Wuppertals Spitzensport ist auf dem Rückzug
Nur noch die Handballer und Schwimmer halten derzeit in Wuppertal das Fähnlein des Spitzensports hoch.
Wuppertal. An lediglich 15.000 Euro scheiterte vor zwei Wochen die Fortführung des auf die 1. Liga ausgerichteten Volleyballs in Wuppertal. Unter anderem mit Etatproblemen und zu geringem Interesse hatte auch das einst mit Weltrekordlern gespickte Wuppertaler Hochsprungmeeting zu kämpfen, das der Barmer TV Anfang des Jahres nach der 25. Auflage einstellte. Schon vor zehn Jahren waren die Wuppertaler Basketballerinnen schlagartig von der Bildfläche verschwunden. Ist Wuppertal tatsächlich keine Stadt mehr für den Spitzensport?
Der Bergische HC hat in dieser Saison geschafft, was zuletzt vor mehr als zehn Jahren den Vorgängern LTV und SG Solingen gelungen war: 1. Liga zu spielen. Mit einem Etat von mehr als zwei Millionen Euro gehört er zu den Kleinen in der Liga. Auch wenn in diesem Jahr der Klassenerhalt kaum mehr zu schaffen ist, will man sich mittelfristig in der 1. Liga etablieren. Durch kontinuierliche Aufbauarbeit und gute Leistungen ist es gelungen, auch in Wuppertal die Begeisterung zu wecken, die vorher vorwiegend die Solinger Fans gezeigt hatten. Handicap bleiben die zu kleinen Hallen. Mit im Schnitt 2700 Zuschauern waren Uni-Halle und Klingenhalle zu 90 Prozent ausgelastet. Einen nur kurzen Ausflug in Liga eins unternahmen die Handballerinnen des TV Beyeröhde. Sportlich wie finanziell war dies eine Nummer zu groß. So ist man nun bemüht, sich in der Dritten Liga zu konsolidieren.
Von einstigen Bundesligazeiten kann der WSV nur noch träumen, ist mittlerweile in Liga vier angekommen. Gab es Anfang 2008, als der WSV in der Dritten Liga Tabellenführer war und vor 60.000 Zuschauern auf Schalke im Pokal Bayern München ein tolles Spiel lieferte (2:5), noch eine Euphorie, hat sich der seit 20 Jahren von Präsident Friedhelm Runge geführte Verein sportlich wie abseits des Platzes in den Keller gewirtschaftet. Stadionausbaupläne ließen sich nicht realisieren, Fans und mögliche Unterstützer wurden durch schwache Leistungen und die Vereinspolitik vergrault. Mit Trainer Hans-Günter Bruns soll sportliche Kontinuität Einzug halten, der Etat sinkt aber vorerst weiter, von Runge erbetene Hilfe von außen kommt bisher nicht.
Von glorreichen Abendsportfesten im Stadion am Zoo, als BTV-Sportler noch bundesweit für Furore sorgten, ist nur die Erinnerung geblieben. Leistungsorientierung gibt es nur noch im Jugendbereich, wo Trainer Thomas Ediger als Enthusiast unter dem Dach des WSV eine leistungswillige Gruppe um sich geschart hat. Im Schülerbereich kann er national bescheidene Erfolge feiern, im Seniorenbereich sind diese vorerst nicht zu erhoffen. Als Hemmschuh erweisen sich auch fehlende Anlagen. Im Großverein BTV setzt man längst auf Breitensport.
Seine eigene Welt scheint der RSC Cronenberg gefunden zu haben. Das Bayern München des Rollhockeys hält sich seit zwei Jahrzehnten national auf ganz hohem Niveau, dank Präsident Peter Stroucken, einer familiären Atmosphäre, aber auch Innovationen, die Trainer Sven Steup hineinbringt. Nun ist Rollhockey eine Randsportart, der Etat geringer als der so manches Fußball-Landesligisten. Damit in Europa zu spielen und Welt- und Europameisterschaften auszurichten, verdient größten Respekt.
„Erfolge gerne, aber nicht so wie früher“, berichtet BTV-Schatzmeisterin Barbara Obrig über die Stimmung im Verein. Die Mitglieder sind nicht bereit, unbegrenzt in leistungsorientierten Basketball zu investieren. Mit „damals“ ist die glorreiche Zeit der BTV-Basketballerinnen gemeint, die fast zwei Jahrzehnte die Szene beherrschten, sich aber zu Tode siegten. Zum Teil nur noch 50 Zuschauer sahen die Bundesliga-Spiele. In früheren Jahren hatten Spitzenspiele gegen Agon, Berlin oder München die Hallen gefüllt. Das finanzielle Risiko hatte der BTV an eine Betriebsgesellschaft abgegeben. Als Hauptsponsor Goldzack 2002 ausstieg, war alles vorbei. „Heute bin ich froh, wenn ich von einem Sponsor 1000 Euro für den Förderverein erhalte“, sagt Obrig. Der VSTV bekam für seine Basketball-Damen 40.000 Euro nicht zusammen, um den sportlich erreichten Aufstieg in die 2. Liga zu finanzieren.
So sehr wie der SV Bayer mit der Verlegung der Bundesliga-Mannschaft nach Wuppertal Anfang der 90er Jahre die Flamme des Spitzenvolleyballs entfacht hatte — die Duelle gegen Friedrichshafen waren bundesweit ein Klassiker — so blies Bayer diese auch wieder aus, als man sich 2008 ganz vom Profibereich trennte. Thorsten Westhoff, der vorwiegend mit eigenen Mitteln das Team übernahm, konnte den Etat und auch die Zuschauerzahlen nicht so steigern, dass die Titans als Nachfolger in der 1. Liga konkurrenzfähig gewesen wären.
Die einzige Ausnahme bei der Maxime, Geld nur noch in den Breitensport zu investieren, macht der SV Bayer Wuppertal heute noch bei seiner Schwimm- Abteilung. Hier gab es zwar eine Abkehr von der Praxis, Stars wie Thomas Rupprath oder Antje Buschschulte als Leitfiguren „einzukaufen“, auf Medaillengewinner ist man aber immer noch angewiesen, um Stützpunkt-Förderungen zu erhalten. Dass Wuppertal nicht mehr Bundesstützpunkt ist, war ein Rückschritt. Die Nachwuchsarbeit ist aber weiter sehr leistungsorientiert, während Vereine wie die einst bundesweit beachteten Wasserfreunde ihr Spitzensport-Engagement aus finanziellen Gründen aufgeben mussten, beziehungsweise mit Bayer kooperieren. So darf Wuppertal noch als eine Schwimmhochburg gelten. Vor allem mit Christian vom Lehn und Sarah Poewe gibt es auch noch Aushängeschilder, mit Farshid Shami einen ehrgeizigen Trainer. Spannend dürfte aber sein, was nach Olympia passiert, denn auch Shami benötigt Unterstützung.
Respekt verdient auch die Arbeit, die am Beyenburger Stausee von den KSG-Kanuten geleistet wird. So gibt es noch eine erfolgreiche kleine Jugendabteilung, in der einige Athleten vom Förderkreis Leistungssport unterstützt werden, dessen Förderkriterien (nationale Kader) sonst vor allem Schwimmer erfüllen. Erinnerungen an die einstige Kanuhochburg mit Olympiateilnehmern wie den Brüdern Faust sind nur noch Nostalgie, daran ändern auch Erfolge der Drachenbootler wenig. Als Wettkampfstätte erfüllt der Stausee die Anforderungen längst nicht mehr.