleibt die Entscheidung über unser Steuergeld also bei uns? Ich denke ja!

Die sogenannte „Abwrackprämie“ hat angeblich nur zu vorgezogenen Käufen geführt, weil der Automobilabsatz in den folgenden Jahren verringert wurde. Glauben Sie hier einfach ausnahmsweise einem Autohändler: Der weit überwiegende Teil der Käufer mit einem sehr alten Auto hätte sich niemals einen Neuwagen gekauft, nie. Ein Neuwagenkunde kauft nach vier bis fünf Jahren wieder einen Neuwagen, die Abwrackprämie hat vielen Käufern von alten Fahrzeugen den allerersten neuen PKW ihres Lebens beschert. Der Neuwagenabsatz der folgenden Jahre schrumpfte aus vollkommen anderen Gründen.

Waren das daher viele Kleinwagen und der Marktanteil der „ausländischen“ Hersteller stieg in dieser Zeit? Ja, das ist der Fall. Genau deshalb war die Prämie auch durchaus sozial, die Prämie ging nicht an diejenigen, die sich sowieso immer einen Neuwagen leisten können, sondern an die, die vorher nur davon träumten. Und auch für die „ausländischen“ Fabrikate produzieren unsere Zulieferer, auch diese bauen Autos in Saarlouis und Köln (Fiesta) oder in Rüsselsheim und nicht in Pamplona (Polo).

Steuerlich gefördert werden übrigens von Ihnen die ganze Zeit die Dienstwagenfahrer, der geldwerte Vorteil der großen schwarzen Limousinen und Geländewagen, der versteuert wird, liegt in aller Regel weit unter den tatsächlichen Kosten. Geradezu grotesk wird diese unsoziale Förderung bei Elektrofahrzeugen und gewissen Hybriden, die weitere steuerliche Privilegien und ungeheure, ja absurde Kaufprämien erhalten, damit das damit verbundene gute Gewissen protzig als Lifestyle vor sich her getragen werden kann. Herstellung der Akkus in Wolfsburg, Köln oder Rüsselsheim? Wohl kaum.

Die Käufer der kleinen und mittleren PKW möchten aber auch einmal in Urlaub fahren und das Auto auch im Winter nutzen, in der Mehrzahl handelt es sich um das einzige Fahrzeug des Haushalts. Die mit einem Elektrofahrzeug noch verbundenen praktischen Nachteile können diese Haushalte zurzeit nicht kompensieren. Die Herstellung einer Infrastruktur wird noch Jahre in Anspruch nehmen.

Ist die Prämie also sozial ausgewogen? Ich meine, hier gibt es zumindest sehr ernstzunehmende Argumente.

Ist der Verbrenner ein Dinosaurier und unterstützt Ihr Steuergeld nicht eine aussterbende Art? Bedauerlicherweise hat es die Industrie nicht geschafft, zu zeigen, dass die Abgastechniken in Deutschland den höchsten Stand haben, weil einige Halunken manipuliert haben. Das Durchschnittsalter der in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge beträgt zehn Jahre, für jeden neuen PKW gibt es daher einen PKW, der bereits 20 Jahre auf dem Buckel hat und entsprechende Schadstoffe ausstößt. Abgesehen davon, dass die Produktion eines Elektrofahrzeugs deutlich mehr CO2 verursacht, als dies bei einem Verbrenner der Fall ist, hilft eine richtig ausgestaltete, soziale Prämie also sehr effizient, die Fahrzeuge mit dem höchsten Schadstoffausstoß durch neueste Technik zu ersetzen.

Sollte Ihr Steuergeld also auch die Käufer von Verbrennern fördern? Ich meine, es gibt auch dafür vernünftige Argumente, wenn man weiterhin überhaupt Autos möchte.

Volkswirtschaftlich ist in einem Land ohne Rohstoffe Wissen unser einziges Asset, wir sollten also vor allem Schüler unterstützen, Betriebe, die ausbilden, fördern, universitäre Exzellenz ermöglichen, digitalisieren. Kein Zweifel, hier ist Ihr Steuergeld gut angelegt. Dies ist jedoch eine mittel- und langfristige Aufgabe, kurzfristig wird dies nicht aus der Liquiditätsfalle führen, in die Negativzinsen geführt haben und die bisher nur Immobilienbesitzer, die chinesische Solarindustrie und Aktionäre glücklich gemacht haben. Volkswirtschaftlich notwendig ist die Ankurbelung des privaten Konsums. Am effizientesten würde dies über befristetes Helikoptergeld bzw. Konsumgutscheine funktionieren, wenn man denn keine Steuersenkungen für die mittelständischen Unternehmen möchte, die auch noch Investitionen, eben auch in Zukunftstechnologien, ermöglichen würden. Abwrackprämien sind im Grunde nichts anderes als Konsumgutscheine für einen speziellen Zweck: die einzige Konsumgüterindustrie weiter zu ermöglichen, die dieses Land noch hat.

Sicher gibt es auch sehr gute Gründe, Ihr Steuergeld anders auszugeben, eine generelle Verteufelung macht es sich jedoch viel zu einfach und ist schlicht populistisch.

Denken Sie gut über Ihr Steuergeld nach! Immer!

Am Freitag hatte IHK-Vizepräsident und Villa-Media-Chef Jörg Heynkes gegen Kaufprämien argumentiert