Begrabt mein Herz in Wuppertal Zum Springmannpreis die kleine Schwarze

Es gibt ein paar Gewinner in der Corona-Krise, deren Umsatz gerade richtig durch die Decke geht: die Maskenmacher! Uwe Becker hat mittlerweile mehr Masken als Unterhosen.

 Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Unsere Wirtschaft liegt momentan am Boden. Es gibt aber ein paar Gewinner in dieser Krise, deren Umsatz gerade richtig durch die Decke geht: die Maskenmacher! Ich alleine kenne vier Frauen, eine aus Cronenberg, zwei aus Elberfeld und eine aus Frankfurt, die professionell oder aus Liebe zur Hand- und Näharbeit und für einen guten Zweck Masken ohne Ende schneidern. Inzwischen habe ich selber mehr Masken als Unterhosen, und ich habe nicht wenige Schlüpfer. Meinen Slips werde ich irgendwann mal eine eigene Kolumne widmen, aber erst, wenn die Zeiten wieder schöner und gesünder sind.

Möchte man den Umgang mit den Behelfsmasken richtig und verantwortungsvoll handhaben, benötigt jeder Erwachsene Pi mal Daumen 100 Stück. Hierfür habe ich insgesamt 600 Euro investiert. Ich benutze pro Tag meistens drei Masken. Als ich heute Morgen zum Bäcker ging, um mir mein Schwarzbrot zu kaufen, trug ich die gelbe Maske mit den knallroten Punkten. Passend dazu hatte ich ein olivgrünes Oberhemd, meinen braunen Cordanzug, weiße Socken und meine dunkelgrauen Mokassins an. Ich bin ja nicht eitel, aber gerade diese Kombi steht mir ziemlich gut. Die Verkäuferin ist immer überrascht, weil ich sie jeden Tag mit einer anderen Maske überrasche.

Wenn ich zur Hausärztin gehe, dann trage ich die Behelfsmaske mit dem Logo der Barmer Ersatzkasse, die war nicht nur kostenlos, ich wüsste auch nicht, zu welchem Besorgungsgang ich sie ansonsten tragen könnte. Mittags lege ich mich gerne zu einem kurzen Schlaf aufs Bett. Oft mit einer Augenmaske, da ich sehr tageslichtempfindlich bin. Die Masken sind absolut blickdicht. Davon habe ich aber nur eine, da ich sie in der Öffentlichkeit nicht trage.

Am späten Nachmittag mache ich mich auf den Weg, um Lebensmittel einzukaufen. Hierfür benötigt man wieder eine saubere Maske. Wenn ich in einen einfachen Supermarkt gehe, achte ich nicht so sehr darauf, ob Kleidung und Maske gut miteinander harmonieren. Anders verhält es sich, wenn ich ein Fachgeschäft aufsuche. Beim Weinhändler schmückte mich kürzlich eine wunderschöne Behelfsmaske in Bordeauxrot, die ich mir bereits am Abend vorher sorgsam und geschmacklich passend zur Kleidung heraus gelegt hatte.

Also, man kommt schon auf einen erheblichen Maskenverbrauch pro Tag, wenn man die Sache wirklich ernst nimmt. Am Abend koche ich meine getragenen Masken ein paar Minuten im Wasserbad oder backe sie bei 70 Grad 20 Minuten im Herd. Gestern passierte mir leider ein Missgeschick: Ich bemerkte zu spät, dass die Lasagne vom Vortag noch im Ofen war. Aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen habe ich die italienische Köstlichkeit dann entsorgt. Mensch, die Lasagne war so lecker – sehr ärgerlich, auch weil die Schale noch mehr als halb gefüllt war.

Als ich zur Sparkasse musste, habe ich vorab angerufen, weil ich mir unsicher war, ob dort Maskenpflicht besteht. Tatsächlich ist es so, dass man vor Betreten der Filiale eine Maske aufsetzen muss. Ich habe mir dann vorgestellt, wie ein ehemaliger Bankräuber, der seine zehnjährige Haftstrafe abgesessen hat, seine Maske überzieht, zum Schalter geht und sagt: „Guten Tag, ich würde gerne einen Dauerauftrag für meine Miete einrichten!“ So weit, so gut. Schlimm wäre es aber, er bekäme durch das Tragen der Maske einen Rückfall und würde „Hände hoch, Geld her!“ rufen. Der Mann könnte sich hinterher schlecht darauf berufen, dass es nur ein Scherz sein sollte, immerhin wäre er in diesem Fall ja wegen Bankraub vorbestraft gewesen.

Wahrscheinlich bin ich der einzige Mensch, der sich über so etwas Gedanken macht. Ich befürchte sogar, dass jeder, der gerade aus einem Gefängnis entlassen wurde, nicht so einfach eine Wohnung anmieten könnte, auch weil er meistens arbeitslos ist.

Wo ich hier gerade über Geld schreibe: Am kommenden Samstag bekomme ich den Springmann-Preis verliehen. Wegen Corona findet die Veranstaltung bei youtube.com (11 Uhr) statt. Jetzt frage ich mich, welche Maske soll ich beim festlichen Akt aufsetzen? Ich habe zweifelsfrei die Qual der Wahl. Mein Sohn hat es letztendlich entschieden: „Papa, die kleine Schwarze geht doch immer!“