Zeugnistelefon „Zeugnisse sind eine reale Bedrohung“

Freitag wird es ernst. Zeugnistelefon berät Eltern und Kinder.

Am Freitag wird es auch wieder ein paar Schüler und Eltern geben, die mit ihren Noten nicht zufrieden sind.

Foto: Ina Fassbender

Wuppertal. Wenn Freitag die Halbjahreszeugnisse verteilt werden, wird es an den Schulen nicht nur freudige Gesichter geben. „Zeugnisse sind eine reale Bedrohung“, sagt Prof. Petra Buchwald von der Bergischen Universität. Sie lehrt am Institut für Bildungsforschung in der School of Education. Schlechte Noten gefährdeten die schulische Karriere, könnten den Verlust der elterlichen Liebebedeuten und wenn man sitzenbleibe sogar zum Ausschluss aus der Peer-Group, erklärt Buchwald.

Selbst wenn es schwierig zu messen sei, belegen empirische Studien, dass Kinder in den vergangenen Jahren mehr Druck erleben. „Stress ist in aller Munde, das erreicht auch Kinder“, sagt Buchwald. Deshalb gebe es an der Bergischen Universität eine pädagogisch-psychologische Einheit, in dem die Lehramtsstudenten umfassend über die Phänomene von Stress informiert werden, so Buchwald.

In den Seminaren werde immer thematisiert, das Noten ein Instrument seien, um zu selektieren, aber nicht um Schüler zu disziplinieren. Viele Studierende kennen es noch aus der eigenen Schulzeit, dass Noten benutzt würden, um den Schüler zu größeren Leistungen anzuspornen. „Das, was Motivation erzeugen soll, führt aber zu Frustration und Stress“, sagt Buchwald.

Im Studium lernten die angehenden Lehrer, wie Noten adäquat genutzt werden, um das zu messen, was sie messen sollen. „Wenn Sie Noten vergeben, gibt es immer Verzerrungen, zum Beispiel wie reagiere ich auf Äußeres oder auf den sozialen Hintergrund eines Schülers“, erklärt Buchwald. Es könne aber auch Ausschlag gebend sein, ob ein Schüler schön schreibe oder nicht.

Deshalb gehe es darum, dass sich die Lehrer diese Effekte bewusst zu werden und vorher Kriterien zu erstellen, nach denen sie etwas bewerten. Buchwalds Tipp: „Dabei kann es auch helfen, Namen bei der Korrektur einer Klassenarbeit abzudecken.“ Eine andere Art, bei der Benotung objektiv zu bleiben, ist den gleichen Aufsatz in einer Parallelklasse zu schreiben und die Hefte für die Korrektur mit einer Kollegin zu tauschen.

Und trotz dieser Lehrmethoden wird es am Freitag auch wieder ein paar Schüler und Eltern geben, die mit ihren Noten nicht zufrieden sind.