Literatur Zwei Bücher porträtieren Hesselnberg und Südstadt

Wuppertal · Jörg Degenkolb-Degerli, Christiane Gibiec und Arno Mersmann auf Spurensuche im Quartier.

Jörg Degenkolb-Degerli

Foto: Fries, Stefan (fr)

Zwei Bücher – ein Thema: der Hesselnberg und die angrenzende Südstadt, beleuchtet und beschrieben von drei Wuppertaler Autoren. Als Stadtteilschreiber war Jörg Degenkolb-Degerli in den beiden Quartieren der unteren Südhöhen Wuppertals unterwegs, initiiert im Rahmen der „Demokratie-Werkstatt Hesselnberg-Südstadt“, einem Kooperationsprojekt des Veranstaltungszentrums „börse“ mit der Landeszentrale für politische Bildung NRW.

Degenkolb-Degerli hat bei seinen Streifzügen durch die Straßen verschiedene Bewohner kennengelernt, kritische und begeisterte Stimmen aufgezeichnet und sich auch kulinarisch einen Einblick verschafft. Im Mikrokosmos Metzgerei genießt er eine vegetarische Gemüselasagne, geradezu bemuttert von der Inhaberin, erlebt in einer Bäckerei Momente „großer Ergriffenheit“ beim freundlichen Umgang mit älteren Kunden und trinkt ein Bier in der noch so ursprünglichen Gaststätte „Schlupp“.

Fast philosophisch resümiert er: „Es geht eben nur nebensächlich um die ganze Kulisse da draußen, um vermeintlichen Pomp und Konsumsensationen… oft geht es nur um einen ganz kleinen Ausschnitt, einen Ausblick auf die Straße...“

Und bei diesen Ausblicken streift er durch den Skulpturenpark, lauscht dem „Menschenrechte-Chor“ der börse, findet den Mittelpunkt Wuppertals, besucht das „Ki“ (Kommunales Integrationszentrum), beteiligt sich an einem Stadtteilspaziergang und verbindet seine Entdeckungen mit eigenen Eindrücken.

Christiane Gibiec und Arno Mersmann beschäftigen sich ebenfalls mit dem Hesselnberg - auch historisch. „Auf der Suche nach Identität im Quartier“ soll er porträtiert werden – aktuell und wie er früher war. Zu Wort kommt Hermann Enters mit seinen Lebenserinnerungen: Er ist 1846 am Hesselnberg geboren, mit seiner Familie in die USA ausgewandert. Dieter Fränzel beschreibt seine Kindheit im Krieg.

Auch Anwohner
kommen zu Wort

Dazu passt das Kapitel zum 1000-jährigen Unterbarmen: Ein neues Zentrum Wuppertals, zwischen Wupper, Haspeler Straße, Friedrich-Engels-Allee und Pauluskirche sollte in der Zeit des Nationalsozialismus entstehen, schon geplant und im Modell existent, glücklicherweise nie realisiert.

„Männer wie wir..“ – die Wicküler-Brauerei wird vorgestellt, mit Ursula Kraus geht es in der Kutsche zum Bendahl, Blicke durch die Löf zur ehemaligen Firma Büsgen werden geworfen, das frühere Hotel Hegelich als Zentrum der frühen Arbeiterbewegung gezeigt.

Die Kapitel sind schön ergänzt mit historischen und aktuellen Aufnahmen. So bietet das Buch einen interessanten Querschnitt aus Vergangenheit und Gegenwart. Bibelmuseum, Campus Haspel, das Wichernhaus die OGGS Hesselnberg sind Beispiele, aber auch ausgefallenen Organisationen wie die Bagpipe Company, die Vereinigung der Dudelsackspieler, oder die Freimaurer-Logen finden Eingang ins Buch. Gespickt mit viel historischem Wissen und Hintergrundinformationen zeichnet es ein vielfältiges Bild der facettenreichen Geschichte und Gegenwart mit ihrer gelebten und aktiven Nachbarschaft.

Beide Bücher lassen Bewohner zu Wort kommen und zeigen Hesselnberg und Südstadt als Bindeglied zwischen Elberfeld und Barmen. Nur eins fehlte: Für Nichtbewohner wäre eine Karte der Quartiere zur besseren Einordnung der besprochenen Straßen und Gebäude hilfreich gewesen.