Kundgebung Wuppertaler Mitarbeiter kämpfen um ihren Stern

Wuppertal · Mehr als 200 Beschäftigte der Mercedes-Benz-Niederlassung Wuppertal/Solingen nehmen an Kundgebung in Düsseldorf teil.

Deutschlandweite Aktion: Auch die Mitarbeiter aus Wuppertal machten sich auf den Weg zur Kundgebung nach Düsseldorf.

Foto: Andreas Fischer

Marc Kinzinger wuchtet eine Kiste mit Brötchen in den Kofferraum, sein Kollege schleppt Kartons mit Getränken. Der Vorplatz füllt sich mit Menschen, rote Regencapes, Schals und Fahnen werden verteilt. Drei Reisebusse fahren auf dem Gelände der Mercedes-Benz-Niederlassung an der Varresbecker Straße vor. Doch die rund 200 Mitarbeiter, die einsteigen, machen sich nicht auf den Weg zu einem Betriebsausflug, sondern zur Kundgebung der (IG) Metall nach Düsseldorf. Mercedes-Benz will deutschlandweit sämtliche konzerneigenen Niederlassungen veräußern. Von Schließungen ist nicht die Rede, die Standorte sollen an externe Händler verkauft werden. Das Problem: Die meisten Mitarbeiter werden nach Tarif bezahlt. Dieser stünde bei einem Arbeitgeberwechsel auf der Kippe.

Tarifliche Bestandteile sollen bei Übernahme gesichert werden

Mitte März hatte der Konzern seine Mitarbeiter davon in Kenntnis gesetzt, keine eigenen Niederlassungen mehr führen zu wollen, sondern an Privatunternehmen zu verkaufen. „Die Solidarität und das Gemeinschaftsgefühl unter den Mitarbeitern habe ich so noch nie erlebt“, sagt Marc Kinzinger, Vorsitzender des Betriebsrats der Niederlassung Wuppertal/Solingen. „Wir haben uns nie als eine große Familie empfunden, aber das hat sich nun geändert.“ Bei der deutschlandweiten Aktion der IG Metall versammelten sich am gestrigen Dienstag die Mitarbeiter an sechs Standorten, neben dem Mercedes-Benz-Werk in Düsseldorf auch in Stuttgart, Berlin, Bremen, Rastatt und Sindelfingen.

Mercedes betreibt Autohäuser und Servicestellen an 80 Standorten in Deutschland mit 8000 Beschäftigten. Doch Kundendienst, Verkauf, Werkstätten, auch die Produktion standen heute weitgehend still. „Wir hatten mehrere Betriebsversammlungen, die jetzt aber nicht mehr weiterhelfen“, sagt Lars Beez, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper. Dass die konzerneigenen Autohäuser verkauft werden, sei durch, so Beez. Der Anspruch bestehe nun darin, die tariflichen Bestandteile zu übernehmen. Denn der Verkauf bringe die Gefahr mit sich, dass die Tarifbindung verschwinde, sagt Kinzinger. „Wir gehen davon aus, dass alle Mitarbeiter weiter hier tätig sein dürfen, aber unter welchen Bedingungen, ist nicht klar.“

Wie der Konzern kürzlich mitteilte, garantiere dieser für die tariflich angestellten Mitarbeiter eine Beschäftigung bis zum Jahr 2029, die Belegschaft soll dafür zum Teil auf Prämien verzichten. Der Verkauf einzelner Niederlassungen soll jedoch bereits ab dem kommenden Jahr beginnen. Ein Jahr lang müsse ein neuer Händler die geltenden Regelungen übernehmen. Investiert worden sei in den Standort Wuppertal schon länger nicht mehr. Dies gelte einerseits für das Gebäude, aber auch für die Digitalisierung. „Mittlerweile haben aber nicht nur die Mitarbeiter der Niederlassungen Zukunftsängste“, hebt der Betriebsratsvorsitzende hervor, die Ängste würden sich auch auf die Mitarbeiter der Mercedes-Benz AG, der Werke und der Logistikzentren auswirken.

Die Stimmen der Beschäftigten reichen von Ungewissheit bis Vertrauen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei völlig offen, „zu welchem Ergebnis wir kommen werden, das hängt von den Verhandlungen ab“, sagt ein Mitarbeiter des Wuppertaler Autohauses. „Ich hoffe, dass auch ein neuer Arbeitgeber den Anspruch hat, dass es seinen Mitarbeitern gutgeht“, äußert ein anderer. Während einige Kollegen an der Varresbecker Straße die Stellung halten, um Kundenanfragen zu beantworten, öffnen sich die Türen der Reisebusse. Bevor die rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsteigen, testen sie die verteilten Tröten und Trillerpfeifen. Funktioniert. Dann geht es nach Düsseldorf, um mit 2000 weiteren Kollegen zusammenkommen. Mit der Hoffnung, dass dieser Tag ein Schritt in eine gesicherte Zukunft sein könnte.