Zeit des Erwachens

Wuppertal. Auf der Zielgeraden droht dem Döppersberg das Schicksal vieler Projekte der öffentlichen Hand: Was nicht passt, wird hingemurkst. Dabei ist es schlicht Pech, dass irgendwer zu lange auf das Knöpfchen mit dem Beton für den Busbahnhof gedrückt hat.

So etwas kann auch einem privaten Bauherren widerfahren.

Was es bei Privatleuten normalerweise nicht gibt, ist die Leichtigkeit, mit der in diesem Jahrhundertprojekt Weichen verstellt und Vorzeichen verändert werden. Dass es für das Gesamtbild des Areals zwischen Bahnhof, Bundesbahndirektion und Hotel Kaiserhof keine gute Idee war, den Klotz für Primark um 30 Meter Richtung Westen zu verschieben, wird offenbar, je höher der sogenannte Investorenkubus wird. Und er wird mit gut 20 Metern sehr hoch, viel höher als der Bahnhof.

Ebenso bemerkenswert ist das Schicksal des Radhauses mit „d“, das auf dem Platz entstehen soll, welcher durch die Westwanderung des Kubus’ freigeworden ist. Ob es gebaut wird, ist noch nicht ganz klar. Denn irgendwer bei den Stadtwerken mag hochgerechnet haben, wie viele Menschen an der vierspurigen Talachse mit dem Rad unterwegs sind. Und da 0 hoch 0 immer noch 0 ist, zogen sich die Stadtwerke von dem Projekt zurück.

Wer nun aber glaubt, dass Einsicht ansteckend ist, der irrt. Die Stadtverwaltung hält an ihrem Radhaus fest. Warum? Weil sie das Geld dafür hat. Und wenn die Stadtverwaltung Geld hat, dann juckt es sie in den Fingern. Das Konto mit den Stellplatzabgaben von Leuten, die Parkplätze bauen müssten, aber nicht wollen oder können, ist prall gefüllt. Nun wird ein Radhaus gebaut. Irgendein Verirrter wird seinen Drahtesel schon hineinstellen. Und weil dann noch ein bisschen Geld übrig ist, gibt es auch ein Pflaster für den Carnaper Platz. Bewirtschaftet wird er allerdings nicht, weil dann die Stadtwerker sauer wären, die dort heute kostenlos ihre Autos parken. Die offizielle Begründung lautet allerdings „Sorge davor, dass die Autos im angrenzenden Wohngebiet abgestellt“ werden. Dass Anwohnerparkzonen diesem Treiben ein Ende setzen können, scheint sich im Rathaus noch nicht herumgesprochen zu haben. Egal, sobald die Stadtwerke zum Clausen gezogen sind, steht der Platz an den meisten Tagen im Jahr ohnehin gähnend leer. Leider.

Doch die Posse um den Carnaper Platz ist nichts verglichen mit dem, was am Döppersberg geschieht. Das neue Zentrum soll ein Signal des Aufbruchs sein, es soll dokumentieren, dass Wuppertal Hauptstadt und Oberzentrum des Bergischen Landes ist und bleibt. Dass der „Investorenkubus“ an die Geschäftsbrücke über die B 7 herangerückt ist, nimmt dem Bahnhofsvorplatz schon jetzt großstädtische Weite. Da wäre es doch ganz schön, wenn sich Wuppertal mit dem Radhaus am überbetonierten Busbahnhof nicht auch noch lächerlich machte. Statt mit einem leerstehenden Fahrradhotel nahe einem bedauerlicherweise gut besuchten Drogencafé in unmittelbarer Nachbarschaft wäre dem Döppersberg mit einer Brücke zwischen Parkhausdeck und Kaiserhof gedient, die nicht aussieht, als wäre sie zum Sonderpreis von Rudis Resterampe gerfallen.

Noch ist es nicht zu spät für den Döppersberg. Aber die Damen und Herren im Rathaus müssen auf der Zielgeraden langsam aufwachen.