Stadthalle Silvesterkonzert animiert zum Schunkeln

Wuppertal · Dirigent Franz Lamprecht und die Musiker aus St. Petersburg brannten ein Feuerwerk ab.

Die Russische Kammerphilharmonie St. Petersburg brachte die Zuhörer unter Dirigent Franz Lamprecht vorzeitig in Silvester-Stimmung.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Sich am Jahresende locker machen – das konnten die gut 700 Gäste, die zum Silvesterkonzert in die Stadthalle strömten. Das ehrfürchtige Lauschen, das bei Klassik-Konzerten immer noch üblich ist, war nicht gefragt. Es hätte auch kaum zum Programm gepasst, das Ohrwürmer von Johann Strauß bis Franz Lehár versammelte. Und schon gar nicht zum munteren Spiel der Kammerphilharmonie St. Petersburg, die vom Düsseldorfer Franz Lamprecht geleitet wurde.

Transparent und auf den Punkt gestalteten der Dirigent und sein russisches Ensemble die „Fledermaus-Quadrille“, in der Strauß seine Operette in wenigen Minuten Revue passieren lässt. Das Zusammenspiel der Melodien mit dem Lichterglanz des Großen Saals versetzte das Publikum hörbar in gute Laune.

Diese nahm Lamprecht geschickt auf und animierte zum Mitsummen und -singen. Tüchtig mitgepfiffen wurde der Refrain von „Wiener Praterleben“, mit dem Siegfried Translateur vor rund 100 Jahren – ausgerechnet in Berlin – Furore machte. Für Emile Waldteufels „Estudiantina“ wünschte sich der Dirigent ein temperamentvolles Finale. Seine Zuhörer taten ihm den Gefallen und schlossen den spanisch gefärbten Walzer mit dem Ruf „Olé!“ ab.

Bei „Mit Dampf“, einer Polka zum Thema Eisenbahn, ging das Orchester in die Vollen. Die Komposition von Johanns Bruder Eduard Strauß gab den beiden Schlagzeugern die Gelegenheit, eine gewaltige Glocke zu läuten und in eine Signalpfeife zu blasen. Die harmonischen und rhythmischen Finessen traten dabei allerdings in den Hintergrund.

Lautmalerei gelingt
auch mit leiseren Tönen

Dass die Kammerphilharmonie die leisen Töne durchaus beherrscht, zeigte sie mit „Plink, Plank, Plunk!“ von Leroy Anderson, den man als Schöpfer der „Typewriter“-Melodie kennt. Der lautmalerische Titel sagte es bereits: Hier spielten die Streicher zusammen – und obendrein nur pizzicato. Es ging also auch ohne Pauken und Klangeffekte und war dennoch eine runde Sache.

Über zarten melodischen Schmelz verfügte die Stimme von Michael Siemon, der schon vor zwei Jahren als Gesangssolist beim Silvesterkonzert dabei war. Zugleich sang er so kraftvoll, dass sein Tenor ohne Anstrengung über den Orchesterstimmen thronte. Seine Visitenkarte gab er mit Lehárs „Liebste, glaub an mich“ ab. Er traf die Stimmung des Abends, wenn er in Kálmáns „Zwei Märchenaugen“ vorschlug, das Leben „durchs Champagnerglas“ zu betrachten. In „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst“ nahm er die Höhen so leicht, dass ihm rauschender Applaus und Jubelrufe sicher waren.

Bergisches Heimatlied und der Radetzky-Marsch zum Abschluss

Auch darstellerisch überzeugte Siemon, der seit 2012 an den Bühnen von Krefeld und Mönchengladbach engagiert ist. Seinen Vortrag untermalte er mit prägnanten Gesten – und wenn er seine Arme ausbreitete, nahm man ihm ab, dass er den ganzen Saal umarmen wollte. Ganz in seinem Element war er bei „Als flotter Geist“, einem der Gassenhauer des „Zigeunerbarons“. Aus der vokalen Tour de force machte er ein Vergnügen, und seine Zuhörer sangen unbekümmert mit und schunkelten.

Mit dem vom Publikumschor gesungenen „Bergischen Heimatlied“ war noch lange nicht Schluss. Nach minutenlangem Applaus kehrte Siemon für eine Zugabe auf die Bühne zurück. Dirigent Lamprecht brachte jeden im Saal zum Mitklatschen, als seine Musiker mit dem „Radetzky-Marsch“ loslegten. Eine bessere Einstimmung auf die Fernsehübertragung des Wiener Neujahrskonzerts kann man sich wohl nicht vorstellen.