Wuppertaler Schulzeit Wuppertaler Schüler erleben Palästina

Die Jugendlichen haben im Rahmen eines Austauschs mit Dura im Westjordanland erstmals auch Jerusalem besichtigt.

Die Wuppertaler Schüler mit ihren palästinensischen Gastgebern in Hebron.

Foto: Ulrich Klan

Besonders, ja brisant mag der Schüleraustausch anmuten, zu dem Mitglieder zweier Wuppertaler Schulen zuletzt unterwegs waren: Schüler der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule und des Johannes-Rau-Gymnasiums waren für gut eine Woche in der Stadt Dura in der palästinensischen Westbank. Doch bei aller Ausnahmestellung dieses Gebiets unter israelischer Militärverwaltung standen nicht Konflikte im Fokus, sondern Alltag und Begegnung.

Ulrich Klan, Lehrer an der „Else“ und Vorsitzender der Armin-T.-Wegner-Gesellschaft, war nicht nur bei der Reise dabei, er war auch immer treibende Kraft hinter dem Austausch. Dass einst gerade diese Stadt für die Partnerschaft erkoren wurde, hatte für ihn gerade nicht-politische Gründe: „Die Bürger von Dura sind Pragmatiker. Viele sind Geschäftsleute, und sie wollen gut leben.“ Gutes Anzeichen dafür ist für Klan gerade ihr Einsatz für die Schule: „Die Menschen haben nicht Nationalismus bedient, sondern die Bildung.“ Hinzu komme eine in Dura weithin beliebte Adresse, die für ganz anderes steht als Politik: ein Fußballstadion.

Klan hat Verständnis dafür, dass im Westjordanland angesichts der israelischen Präsenz Unmut herrscht. Auch hier klingt die Haltung von Duras Menschen eher lebensklug als aggressiv: „Sie bewahren Geduld und Ruhe.“ Dass die Lebensbedingungen nicht einfach sind, muss für die Wuppertaler Schüler jedenfalls unübersehbar gewesen sein: Eine acht Meter hohe Mauer geht demnach mitten durch das Gebiet.

Schon lange existiert ein Austausch mit einer israelischen Kommune – Wuppertals Partnerstadt Beer Sheva: 1977 war Wuppertal die erste deutsche Stadt überhaupt, die sich auf diese Weise mit einer israelischen verband. Was auf Schulebene inzwischen auch Richtung Palästina funktioniert, wünscht sich die Wegner-Gesellschaft derzeit ebenso auf Stadtebene: eine Partnerschaft Wuppertal–Dura. Nun ist vor dem Hintergrund der deutschen Verbrechen der Charakter solch einer Verbindung gewiss ein ganz anderer, und die Analogie scheint nicht unbedingt selbstverständlich. Klan und seine Mitstreiter argumentieren aber auch mit Else Lasker-Schüler, Namensgeberin der Gesamtschule, diesjährige Jubilarin und nicht zuletzt Jüdin: „Ihr Name steht für klare Absage an Hass, Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindschaft.“

Nach einem ersten Besuch im Oktober 2017 war es nun das zweite Mal, dass Wuppertaler Schüler Dura einen Besuch abstatteten. Einige waren bei beiden Fahrten dabei, für andere war es neu. Neu für alle war ein großer Schritt, der beim ersten Aufenthalt nicht möglich war: Die diesjährige Delegation gelangte auch nach Jerusalem. 2017 hatten die israelischen Behörden noch die Genehmigung verweigert, von der Westbank aus ins Land zu kommen. Als es nun geklappt hatte, kam auch Armin T. Wegner ins Spiel, dem die Völkerverständigung immer ein großes Anliegen war: Ein Text des Schriftstellers von 1929 begleitete die Jugendlichen und ihre Lehrer vor Ort. Unter dem Titel „Ich gehe durch Jerusalem“ hatte dieser geschrieben: „Diese Stadt ist nicht still, dunkel und alt. Sie ist bitter und verworfen, und lüstern, sich selbst mit Blut zu beflecken – ein unheiliger Steinbruch. … Hass, Rache und Neid wohnen in ihr.“

Diese literarische Erinnerung deckt sich freilich nicht mit den frischen Erfahrungen der Wuppertaler. Überhaupt spielten Konflikte im April wohl nicht die Hauptrolle: Die Tage im Nahen Osten hatten demnach viel gemeinsam mit Austauschprojekten, wie sie Schulen überall betreiben – vom Wohnen bei Gastfamilien bis hin zum Gegenbesuch, der sich in Wuppertal schon nach dem ersten Besuch 2017 angeschlossen hatte. Ein Ziel der hiesigen Schüler damals mit ihren palästinensischen Gästen, natürlich: Dortmund, genauer: das BVB-Stadion.

Ein wenig an politischem Ertrag scheint es bei der aktuellen Reise aber nicht zuletzt für die Schüler aus Dura selbst gegeben zu haben: Wie Ulrich Klan erzählt, war das schwer erreichbare Jerusalem auch für sie eine Entdeckung mit Erkenntniswert. „Die haben zum ersten Mal ganz normale Israelis gesehen.“ Insgesamt sicher einmal entspannte Nachrichten aus einer Weltgegend, die allzu oft eher bedrohliche Schlagzeilen produziert.