Nach dem Absturz der Bergischen Wirtschaft ist die Lage ernst, aber nicht hoffnungslos Zum Ende des Corona-Jahres 2020 wächst die Zuversicht
Monatlich befragt das Ifo-Institut 9000 Unternehmen bundesweit nach der Lage und den Erwartungen zur Geschäftslage. Die Bergische Industrie- und Handelskammer unternimmt vierteljährlich eine Befragung unter ihren Mitgliedsunternehmen.
In Zeiten der Corona-Pandemie ist es überraschend, dass die Erwartungen deutlich optimistischer ausfallen als es die Lage vermuten lässt. Das trifft offensichtlich auch auf die Bergischen Unternehmen zu.
Die Wirtschaftsdaten für die Monate Januar bis Mai im Corona-Jahr 2020 fallen für das Bergische Land allerdings ernüchternd aus. Der Industrieumsatz in Wuppertal ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Januar-Mai um 13,2 Prozent zurück, in Solingen um 17,0 und in Remscheid um 11,1 Prozent. Besonders hart traf es den Fahrzeugbau (minus 43,1 Prozent) und die Metallerzeugung (minus 28,8 Prozent), während die Nahrungsmittelindustrie im Lockdown um 6,1 Prozent zulegen konnte.
Bei den Erwartungen zur Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten zeigt der Ifo-Index schon zum vierten Mal in Folge nach oben. Dies deckt sich mit den Eindrücken, die IHK-Geschäftsführer Uwe Mensch in Gesprächen in Bergischen Unternehmen gesammelt hat. „Der Absturz im April brachte den stärksten Einbruch mit sich, seitdem geht es aber wieder aufwärts“, beschreibt Uwe Mensch eine Entwicklung, die man von Branche zu Branche und innerhalb der Branchen differenziert betrachten müsse. „Es gibt Unternehmen mit Umsatzeinbußen bis zu 100 Prozent. Andere Firmen haben dagegen von der Krise profitiert. Meine Beobachtung: Die eine Hälfte ist optimistisch, die andere pessimistisch.“ Weitere Informationen über die spezielle Lage im Bergischen Land erhofft sich die IHK über ihre Herbst-Konjunkturumfrage, die in diesen Tagen vorbereitet wird.
„Die Entwicklung in anderen Ländern kann uns nicht kalt lassen“, sagt Uwe Mensch im Hinblick auf die Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft im nächsten halben Jahr wieder schnell Fahrt aufnimmt. Besonders im Bergischen Land lohnt sich beim Blick in die Zukunft der Blick ins Ausland. Der Exportanteil der Wuppertaler Unternehmen beträgt 59 Prozent am Industrieumsatz und liegt damit 15 Punkte über dem Landesdurchschnitt. Das birgt Gefahren: Der Export-Industrieumsatz ist im ersten Halbjahr um rund 15 Prozent rückläufig, obwohl Januar, Februar und März stabile Monate waren.
Staatliche Hilfen können den Strukturwandel behindern
Wegen der ungewissen Entwicklung der Pandemie in anderen Ländern ist Uwe Mensch in der Beurteilung der Wirtschaftslage vorsichtig. „Es gibt nicht nur deshalb Unsicherheiten. Die Politik hat mit ihren Sofortmaßnahmen die richtigen Zeichen gesetzt. Die Liquiditätsprobleme in vielen Firmen könnten aber mit einer zeitlichen Verzögerung auftreten. Die Insolvenzantragspflicht wurde ausgesetzt, die Kurzarbeit bis Ende 2021 verlängert. Staatliche Maßnahmen können einen negativen Effekt haben, wenn sie einen notwenigen Strukturwandel verzögern und Betriebe künstlich am Leben erhalten werden“, sagt Uwe Mensch.
Die staatlichen Maßnahmen folgen allerdings nicht allein einer wirtschaftlichen Logik, sondern sie sollen sich vor allem auch positiv auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Durch die Kurzarbeit konnte bisher ein noch stärkerer Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert werden.