Arbeitsmarkt Rekord: Jobcenter stellt 47 Millionen Euro für Fördermaßnahmen bereit
Wuppertal · „Wir machen’s einfach“, so lautet der Slogan einer neuen Kampagne des Wuppertaler Jobcenters. Gerade in der Coronakrise will das Jobcenter Menschen, die schon länger ohne Arbeit sind und für die der Weg in eine reguläre Beschäftigung schon zu normalen Zeiten extrem steinig ist, neue Chancen bieten.
Die finanziellen Voraussetzungen sind gut: Die Rekordsumme von mehr als 47 Millionen Euro stellt der Bund dem Wuppertaler Jobcenter im kommenden Jahr allein für Fortbildungs- und Integrationsmaßnahmen zur Verfügung.
Als das Jobcenter vor einem Jahr das Projekt „Fair eingestellt“ vorstellte, da erzeugte die Kampagne bundesweite Aufmerksamkeit. Und die Wuppertaler staunten damals nicht schlecht, als sie bei der Fahrt über die B7 Plakate mit dem Satz lasen: „Arbeitslose schaffen Probleme“ – etwas kleiner darunter: „aus der Welt“. Die Konfrontation mit Vorurteilen wurde mit einigen Beispielen exerziert und kam auch bei den 50 000 Kunden des Jobcenters gut an. Aus der erfolgreichen Kampagne ist inzwischen eine langfristig angelegte Initiative geworden.
Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters, berichtet, dass bisher rund 400 Langzeitarbeitslose über das Projekt „Fair eingestellt“ in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Das Teilhabechancengesetz stellt die Finanzierung sicher, denn bis zu fünf Jahre lang werden die vollen Lohnkosten übernommen und die Arbeitgeber entlastet.
„Wir sind gefragt worden, warum wir gerade jetzt eine neue Kampagne auflegen. ,Ist doch Corona’, heißt es. Wir wollen aber gerade jetzt Mut machen und den Menschen in der Krise die Chance auf Arbeit geben“, sagt Thomas Lenz. Trotz Corona sei die Abbruchquote der bereits vermittelten ehemaligen Langzeitarbeitslosen bisher extrem gering.
Das Förderangebot, auf das die Kunden des Jobcenters und die Wuppertaler Unternehmen bauen können, ist vielfältig. Die Förderkassen sind gut gefüllt. Das Angebot reicht von der Umwandlungsprämie für die Überführung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeit, der vollständigen Übernahme des Arbeitsentgeltes bei längerfristigen Einstellungen bis zur finanziellen Unterstützung bei anpassungs- oder abschlussorientierten Qualifizierungen. Zudem berät der Unternehmensservice des Jobcenters die Unternehmen bei der Besetzung offener Stellen.
Arbeit ist der Kitt, der die Stadtgesellschaft zusammenhält
Unterstützt wird die Initiative des Jobcenters von Oberbürgermeister Uwe Schneidewind, der auf den großen Wert der Arbeit für jeden Menschen hinweist. „Qualifikation wird zum Schlüsselthema. Was wenig Qualifikation braucht, geht im Zuge der Globalisierung an andere Standorte. Dabei fördert das Jobcenter nicht nur die fachliche Qualifikation, sondern auch soziale Kompetenz“, sagt der Oberbürgermeister. Ein Beispiel: In den USA liegen 70 Prozent der Wirtschaftskraft in den Staaten, die Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl gewonnen hat, 30 Prozent in den von Trump gewonnenen Staaten. Und dort gebe es Gruppen, die für populistische Themen empfänglicher sind. „Das führt zur Erosion der Demokratie“, so Schneidewind. Wuppertal sei aktuell noch in einer guten Situation, obwohl sich die Arbeitslosigkeit in einigen Quartieren strukturell verfestigt habe. Darauf müsse ein besonderes Augenmerk gelegt werden. „Die Frage ist, wie integriere ich Menschen in die Stadtgesellschaft über die unterschiedlichsten Formen von Arbeit.“
Thomas Lenz ist ebenfalls davon überzeugt, dass Arbeit der Kitt für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft ist. „Ich halte nichts davon, das Geld nur zu verteilen. Wir dürfen die Menschen nicht nur alimentieren, das ist nicht sozial. Auf den Wert der Arbeit für den Menschen hat schon Friedrich Engels hingewiesen“, sagt Thomas Lenz. Im europäischen Vergleich sei Deutschland bisher gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Im Winter und Frühjahr werde sich die Krise aber deutlicher in der Statistik des Jobcenters niederschlagen, glaubt Lenz.
Uwe Schneidewind ist zuversichtlich, dass sich langfristig neue Arbeitsfelder auftun werden. So zum Beispiel in den Bereichen Pflege sowie Ausbildung und Qualifikation. Diese Berufsfelder müssten dann aber auch potenziellen Bewerbern attraktive Bedingungen bieten.