Inklusion hört nicht an der Wahlurne auf. Sie beginnt dort, wo Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit erhalten, nicht nur zu wählen, sondern auch mitzugestalten – als Politiker, als Aktivisten, als Mitglieder einer demokratischen Gesellschaft. Der Wuppertaler Inklusionspreis 2025 widmete sich in diesem Jahr dem Thema „Politische Partizipation – gestalten, erleben, mitmachen“ und zeichnete Initiativen aus, die diesen Ansatz in die Praxis umsetzen und dafür sorgen, dass Menschen mit Behinderung aktiv und gleichberechtigt am politischen Leben teilhaben können.
In einem Jahr, in dem sowohl die Bundestagswahl als auch die Kommunalwahl im Fokus stehen, wurde deutlich: Partizipation ist der Schlüssel zu einer inklusiven Zukunft, und diese dürfe nicht in den Wahlkabinen enden. „Eine Gesellschaft, die den Blick auf jeden Einzelnen hat, ist eine menschlichere und eine demokratischere Gesellschaft“, unterstrich Oberbürgermeister Uwe Schneidewind die Bedeutung von politischer Partizipation. In einer Zeremonie im Mendelssohn-Saal der Historischen Stadthalle wurden drei Projekte geehrt, die sich für die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung starkmachen und die Demokratie auf ihre Weise bereichern.
Der erste Preis in Höhe von 2500 Euro ging an den Beirat der Menschen mit Behinderung in Wuppertal. Seit 25 Jahren setzt sich der Beirat dafür ein, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in die politische Diskussion getragen werden. Vorsitzende Petra Bömkes unterstrich die Bedeutung ihrer Arbeit: „Wir sind das Sprachrohr, um die Belange der Menschen mit Behinderung in die Öffentlichkeit und die Politik zu tragen.“ Der Beirat hat es geschafft, politisch hörbar zu werden und Barrierefreiheit als zentralen Punkt in der Stadt zu verankern. Dabei ist er in vielen politischen Bereichen stark vernetzt und sorgt dafür, dass die Stimmen von Menschen mit Behinderung in den Ausschüssen gehört werden. „Es gab Zeiten, da war Barrierefreiheit in Wuppertal kein Thema. Wir haben viel erreicht, aber es bleibt noch viel zu tun“, betonte Bömkes.
Den zweiten Platz belegt das Polit-Café der Färberei
Das Polit-Café der Färberei belegte den zweiten Platz und erhielt 1500 Euro. Die Initiative bietet Menschen mit Lernschwierigkeiten eine Plattform, um sich regelmäßig über politische Themen auszutauschen und aktiv an Diskussionen teilzunehmen. „Wir wollen nicht nur über Politik reden und Dinge einfordern, wir wollen sie mitgestalten und unterstützen“, erklärte ein Mitglied des Polit-Cafés. Die Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, langfristig ein Mitglied des Polit-Cafés in den Beirat der Menschen mit Behinderung zu integrieren, um dort eine Stimme zu haben. „Bisher durften wir nur zuhören, jetzt wollen wir aktiv mitreden“, so die klare Forderung der Gruppe.
Mit dem dritten Platz wurden die Troxler-Werkstätten und die Frauenbeauftragten im Troxler-Haus ausgezeichnet. Seit über 50 Jahren bieten die Werkstätten Menschen mit Behinderung ein Arbeitsumfeld, in dem sie ihre eigenen Stärken entfalten können. Der Werkstattrat sorgt für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und macht sich dafür stark, dass die Bedürfnisse der Mitarbeiter gehört werden – etwa indem der Betriebsurlaub abgeschafft wurde, sodass nun selbst entschieden werden kann, wann Urlaub genommen wird. Das Projekt setzt sich für ein starkes, selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung ein. Ein weiteres Highlight ist das Engagement der Frauenbeauftragten, die anlässlich des Weltfrauentages ein Frauencafé organisierten, um Frauen in den Werkstätten eine Stimme zu geben und relevante Themen zu diskutieren, darunter auch das Wahlrecht.
Die diesjährige Preisverleihung verdeutlichte, wie entscheidend politische Partizipation für die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist. Es geht nicht nur darum, ihnen das Wahlrecht zu ermöglichen, sondern auch darum, ihnen eine Stimme in politischen Prozessen zu geben, dabei gelte es, den Dialog zwischen Menschen mit und ohne Behinderung zu fördern. Helge Lindh, Bundestagsabgeordneter der SPD, bedauert: „Schauen wir in die Parteien, da sind wir von wirklicher Inklusion noch weit entfernt.“ Der Landtagsabgeordnete Josef Neumann (SPD) gibt zu bedenken, dass auch das Wahlrecht für Menschen mit Behinderung erst seit 2017 in NRW durchgesetzt sei, „und seit 2021 im deutschen Bundestag“.