Was glauben Sie denn? Wuppertaler Kirchenkolumne: Exodus als notwendige Erinnerung an die Geschichte

Wuppertal · Exodus 47“ eine notwendige Erinnerung. Kürzlich erschien in der Wochenzeitung „Die Zeit“ eine längere Reportage zur Geschichte der „Exodus 47“

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Foto: Anna Schwartz/ANNA SCHWARTZ

. Ergänzt wurde sie mit Zeitzeugengesprächen der wenigen noch in Israel lebenden Menschen, die damals als Kinder auf dem Schiff waren. Eine jüngere, nichtjüdische Freundin, die sehr belesen ist, machte mich auf den Artikel aufmerksam und sie war sehr erschüttert. Sie kannte diese Geschichte nicht.

Das wiederum setzte mich in Erstaunen, denn der 1958 erschienene Roman von Leon Uris „Exodus“, in dem er diesen Stoff verarbeitete, war ein Bestseller, der auch bald danach verfilmt wurde. Es gab damals auch eine exakte Dokumentation. Beides besitze ich, habe es aber in den Tiefen meiner Bücherregale nicht so schnell gefunden. Gewiss haben einige Leser die Reportage gelesen, andere vermutlich nicht. Aber ich bin so erfreut darüber, dass ich diese Geschichte, die einmal mehr deutlich macht, wie hart erkämpft dieser kleine jüdische Staat von Anfang an ist, hier noch einmal aufgreifen will.

Wenn es um historische Zusammenhänge geht, muss man oft etwas weiter ausholen, so auch hier. Um 130 schlugen die Römer den letzten jüdischen Aufstand nieder und vertrieben die Juden endgültig aus dem Land, nachdem sie im Jahr 70 schon den Tempel und Jerusalem zerstört hatten. Sie löschten das Königreich Juda aus und nannten die jetzt endgültig römische Provinz „Philistäa“. Die Philister saßen einst in dem Küstenstreifen, der heute Gaza heißt. Sie waren aber damals schon Geschichte.

Weltreiche werden erobert, um dann langsam zu zerbröseln. Wir Juden beziehungsweise Israeliten hatten in unserer Geschichte schon einige erlitten. Woran entzündete sich immer wieder der Hass auf dieses kleine Volk? Nach der Flucht aus der ägyptischen Sklaverei und den harten Jahren in der Wüste unter der Führung von Mosche, Aharon und auch Mirjam hatten sie nach und nach die Offenbarung am Sinai verstanden und glaubten nur noch an den einen Gott, den Schöpfer des Alls.

Manche Herrscher, wie Alexander, bewunderten sie, anderen war es egal, aber viele wollten ihre Vorstellungen brutal durchsetzen. Noch war die Welt der Menschen voller Götter, Geister und Dämonen. Da waren die Israeliten schon Außenseiter. Mit dem Christentum kam noch der Vorwurf des „Gottesmordes“ und anderer schrecklicher Dinge hinzu. Aus dieser Melange bedient sich bis heute jeder, der seinen Hass pflegen will, egal ob er Juden kennt oder nicht.

Doch zurück zur Historie. Eigentlich war die Welt immer in Bewegung. Die Römer wurden nach und nach von Ost- und Westgoten, Hunnen und anderen Stämmen aufgerieben. Um 650 kam der Islam auf und trat seinen Siegeszug an. 400 Jahre lang war Philistäa/Palästina eine Provinz des Osmanischen Reiches. Nach dem 1. Weltkrieg teilten die Siegermächte das Land auf und Palästina kam unter britische Verwaltung. Dieses ist nur ein sehr grobes Raster, macht aber hoffentlich die Zusammenhänge deutlich. Die Juden siedelten überall in der damals bekannten Welt. Mal wurden sie geduldet, mal geschätzt wegen ihrer Sprachkenntnisse und ihren kaufmännischen Verbindungen.

Dann gab es Zeiten, in denen sie brutal verfolgt wurden. Während der Kreuzzüge flohen die Überlebenden immer weiter nach Osten. Polen war damals dünn besiedelt. Dort waren sie zunächst sehr willkommen. Es kam zu einer recht großen Ansiedlung, obwohl die politischen Verhältnisse sich immer wieder veränderten und es auch dort zu Verfolgungen kam.

Viele gläubige Juden beteten um die Ankunft des Messias, weil sie dachten, erst der Messias würde sie wieder in ihr nie vergessenes Land bringen. Mit der Französischen Revolution und der allmählichen Emanzipation der Juden änderten manche ihre Haltung. Besonders aus Russland und Polen zogen die ersten jungen Juden nach Palästina, um sich dort wieder anzusiedeln. Einen großen Schub bekam die Idee, als Theodor Herzl empört durch die Dreyfus-Affäre in Basel die Zionisten-Kongresse begründete und die Gründung eines eigenen Staates intensiv verfolgte.

Ein erster Erfolg der Zionisten war die Balfour-Erklärung vom 2. November 1917, in der den Juden eine „Heimstatt im Land Palästina“ zugesichert wurde. Dass die Briten damit andere Interessen verbanden als die Juden, haben viele Juden erst später leidvoll erfahren.

Die Jahre vergingen und in Deutschland wurden die Nazis gewählt mit den bekannten Folgen. Im Laufe der 1930er-Jahre flohen immer mehr Juden aus Deutschland in das Mandatsgebiet Palästina. Natürlich kamen sie in kein leeres Land und es kam zu teils blutigen Zusammenstößen mit der arabischen Bevölkerung.

Die Briten schränkten die Zuwanderung der Juden immer mehr ein und begannen ihre Schaukelpolitik mehr zuungunsten der Juden. Selbst nach dem Ende des 2. Weltkrieges ließen sie die Überlebenden nicht ins Land, sondern brachten sie nach Zypern und Mauritius wieder in Lager hinter Stacheldraht. Die „Exodus“ griffen die Briten an, kurz bevor das Schiff Haifa erreichte, aber noch in internationalen Gewässern, und beschädigten es schwer. Es gab Tote und Verletzte.

Als die „Exodus“ Haifa erreichte, durften die Verletzten an Land. Die weiteren Überlebenden wurden mit anderen Schiffen zurück nach Deutschland in ein Lager gebracht. Jedoch war dieses Mal die Weltöffentlichkeit auf dieses unmenschliche Verhalten aufmerksam geworden. Das hat sicher dazu geführt, dass manch einer bei der Abstimmung in der Uno am 29. November 1947 für den Teilungsplan Palästinas/Res. 181, gestimmt hat. Die Juden haben dem Plan zugestimmt und David Ben Gurion rief am 14. Mai 1948 den Staat Israel aus. Die Araber lehnten den Plan ab. Am Tag nach der Staatsgründung begann der erste arabische Krieg gegen Israel.