Zu niedrige Gebühren für Rettungsdienst - Kreis fehlen neun Millionen Euro
In den vergangenen Jahren wurden zu niedrige Gebüren für den Rettungsdienst berechnet. Jetzt fehlen dem Ennepe-Ruhr-Kreis Millionen.
Erst im Laufe dieses Jahres ist der fehlende Betrag aufgefallen: Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat in den vergangenen zwölf Jahren zu niedrige Gebühren für den Rettungsdienst erhoben. Zwischen 2005 und 2016 fehlen dem Kreis Einnahmen von rund neun Millionen Euro. Doch erst in diesem Jahr wurden die Fehler, die Grundlage der falschen Gebührenberechnungen waren, aufgedeckt. Das teilte die Kreisverwaltung jetzt mit.
Der nachträgliche Ausgleich des Fehlbetrages ist aktuell Gesprächsthema zwischen Vertretern des Kreises und der Krankenkassen. Diese Erkenntnisse und Zahlen liefert die Kreisverwaltung in einer Vorlage für die Sitzung des Kreisausschusses am 4. Dezember.
Der Kreis ist für den Krankentransport und Rettungsdienst verantwortlich. Um den Bürgern im Falle des Falles helfen zu können, sind Standorte für Rettungswagen und Notärzte über den gesamten Kreis verteilt. Diese sowie die damit verbundenen Gebühren stimmt die Kreisverwaltung regelmäßig mit den Krankenkassen ab. Auf diesem Weg wird das System finanziert.
Von 2005 bis 2016 wurden die Gebührensätze für den Krankentransport sowie den Einsatz von Rettungswagen und Notarzt von der Kreisverwaltung allerdings mit noch zu erwartenden Einnahmen kalkuliert, die aber tatsächlich nicht in dieser Höhe erzielt werden konnten. Folge: Beim Berechnen der Gebühren wurden zu hohe Einnahmen zugrunde gelegt. Hieraus ergaben sich wiederum zu niedrige Gebührensätze.
Als wesentlichen Grund für diese jahrelange Panne nennt die Vorlage unterschiedliche Kassensysteme, mit denen der Kreis und die Stadt Witten arbeiten. Die Stadt hatte für den Kreis 2005 die Aufgabe übernommen, sämtliche Gebühren aus den Bereichen Krankentransport und Rettungsdienst abzurechnen.
In der Praxis hieß das: Die Stadt verschickte die Rechnungen und kontrollierte die Zahlungseingänge. Monat für Monat informierte sie den Kreis unter anderem darüber, welche Einnahmen aufgrund neuer Gebührenbescheide zu erwarten sind. Soweit, so richtig. Der Fehler im System wurde durch die Bescheide verursacht, die nachträglich geändert werden mussten.
Beispiel: Ein Notarzt behandelt Willi Müller, der vom Rettungswagen in ein Krankenhaus transportiert wird. Die Rechnung von 1080 Euro geht an die Krankenkasse. Es stellt sich heraus, dass die angeschriebene Krankenkasse die falsche ist. Dies wird mit einem neuen Bescheid über ebenfalls 1080 Euro korrigiert und der Kreisverwaltung im Rahmen der Monatsmeldung angezeigt. Bedingt durch die nicht mögliche automatische Übernahme von Korrekturen zwischen den Kassensystemen bleibt aber auch die mit dem ersten Bescheid erwartete Einnahme im Programm des Kreises fälschlicherweise erhalten. Folglich entsteht zwischen tatsächlichen und erwarteten Einnahmen eine Differenz von 1080 Euro.
Es ist nur ein Fehlbetrag von vielen. Unter dem Strich wurden die Gebühren für den Rettungsdienst über Jahre zu niedrig kalkuliert. Obwohl damit zu wenig Geld in den Rettungsdienst floss, blieb dies lange unbemerkt. Dazu heißt es in der Vorlage: „Dies wurde aufgrund der sonstigen Schwankungen in der Kostenstruktur des Rettungsdienstes — insbesondere aufgrund schwankenden Gebührenaufkommens durch veränderliche Einsatzzahlen — nicht frühzeitig erkannt.“
Erst der Fehlbetrag des seit wenigen Wochen vorliegenden Jahresabschlusses für den Rettungsdienst für 2015 war so groß, dass die Kreisverwaltung der Sache auf den Grund ging. Die Kämmerei ermittelte daraufhin für die Jahre 2005 bis 2016 einen Fehlbetrag von rund neun Millionen Euro. Die Kreisverwaltung geht davon aus, dass es rechtlich möglich ist, diesen durch ein Plus bei zukünftigen Gebühren auszugleichen. Dazu laufen Verhandlungen mit den Krankenkassen. Da die Stadt Witten den Vertrag zur Abrechnung der Rettungsdienstgebühren gekündigt hat, wird der Ennepe-Ruhr-Kreis diese Aufgabe ab Januar 2018 selbst übernehmen und im eigenen Kassensystem erfassen. Eine Wiederholung der Abläufe der Jahre 2005 bis 2016 ist damit ausgeschlossen. Red