Borkenkäfer: Großangriff der Killerkäfer
Die Wälder erwartet eine gigantische Plage. Besonders die Fichten werden wegen des Klimawandels durch andere Bäume ersetzt werden müssen.
Düsseldorf. Erst hat Kyrill den Wäldern in NRW einen harten Schlag versetzt, gibt ihnen jetzt der Borkenkäfer den Rest? Forstexperten befürchten für die Sommer in diesem und nächstem Jahr eine Käferplage in noch nie dagewesenen Dimensionen. Die Folge wären Notrodungen in Wäldern, die durch Kyrill sowieso schon stark ausgedünnt wurden.
Die Ursachen: Durch den milden Winter dürften neben den sowieso recht frostresistenten Käfern auch die meisten abgelegten Larven überlebt haben. "Wir müssen also damit rechnen, dass die Borkenkäfer-Population schon im Frühjahr größer ist als sonst", sagt Jörg Matzick vom Landesbetrieb Wald und Holz.
Diese Käfer finden beste Brutbedingungen vor: Sie lieben nicht mehr vitales, aber auch noch nicht totes Holz, wie es nach Kyrill noch in Unmengen in den Wäldern lagert. Trotz der zügigen Aufräumarbeiten rechnen Experten damit, dass das Bruchholz noch bis in den nächsten Winter hinein liegen wird. "Bis April schaffen wir im Idealfall 15 bis 20 Prozent", so Matzick. "Der Borkenkäfer wird sich auch die noch stehenden, aber von Kyrill stark geschädigten Bäume suchen."
Nun kommt es auf das Wetter im Sommer an: Wird es heiß und trocken, wäre das eine Art Gau für den Wald. Der Borkenkäfer würde sich explosionsartig vermehren und gerade die im Bergischen dominierende Fichte angreifen. Sie kommt mit trockenen Böden nicht gut zurecht und wäre daher geschwächt. Da der Borkenkäfer ungefähr alle vier bis sechs Wochen neue Eier ablegen kann, wären bei einem warmen Sommer vier Generationen möglich - da bringt es ein Weibchen schon mal auf bis zu 5000 Nachkommen! Matzick: "Da kann sich jeder ausrechnen, welches Ausmaß die Plage annehmen kann."
Für Förster und Waldarbeiter bereiten sich nun auf frühzeitige Gegenmaßnahmen vor. Befallene Stämme sollen schnell gefällt, aus dem Wald gebracht und entrindet werden, denn unter der Rinde sitzen die Käfer. "Wir müssen die Nester in den noch weitgehend unbeschadeten Waldstücken finden", sagt Matzick. "Da wäre ein Befall bitter." In den verwüsteten Teilen bleibt noch etwas Zeit. Solange die Käfer nur vom Sturm geworfene Bäume befallen, ist es nicht so schlimm. "Dann ist es besonders wichtig, dass wir spätestens im nächsten Winter alle geworfenen Bäume rausschaffen", so Matzick. Sollte ein weiterer milder Winter folgen, wäre die Käferexplosion im nächsten Jahr umso verheerender.
Um den Waldbestand zu retten, wird auf lange Sicht radikal umgeforstet werden müssen. Die Fichten, Lieblingsbaum der Holzwirtschaft und auf rund einem Drittel der NRW-Waldfläche angesiedelt, kommen mit immer öfter auftretenden heißen und trockenen Sommern nicht zurecht. Außerdem sind sie bei den ebenfalls öfter auftretenden Stürmen besonders gefährdet.
Gefahr: Borkenkäfer bringen geschwächte Bäume zum Absterben. Bei explosionsartiger Vermehrung der Population können auch gesunde Bäume befallen werden. Folge: Der Wert des Holzes sinkt um bis zu 75 Prozent.
Arten: In Europa gibt es etwa 154 Arten. Besonders aggressiv sind der Kupferstecher (Größe: zwei Millimeter) und der Buchdrucker (Größe: fünf Millimeter), die nach dem Muster ihres sehr feinen Fraßbildes benannt sind.
Es war schon einmal soweit, dass sich Deutschland um seine schönen Wälder sorgte: In den 80er Jahren, als das Waldsterben um sich griff. Krank ist er, unser Wald, aber gestorben ist er nicht. Neue Filter für Fabriken und Autos verhinderten das Schlimmste. So einfach lässt sich das neue Problem nicht lösen.