Zehn Euro pro Stunde Wuppertals Politiker bekommen mehr Geld
Wuppertal · Der Stadtrat hat beschlossen, dass Ratsmitgliedern und Bezirksvertretern für Verdienstausfall und Kinderbetreuungskosten mindestens zehn Euro pro Stunde bezahlt werden.
Nach knapp acht Stunden und zahllosen Entscheidungen war die Ratssitzung am 25. Februar wenige Minuten vor Mitternacht beendet. Eine der Entscheidungen betraf die Ratsmitglieder selbst. Sie beschlossen, dass sie künftig pro Stunde Verdienstausfall mindestens zehn Euro, maximal aber 80 Euro pro Tag erhalten. Denselben Stundensatz gibt es für Kinderbetreuungskosten.
In Wuppertal sind gut 300 Frauen und Männer als Mandatsträger in der Kommunalpolitik aktiv. Dazu gehören die Ratsmitglieder, abgesehen vom bezahlten Oberbürgermeister ebenso wie die 150 Bezirksvertreter und die etwa 100 Sachkundigen Bürger. Insgesamt lässt sich die Stadt ihre Kommunalpolitik knapp drei Millionen Euro im Jahr kosten. Das sind 0,04 Prozent des Gesamtetats von etwa 1,3 Milliarden Euro.
Dass die Bäume auf der untersten politischen Ebene finanziell nicht in den Himmel ragen, belegt ein Blick in den Haushaltsplan. Demnach erhalten Ratsmitglieder pro Monat pauschal eine Aufwandsentschädigung von 395,30 Euro. Hinzu kommt gegebenenfalls ein Sitzungsgeld von 20,30 Euro.
Wer über sein reines Mandat hinaus Aufgaben übernimmt, wird dafür auch bezahlt. So erhält der Vorsitzende einer Fraktion mit mehr als neun Mitgliedern pro Monat 1493,10 Euro, hat die Fraktion weniger als neun Mitglieder, gibt es 995,40 Euro.
Für die 150 Bezirksvertreter in Wuppertal greift die Stadt weniger tief in die Tasche. Ihre Monatspauschale beträgt bei Bezirken über 50 000 Einwohner pro Monat 238 Euro, ist der Stadtbezirk kleiner, sind es 208,40 Euro.
Während der 1. Vertreter des Oberbürgermeisters (Ursula Schulz, SPD) monatlich mit 1493,10 Euro entlohnt wird, bekommen der 2. und 3. Vertreter (Maria Schürmann, Bettina Brücher, Grüne) je 746,55 Euro.
Zum Vergleich: NRW-Landtagsabgeordnete erhalten pro Monat 9500 Euro brutto.
Guido Gehrenbeck ist fast 53 Jahre alt. Seit 2014 sitzt er für die SPD wieder in der Bezirksvertretung Uellendahl-Katernberg (BV). Wieder, weil er eigentlich kürzer treten wollte. Aber über die Liste rückte er denn doch wieder in die BV ein. Bereut hat er das nicht. „Man macht das ja auch gern“, sagt der Kraftwerkmeister.
Gehrenbeck empfindet sein Mandat als Ehrenamt. Die 238 Euro Aufwandsentschädigung, die er pro Monat dafür erhält, sind kein Antrieb, allenfalls eine Ankerkennung. Denn je nachdem, was politisch gerade im Stadtbezirk ansteht, beschäftigt Gehrenbeck sich bis zu 40 Stunden im Monat mit Politik. Drucksachen lesen, Sitzungen, Ortstermine und immer wieder Gespräche mit Bürgern füllen das Zeitkonto. Umgerechnet reicht die Entschädigung meistens nicht einmal für den Mindestlohn. Gehrenbeck beklagt sich nicht, im Gegenteil: „Ich mache das gern.“
Marathon-Sitzungen sollen
in Zukunft vermieden werden
Stadtdirektor und Kämmerer Johannes Slawig wacht gewissermaßen über die Aufwandsentschädigungen der Kommunalpolitiker und der Sachkundigen Bürger. „Was bezahlt wird, deckt den Aufwand bei weitem nicht ab“, sagt er. Das seien viele Stunden Arbeit, die da geleistet würden. „Das ist unterbezahlt“, findet Slawig. „Wenn man will, dass Leute sich in Städten und Gemeinden engagieren, dann dürfte meiner Meinung nach auch mehr bezahlt werden“, sagt der Kämmerer.
Aber selbst wenn die Stadt Wuppertal ihren ehrenamtlichen Politkern mehr bezahlen wollte, sie dürfte es nicht. Die Höhe von Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgeld und Verdienstausfall regelt die Entschädigungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in der aktualisierten Fassung vom 1. August 2017. Und darin sind als Sitzungsgeld für die Sachkundigen Bürger eben nur 35,70 Euro pro Sitzung vorgesehen, egal wie lange die Zusammenkunft dauert.
Fast acht Stunden wie im Fall der jüngsten Ratssitzung aber sollten es nach Ansicht von Rolf Köster besser nicht mehr sein. Der Christdemokrat und Jurist ist ein alter Fahrensmann in der Wuppertaler Kommunalpolitik, saß bereits für die FDP im Stadtrat und vertritt nun die Farben der CDU. Nach der Endlos-Sitzung vom 25. Februar sagte er: „Ich rege an, eine geeignete Strukturierung zu prüfen, die einem angemessenen Aufwand für die ehrenamtlichen Stadtverordneten entspricht.“ Nun sollen Vorschläge erarbeitet werden, die Marathon-Sitzungen verhindern helfen. Offen gesagt, Seite 14