Große Wäsche Wuppertalerin berichtet von ihrer Kindheit an der Hünefeldstraße – Teil 3

Wuppertal · Ein abenteuerliches Freudenfest.

Das Spielzeugmodell einer Wassermotorwaschmaschine, ohne Kolben, aber mit Wringmaschine.

Foto: Barbara Remmel-Gortat

Junge Leute wird dieses Thema verwundern, ist es doch heute sehr einfach, die Wäsche zu waschen und zu trocknen, innerhalb weniger Stunden. Und mit Pampers ist das mit Babys und Kleinkindern überhaupt kein Thema.

Anfang der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts war das Waschen für Familien ein sehr anstrengender Kraftakt, denn es gab keine elektrischen Waschmaschinen, und wir kleinen Mädchen spielten oft „Große Wäsche“ mit unseren Puppenkleidern. Damals gab es noch keine Antibabypille und die Familien hatten fast alle mindestens drei Kinder.

Barbara Remmel-Gortat .

Foto: Anna Schwartz/ANNA SCHWARTZ

Für uns Kinder war die Große Wäsche ein abenteuerliches Freudenfest. In unserem Mietshaus an der Hünefeldstraße befand sich im Keller die sogenannte Waschküche. Man konnte sie über die Kellertreppe erreichen. Es war ein großer, düsterer Kellerraum, mit einem kleinen Fenster und ein paar Stufen zur Außentür, die zum Hof führte, an der Decke baumelte eine Funzel zur Beleuchtung.

Da in unserem Haus mindestens sechs Familien wohnten, konnte man etwa nur alle vier Wochen waschen. Dementsprechend wurden dann die Betten abgezogen und alles an Weiß- und sogenannter Leibwäsche gesammelt und in Wäschekörben von unserer ersten Etage in die Waschküche verfrachtet. Da mein Papa noch arbeitslos war, konnte er Mama tatkräftig unterstützen.

In der Waschküche befand sich ein großer, gemauerter Kessel, der mit Kohle und Briketts beheizt wurde. An den Wänden der Waschküche befanden sich mehrere Wasseranschlüsse mit Gummischläuchen, was für uns Kinder im Sommer natürlich großartig war. Der Waschkessel wurde nun mithilfe eines Wasserschlauchs befüllt. Mama bereitete eine Waschlauge zum Einweichen der Schmutzwäsche mit Soda und „Henko“-Einweichpulver zu. Die Wäsche blieb über Nacht darin.

Am nächsten Morgen wurde das Schmutzwasser mithilfe eines Wasserhahns, der am Kessel angebracht war, abgelassen. Die Lauge floss über den Kellerboden in einen Abfluss und wir Kinder hatten in Gummistiefeln unseren Spaß.

Inzwischen hatte Papa das Feuer unterm Kessel entfacht und es wurde frisches Wasser auf die eingeweichte Wäsche eingelassen. Neues Waschpulver „Wipp“ kam darein und die Wäsche wurde so stark erhitzt, bis sie fast kochte. Daher sagt man heute noch zu Weißwäsche Kochwäsche. Ab und an wurde die Wäsche dann im Kessel mithilfe einer großen Holzwäschezange gewendet. Sehr stark verschmutzte Wäsche wurde mit Waschbrett und Wurzelbürste bearbeitet.

Im Waschkeller befanden sich diverse Zinkwannen und Bottiche, die allen Familien zur Verfügung standen. In diese Wannen ließ Papa inzwischen kaltes Wasser zum Aufspülen hinein. Papa und Mama klatschten die nasse Wäsche aus dem Waschkessel in die mit kaltem Wasser gefüllten Wannen und sie wurde hin und her bewegt, im Sommer durften wir ein bisschen mithelfen. Zum Schluss kam die Wäsche dann noch mal in eine Wanne mit frischem Wasser und wurde weiter aufgespült, bis das Wasser klar war, keine Seifenreste mehr vorhanden waren. Es war eine kräftezehrende Arbeit, aber meine Eltern haben mit uns Kindern viel gelacht!

Dann kam der anstrengendste Teil! Jedes einzelne Wäschestück wurde ausgewrungen und kam in die Wäschemangel. Das war ein Holzgestell mit zwei Gummiwalzen, die man mithilfe einer schweren, gusseisernen Kurbel auseinanderziehen und zusammenpressen konnte. Das Wäschestück wurde gefaltet zwischen die Walzen gelegt und durch Drehen der Kurbel gepresst, sodass das Wasser herausgedrückt wurde. Das war körperlich sehr anstrengend. Mein Bruder und ich durften manchmal unsere Unterwäsche durch die Mangel drehen. Ich hatte immer Angst, mir die Finger zu klemmen.

Wenn die gewaschene Wäsche nun ausgewrungen war, kam sie in den Wäschekorb und wurde bei schönem Wetter draußen auf dem Hof hinter dem Haus getrocknet. Dort war ein größeres Rasenstück eingezäunt und dadurch vom Hof abgetrennt. Darauf standen Eisenstangen mit Haken, an denen jede Hausfrau in ihrer Waschwoche ihre Wäscheleine befestigen und ihre Wäsche aufhängen konnte.

Bei schlechtem Wetter kam die Wäsche auf den „Oller“

Wir Kinder durften auf dem Rasen nicht spielen, damit die Wäsche nicht beschmutzt wurde. Aber wir hatten bis zu dem Hinterhaus auf dem Hof, in dem sich im Parterre noch ein kleiner Handwerksbetrieb befand, noch ausreichend Platz zum Spielen. Rechts und links befanden sich Ziegelmauern zu den Nachbargrundstücken, sodass wir relativ geschützt waren. Ich habe mich da immer geborgen gefühlt. Oft spielten mein Bruder und ich da, bis unser Papa uns zum alltäglichen Spaziergang abholte. Er klatschte dann in die Hände und wir kamen angelaufen. Das haben die anderen Kinder natürlich mitbekommen und auch geklatscht. So haben sie uns öfter mit Gejohle veräppelt.

Bei schlechtem Wetter und im Winter musste die ausgewrungene Wäsche auf den Speicher gebracht werden, der in Wuppertal „Oller“ genannt wird. Die nasse Wäsche musste aus dem Keller durch das gesamte Treppenhaus geschleppt werden. Das waren vier Etagen! Die Ollertreppe dann war nur eine schmale Stiege. An den schrägen Wänden waren Leinen gespannt und dort konnte man die Wäsche dann aufhängen. Als kleines Kind bin ich mal mit lautem Geschrei diese Stiege runtergefallen und bis ins Parterre gepurzelt. Zum Glück ist mir nichts weiter passiert.

Die beschriebenen Waschgänge mussten für die Buntwäsche wiederholt werden, die natürlich nicht gekocht wurde. Insofern brauchte man fast die ganze Woche, bis alles erledigt war.

Eine kleine Erleichterung waren dann die Wassermotorwaschmaschinen, vor denen wir Kinder großen Respekt hatten. Sie bestand aus einem Holzbottich, der auf vier gusseisernen Füßen stand. Er wurde mit einem schweren Holzdeckel verschlossen. An der Innenseite des Deckels befanden sich vier bewegliche Holzstäbe. Damit wurde die Wäsche mit Wasserkraft hin- und her bewegt. Oben auf dem Deckel war ein mächtiger Kolben aus Messing, der einen Wasseranschluss hatte. Er war mit den Holzstäben auf der Innenseite des Deckels verbunden. Oben wurde der Wasserschlauch befestigt und das Wasser bewegte den Kolben in der Messingummantelung. Das war kompliziert und verbrauchte sehr viel Wasser. War der Wasserdruck zu niedrig, bewegten sich die Holzstäbe nicht, war der Wasserdruck zu hoch, bewegte sich der Kolben mit einem Höllenlärm. Mein Bruder und ich hatten schreckliche Angst vor der Maschine. Manchmal verhedderte sich die Wäsche innen mit dem „Rührwerk“. Dann blieb der Kolben mit einem schrecklichen, stampfenden Geräusch stehen. Davor hatten wir am meisten Angst, auch Mama. Wir haben diese Maschine nicht oft benutzt. Sie gehörte zur Hausgemeinschaft. Heute kann man in manchen Gärten diese Wassermotormaschinen als Dekoration bewundern, vor allem auf dem Lande.

Wenn dann samstags alles gewaschen und getrocknet war, kam das Schönste: Es wurde gebadet. Papa befeuerte noch mal den Waschkessel, und das heiße Wasser wurde mit Eimern und Kannen in die große Zinkwanne gefüllt. Mein Bruder und ich haben im Wasser geplanscht, bis das Wasser kalt und die Hände schrumpelig wurden. Anschließend wurde frisches Wasser eingefüllt und nacheinander badeten Mama und Papa. So machten es dann in der nächsten Woche die Nachbarn, denn es hatte niemand ein Badezimmer.

Ansonsten gingen wir oft ins Kurbad zum Baden und Planschen, was sich auf der Friedrich-Engels-Allee am Loh befand. Das war auch immer ein Riesenspaß.