Familie in Zeiten der Corona-Krise „Halte mir die Kinder vom Hals!“

Gastbeitrag Lehrer Arne Ulbricht über das Familienleben in Corona-Zeiten.

 Arne Ulbricht und sein Sohn beim Tae-Kwon-Do-Training im heimischen Garten.

Arne Ulbricht und sein Sohn beim Tae-Kwon-Do-Training im heimischen Garten.

Foto: ja/ulbricht

Am Ostermontag befanden wir uns exakt vier Wochen in Quasiquarantäne. Ganz so friedlich wie bei den Kindern aus Bullerbü war es dann doch nicht gewesen.

„Du kannst doch nicht den ganzen Tag vor dem Computer abhängen!“ Den Spruch musste sich einige Male mein Sohn anhören. Aber es hat auch etwas genützt. Denn er hat sich protestlos zwangsverpflichten lassen, Bücher zu lesen, und auch zum Kochdienst mussten wir ihn nicht groß überreden. „Das bringt ja sogar Spaß“, stellte er ziemlich schnell fest. So gab es nicht jeden Tag wie bei Papa Spaghetti, sondern aufwändig zubereitete Dampfnudeln, selbstgemachte Spätzle und frisch belegte Pizza.

„Du musst dich halt sinnvoll beschäftigen!“ Diesen Spruch musste sich wiederum meine Tochter hin und wieder anhören, wenn sie uns ihre Langeweile spüren ließ. Und siehe da: Sie nähte sich eigene Kleider, übte nach Anleitung zeichnen und trainierte an einer improvisierten Ballettstange.

„Du musst mir heute Nachmittag die Kinder vom Hals halten!“ Und diesen Spruch musste ich mir anhören, wenn meine Frau an wichtigen Videokonferenzen teilnahm. „Die Kinder vom Hals halten“ war früher liebevoll gemeint und bedeutete nichts anderes, als dass ich eben der Zuständige war für Arztbesuche und das Nachmittagsprogramm inklusive täglicher Telefonate mit irgendwelchen Müttern, mit deren Kindern sich unser Sohn oder unsere Tochter verabreden wollten. Inzwischen sind die beiden zwölf und 16, und meine Frau meinte eigentlich bloß: Achte darauf, dass die beiden nicht ins Wohnzimmer rein platzen.

Und dann gab es auch diese Momente, in denen die Corona-Zeit die Familie wirklich näher hat zusammenrücken lassen. Vater und Sohn, wenn sie gemeinsam im Garten Tae-Kwon-Do trainiert haben. Vater und Tochter, wenn sie gepokert haben. Vater, Sohn und Tochter, wenn sie spazieren gegangen und auf Bäume geklettert sind. (Ja, wir sind wirklich auf Bäume geklettert!) Mutter und Sohn, wenn sie Rezepte ausgesucht haben. Mutter und Tochter, wenn sie gemeinsam am Wochenende gebacken haben. Die ganze Familie, wenn sie im Garten saß und Rummikub gespielt hat. Und deshalb denke ich trotz einiger Reibereien: Unser Plan, Corona-Zeit in Familienzeit zu verwandeln, ist im Großen und Ganzen aufgegangen. Und dass ich mich wieder auf ein gewisses Maß an Normalität freue, ändert daran nichts.

»Arne Ulbricht liest auf seinem neuen YouTube-Kanal gegen die Krise und vor allem aus seinem neuen Buch „Luna“. Zu sehen sind seine Lesungen unter