Mehr als fünf Jahre nach einer aufsehenerregenden Festnahme in der Eifelstadt Prüm ist ein Bundespolizist vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Amt freigesprochen worden. Der 39 Jahre alte Bundespolizist aus Nordrhein-Westfalen könne nicht schuldig gesprochen werden, da er sich in einer „akuten Belastungssituation“ befunden habe, sagte die Vorsitzende Richterin Theresa Hardt am Landgericht Trier.
Dass der Bundespolizist bei dem Zugriff im September 2019 unverhältnismäßig viel Gewalt angewendet hatte, stellte die Vorsitzende Richterin dennoch fest. „Die Schläge waren rechtswidrig. Das war zu viel!“ Bei der Festnahme hatte der Bundespolizist auf den am Boden liegenden Mann fünfmal mit einem Schlagstock geschlagen und zweimal auf ihn eingetreten. Die Schläge und Tritte hatte der Angeklagte eingeräumt.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Er habe aus Notwehr gehandelt, da der Mann sich am Boden gewehrt habe, hatte der Anwalt des Bundespolizisten, Andreas von Dahlen, gesagt, der auf Freispruch plädiert hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Festnahme vorangegangen sei eine lange und gefährliche Verfolgungsfahrt durch die Eifel, schilderte die Richterin, weil sich der später Festgenommene einer Fahrzeugkontrolle nahe der deutsch-belgischen Grenze entziehen wollte.
Man sei mit sehr hohen Geschwindigkeiten über die Straßen gerast, das Fluchtauto habe das Polizeiauto in einem Wald gerammt. „Der Angeklagte hat Angst um sein Leben“, sagte die Richterin. In Prüm kam es dann zur Kollision mit dem Fluchtauto.
Bundespolizist handelte aus Notwehr
Ein Video eines Zeugen der Tat zeigt den Ausschnitt der Festnahme mit den ausgeführten Schlägen und Tritten. Man sehe darin auch, dass der Mann am Boden Widerstand geleistet habe, sagte Richterin Hardt. Insofern habe auch eine Notwehrlage vorlegen. Der Angeklagte habe seine Schläge und Tritte beendet, als der Mann am Boden Handschellen angelegt bekommen hatte.
Trotz Notwehrlage: Die Schläge und Tritte hätten „die Grenze des Erforderlichen überschritten“, sagte Hardt. Wegen der akuten Belastungssituation gehe man davon aus, dass der Mann die Situation nicht mehr richtig habe einschätzen können.
Staatsanwältin für Verurteilung
Staatsanwältin Nicole Schneider hatte zuvor auf eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt plädiert. Sie könne auf dem Video keine Notwehrlage erkennen. Der Mann am Boden habe kaum Widerstand geleistet. Lediglich die Beine hätten sich bewegt und gezappelt. Dies sei aber kein Angriff auf den Polizisten gewesen, der die Schläge und Tritte rechtfertige.
Der Bundespolizist sei „über das Ziel hinausgeschossen“, sagte Schneider. Sie hatte eine Geldstrafe auf Bewährung in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 80 Euro gefordert. Das Opfer hatte „multiple Prellungen erlitten“.
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