Wuppertaler ist seit Wochen in seiner Wohnung gefangen
Ein Rollstuhlfahrer aus Wuppertal kann seine eigenen vier Wände seit dem schweren Unwetter Ende Mai nicht mehr verlassen. Der Aufzug ist einfach nicht repariert worden.
Wuppertal. Man will sich gar nicht vorstellen, wie es ist, bei dem aktuellen Wetter zwei Monate lang das Haus nicht verlassen zu können. Genau das ist die Situation von Rollstuhlfahrer Patrick Anders, der wegen eines defekten Aufzugs praktisch in den eigenen vier Wänden gefangen ist.
Grund ist das Hochwasser vom 29. Mai, das weite Teile der Elberfelder City unter Wasser und viele Fahrstühle außer Betrieb gesetzt hat. Anders hat an diesem Tag zwar nicht sein Hab und Gut verloren, aber seine Freiheit. Es war der letzte Tag, an dem der 32-Jährige das Mehrfamilienhaus an der Wiesenstraße verlassen hat.
Während alle anderen Bewohner zähneknirschend die Treppe benutzen, muss Anders zu Hause bleiben. Eine andere Möglichkeit, vom vierten Stock aus hinunter zu gelangen, gibt es für den querschnittsgelähmten Mann nicht. Die Reparatur des Aufzuges lässt nun bereits neun Wochen auf sich warten. „Ich habe mehrere E-Mails an die Hausverwaltung geschrieben und viele Telefonate geführt, bin aber immer nur vertröstet worden“, sagt Anders verärgert. Nachdem in den ersten Wochen gar nichts passierte, war ihm schließlich für die 30. Kalenderwoche eine Reparatur zugesagt worden. Geschehen ist nichts. Mit der Begründung, dass es zurzeit viele andere Reparaturaufträge gebe, war er wiederum auf unbestimmte Wartezeit vertröstet worden. Eine neue Terminzusage gibt es bislang nicht.
„Ich habe lange Geduld gehabt, aber finde die Situation längst nicht mehr haltbar“, kritisiert er. „Ich finde das unglaublich, habe so etwas auch noch nicht erlebt“, bewertet auch seine Pflegeassistentin Lena Ostrowski. Natürlich hat Anders der zuständigen Hausverwaltung seine besondere Lage geschildert und welch unzumutbaren Einschränkungen für ihn damit verbunden sind. „Man hat das auch verstanden, hat mich aber immer wieder darauf hingewiesen, dass man nichts daran ändern könne“, schildert er. Bei der Reparatur, so die Düsseldorfer Verwalter, handele es sich um eine vergleichsweise aufwendige Angelegenheit, da mehrere Ersatzteile betroffen sind.
Seit elf Jahren wohnt Anders bereits an der Wiesenstraße. „In der Zeit war der Aufzug immer mal kaputt, aber bislang nur für ein paar Tage“, berichtet der Elberfelder. Der gebürtige Mettmanner, der seit einem Autounfall mit vier Jahren querschnittsgelähmt ist, ist Einschränkungen gewöhnt — aber längst nicht in diesen Dimensionen. So ist er nun noch mehr auf Hilfe angewiesen, muss täglich andere darum bitten, für ihn einkaufen zu gehen. „Da leidet letztendlich alles drunter: meine sozialen Kontakte, mein Studium und mein Sport“, zählt der 32-Jährige auf und gibt zu bedenken, dass viele seiner Freunde ebenfalls Rollstuhlfahrer sind. „Ich komm nicht runter und die kommen nicht rauf.“ Anders studiert in Düsseldorf Sport-Business-Management und hat durch seinen „Hausarrest“ viele Vorlesungen verpasst. „Ich kann zwar zum Glück online über einen Live-Stream teilnehmen, doch ist das nicht das Gleiche, als wenn ich vor Ort wäre“, relativiert er. Ende August stehen Prüfungen an, um deren Teilnahme er nun bangt. Darüber hinaus spielt der junge Mann in Essen Elektro-Rollstuhl-Hockey und konnte seit Wochen nicht am Training teilnehmen.
Hinzu kommen viele zwischenmenschliche Anlässe, auf die Anders seit dem 29. Mai verzichten muss. So hat er neben verschiedenen Familienfesten nun auch die Geburtstagsfeier seiner Schwester verpasst. Hinzu kommt die außergewöhnliche Hitze, die trotz Klimaanlage und abgedeckter Fenster in der Dachgeschosswohnung kaum zu ertragen ist. „Man würde so gerne einfach mal raus, um sich ein wenig zu erfrischen“, schildert der Rollstuhlfahrer und kann nur von Tag zu Tag auf die Rückgewinnung seiner Freiheit hoffen. Bei der Hausverwaltung Clees war auf WZ-Anfrage niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.