Interview Zertifikat frühreif und verdorben

Bei Poetry Slammer Jan Philipp Zymny hat sich seit seinem ersten Auftritt 2010 viel getan. Mittwochabend steht er in der Börse auf der Bühne.

Er hat viel Sinn für Absurdes und Skurriles: Beim Kabarett-Wettbewerb Prix Panthéon hat Jan Philipp Zymny mit sienen Texten die Jury überzeugt.

Foto: Harald Kirsch/Pantheon

Wuppertal. Jan Philipp Zymny ist 23 und hat gerade den Prix Pantheon in der Nachwuchs-Kategorie gewonnen. „Er kann mit Worten zaubern und mit Sätzen jonglieren“ und erschaffe „kleine Sprachkunstwerke“, lobte die Jury in ihrer Begründung. In der Poetry Slam-Szene gilt der Wuppertaler als Durchstarter. Mittlerweile weiß er auch, „welcher Unsinn wo am besten passt“.

Der Prix Pantheon ist ja ein Kabarettpreis. Du kommst eigentlich aus der Poetry Slam Ecke. Sind die Unterschiede groß?

Jan Philipp Zymny: Ich finde grundsätzlich nicht. Einen gibt es aber: das Publikum. Beim Kabarett ist es meist ein — ganz wertfrei — älteres Publikum, gesetzter. Beim Poetry Slam sind es hauptsächlich Studenten — es gibt aber natürlich auch dort ältere Semester.

Du hast 2010 mit Poetry Slams angefangen, inzwischen schreibst du auch Bücher und hast ein eigenes Soloprogramm „Bärenkatapult“. Wie hast du dich seit dem Anfang entwickelt?

Zymny: Ich habe jetzt ein besseres Gespür dafür, was in welche Veranstaltung passt. Das hat auch bei den Texten für den Prix Pantheon geholfen. Außerdem findet man immer mehr seinen eigenen Stil beim Vortragen und Schreiben — und den versucht man dann natürlich weiterzuentwickeln. Ich selbst mache ja viel mit absurden Sachen, Surrealem und mit Unsinn. Da habe ich auch gelernt: Wo passt welcher Unsinn besser?

Passiert diese Entwicklung von selbst oder bekommst du viele Anregungen von deinen Kollegen?

Zymny: Das Gespräch mit Kollegen ist für mich sehr wertvoll. Es ist auch super, wenn ich in andere Formate wie Kabarett oder Comedy komme. Da gibt es immer neue Impulse. Außerdem trete ich viel auf und schreibe viel. Da greift, glaube ich, dieser alte Spruch: „Übung macht den Meister“

Woher holst du Inspiration?

Zymny: Das sind zwei Dinge: Zum einen läuft man natürlich mit offenen Augen durch die Welt und sieht, was einem und um einen herum passiert. Für mich kommt zum anderen hinzu, dass ich mich schon immer für Themengebiete wie Physik oder Philosophie interessiere. Ich bin natürlich auch noch ein ziemlich junges Kerlchen, und da ist man sehr anfällig für philosophische Großfragen und Diskussionen in solchen Themenbereichen.

Kommen auch Ideen aus dem direkten Umfeld? Der Familie zum Beispiel?

Zymny: Ich mag es nicht, Leute in meinem direkten Umfeld durch die Texte auf die Bühne zu zerren. Das finde ich ein bisschen billig. Es gibt einen Text, der als Tagebucheintrag meiner Schwester daherkommt. Der Satz „Jan Philipp ist doof und ein Arsch“ steht als einziger wirklich im Tagebuch — der Rest ist erfunden.

Was macht dir mehr Spaß: Schreibtisch oder Bühne?

Zymny: Beides hat absolut seinen Reiz, aber es ist sehr unterschiedlich. Es gibt Zeiten, da genieße ich es wesentlich mehr, auf der Bühne zu stehen und direkt mit den Leuten zu arbeiten und welche, da sitze ich lieber zu Hause und denke mir etwas aus, schreibe und probiere Sachen aus. Das wechselt.

Was machst du, wenn du nicht schreibst oder auftrittst?

Zymny: Ich studiere Theaterwissenschaft, aber mein Fokus liegt auf Schreiben und Auftreten. Momentan läuft das auch so gut, dass ich wahrscheinlich einen großen Teil meines Lebens damit verbringen kann. Die Prioritäten haben sich verschoben. Anfangs war es mir noch sehr wichtig, den Abschluss zu machen, weil ich noch nicht einschätzen konnte, wie das andere weitergeht. Jetzt merke ich, dass es funktioniert, daher ist mir der Abschluss nicht mehr so wichtig. Ich studiere aber noch und lerne auch noch viel dazu - auch für mein Soloprogramm oder für Auftritte an sich.

Am Mittwoch stehst du in der Börse auf der Bühne. Ist es schön, mal wieder in der Heimatstadt aufzutreten?

Zymny: Es ist schon ein bisschen wie nach Hause kommen. Viele meiner ersten Auftritte waren in der Börse. Es ist schön, nach geraumer Zeit — man hat ja eine persönliche und künstlerische Entwicklung durchgemacht - zu sehen, wie die Leute jetzt auf einen reagieren.