Bergische Universität Datenströme und wie sie analysiert werden können

Ingo Scholtes ist neuer Professor für „Data Analytics“ an der Bergischen Universität.

Der neue Professor für „Data Analytics“ an der Bergischen Uni: Prof. Dr. Ingo Scholtes.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Daten sind - wie man bisweilen so sagt - das Gold des 21. Jahrhunderts. Und Professor Dr. Ingo Scholtes ist jemand, der sich berufsmäßig mit der Frage auseinandersetzt, wie diese „Informationsnuggets“ aus dem täglich wachsenden digitalen Datenstrom geborgen und verwertet werden können. Der 39-jährige Informatiker ist seit diesem Wintersemester neuer und erster Professor für „Data Analytics“ an der Bergischen Uni. Zuletzt hatte Scholtes an der Universität Zürich gelehrt und geforscht, wo er derzeit auch noch ein Projekt zur Analyse von Netzwerken leitet.

Derzeit pendelt Scholtes noch wöchentlich von Zürich nach Wuppertal, fürs Erste hat er ein Büro in der 14. Etage des Gebäudetrakts G der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften bezogen. Mit ersten Vorlesungen und Seminaren ist er gestartet, derzeit baut er auch ein Team von Forschern und Mitarbeitern auf, welches das noch recht neue Feld der „Datenanalyse“ in Wuppertal institutionalisieren und vorantreiben soll. Geplant sei unter anderem eine Kooperation zu seinem Projekt in Zürich, das noch drei weitere Jahre laufen werde, sagt Scholtes. Erforscht werden soll dabei zum Beispiel, wie sich in einem Netzwerk Kommunikation und der Austausch von Daten entwickelt: Wer hat sich mit wem wann und in welcher Reihenfolge ausgetauscht?

Kernthemen der Forschung von Scholtes sind Fragen an der Schnittstelle von Datenanalyse, Netzwerkwissenschaft, rechnergestützten Sozialwissenschaften und maschinellem Lernen. Letzterer Begriff wird in der allgemeinen Diskussion oft auch als „Künstliche Intelligenz“ (KI) bezeichnet, ein Terminus, den Scholtes wegen der Unschärfe nicht so gerne benutzt. Im Grunde gehe es darum, Verfahren zu entwickeln, um in einer mehr oder minder große Masse von Daten „interessante Muster“ zu entziffern und „das Signal vom Rauschen“ zu trennen, sagt der 39-Jährige.

Die Forschung arbeite dabei sowohl grundlagen- wie anwendungsorientiert. Bei den Grundlagen gehe es darum, auf der Basis statistischer Verfahren Algorithmen zu entwickeln, die eine bessere Nutzung von Daten ermöglichen. Bei der Anwendung steht die Frage im Vordergrund, wie solche Verfahren in der Praxis umgesetzt werden können. Scholtes hatte dieses Thema bereits in einem Projekt unter Beweis gestellt, in dem er und sein Team analysiert haben, welche Faktoren zum Erfolg oder Misserfolg von Software-Entwicklungsprojekten beitragen. „Wir haben damit gezeigt, wie effizient ein Team von Software-Entwicklern zusammenarbeiten kann“, betont Scholtes.

Doch die Forschungen des Informatikers beschränken sich bei weitem nicht nur auf die Informationstechnologie. Erkenntnisse seiner Arbeit können auch etwa für Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften oder Biologie von Interesse sein. So könne die Untersuchung von Datenströmen zum Beispiel wertvolle Erkenntnisse „zum Ausbruch von Epidemien“ liefern. Der Ansatz von „Data Analytics“ sei interdisziplinär, erklärt der Professor.

Dass die Analyse von Datenströmen im Zeitalter der Digitalisierung immer wichtiger wird, kann wohl kaum noch jemanden überraschen. Wie exponenziell das Wachstum der Datenmengen verläuft, macht ein kurzer Blick auf die Zahlen deutlich.

Wurde zwischen der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert und dem Jahr 2003 eine Datenmenge von einer Milliarde Gigabyte erzeugt, so wird dieselbe Menge an Daten mittlerweile alle 48 Stunden aufs Neue auf die Menschheit losgelassen. Vom „information overload“ spricht da der Fachmann gerne, Scholtes sieht es ganz nüchtern: Große Datenmengen seien mittlerweile „in jeder Disziplin essenziell“.

Der 39-Jährige stammt aus Rheinland-Pfalz und hatte an der Universität Trier Informatik mit dem Nebenfach Mathematik studiert. 2011 promovierte er im Bereich kognitiver Computernetzwerke. Für seine hervorragenden Leistungen in seinem Fach wurde er von der Gesellschaft für Informatik 2014 als „Junior Fellow“ ausgezeichnet. Neben seiner Forschungstätigkeit an der Uni Zürich und der Eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich hatte Scholtes auch 2016 eine Vertretungsprofessur für Angewandte Informatik am Karlsruher Institut für Technologie übernommen.