Nach Einsatz am Döppersberg Wuppertaler Polizei zeigt Hass-Kommentatoren an

Wuppertal · Im Netz kursierte ein Video, das zeigt, wie vier Polizisten am Döppersberg einen sehbehinderten Mann fixieren. Jetzt erstattet die Polizei Anzeigen gegen die Kommentatoren.

Polizeipräsident Markus Röhrl will bei beleidigenden oder drohenden Kommentaren die Quellen verfolgen.

Foto: Fischer, Andreas

Die Szene wurde von einer Frau gefilmt, vor der die Polizei glaubt, sie sei die Begleitung des Mannes gewesen, der sehbehindert sein soll. Das Video machte in Windeseile überall in Deutschland Karriere. Und es führte zu üblen Schmähungen der Polizei in den sozialen Netzwerken.

Einige der Kommentatoren haben dabei eine Grenze überschritten, die Wuppertals Polizeipräsident nicht mehr zu respektieren bereit ist. Markus Röhrl hat Anzeige erstattet. „Hurenpack“, „Alle an die Wand stellen“, und „verschissene, manipulierte Schweine“ musste Röhrl in Hass-Kommentaren lesen. „Die landeszentrale Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Cybercrime hat die Verfahren an sich gezogen“, sagt der Polizeipräsident. Derzeit würden die Identitäten der Kommentatoren festgestellt. Bei Entdeckung droht Ihnen reichlich Ungemach.

In Wuppertal laufen solche Anzeigen auch über den Schreibtisch von Wolf-Tilman Baumert. Der Staatsanwalt beobachtet seit geraumer Zeit steigende Fallzahlen. Und die Qualität der Beleidigungen scheint an Strafbarkeit zuzunehmen. Je nach Inhalt eines Hass-Kommentares sind empfindliche Geldstrafen möglich. „Da kann leicht ein Monatsgehalt weg sein“, erklärt Baumert. Es wiege schon schwer, plötzlich seine Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können. Noch schwerer wiegt allerdings, seine Freiheit zu verlieren.

Wer alle Grenzen sprengt, wer Amtsträger oder auch Polizisten schwer beleidigt oder bedroht, dem stellt die Justiz im Extremfall eine Rechnung aus, die er nur noch mit einem Jahr Gefängnis begleichen kann. Mit derart drakonischen Strafen will der Staat seine Bürger warnen und vor sich selbst schützen. Aber die Warnung scheint nicht bei jedem Adressaten anzukommen. Anders ist nicht zu erklären, dass die Polizei auf ihren Social-Media-Kanälen immer wieder Kommentare findet, die mehr anrichten, als nur unter die Gürtellinie zu gehen.

Obendrein ruft die Behörde Bürger dazu auf, sogenannte Postings zu melden. Ihr geht es darum, die Grenze zwischen Meinungsfreiheit wie sie im Grundgesetz steht und dem Ausdruck von strafrechtlich relevanten Hass-Aussagen zu verdeutlichen. „Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen aus ihrer Anonymität geholt werden“, sagt Polizeipräsident Röhrl. „Wir müssen ihnen klarmachen, dass es sich nicht um flapsige Stammtischsprüche handelt, sondern schlichtweg um Hass-Kriminalität.“ Enthielten Kommentare Beleidigungen oder Drohungen, dann würden die Quellen verfolgt. Diskutiert wird mit den Tätern nicht. „Das hat keinen Sinn. Beleidigungen und Gewaltandrohungen ersticken jede Form des Dialogs im Keim“, sagt Röhrl.

Die Polizei unter Beobachtung: Fast jeder Einsatz wird gefilmt

Die Polizei arbeitet heute mehr denn je unter Beobachtung. Beinahe jeder Einsatz landet in irgendeinem Handy-Video und dann im Internet. Das ist grundsätzlich nicht einfach für die Beamten, wird aber umso schwieriger, weil nur Ausschnitte von Einsätzen gezeigt und kommentiert werden. Mangels Gelegenheit, vielleicht auch mangels Interesse werden Vorgeschichten solcher Situationen nicht aufgezeichnet und transportiert. Röhrl vermutet, dass es einigen dabei nicht mehr um Kritik geht, sondern um die pauschale Abwertung der Polizei. Die Folge ist, dass Polizisten im Einsatz häufiger als in der Vergangenheit beschimpft und bedroht werden. Auch dagegen will sich der Behördenleiter mit seinem Kampf gegen Hass-Kommentare zur Wehr setzen.

Die zunehmend häufig schlechte Stimmung auf der Straße gegenüber Einsatzkräften prallt an den Menschen in den Uniformen nicht spurlos ab. „Das kann, ganz unabhängig vom Alter der Kolleginnen und Kollegen, sehr belastend sein“, sagt Röhrl. Natürlich würden die Beamten im Umgang mit Kritik geschult. Doch im Internet quasi an den Pranger gestellt zu werden, sei etwas anderes.

Die Behörde reagiert darauf unter anderem damit, dass Seelsorger für Gespräche zur Verfügung stehen. Außerdem ist Wuppertal seit August eines von zwei Präsidien in NRW, in denen eine Beauftragte speziell für Polizisten da ist, die Opfer von physischer und psychischer Gewalt geworden sind.