Cecelia Ahern : "Geschichten müssen sich entwickeln"

Mit dem Roman "P.S. Ich liebe Dich" gelang der 26-Jährigen 2004 ein Welterfolg. Mittlerweile konzipiert die Tochter des irischen Premiers Bertie Ahern TV-Serien.

Miss Ahern, Ihr Buch "P.S. Ich liebe Dich" handelt von einer jungen Frau, die ihren verstorbenen Mann betrauert. Haben Sie persönlich schon Menschen verloren, die Ihnen wichtig waren?Cecelia Ahern: Nein, aber was mich antrieb, darüber zu schreiben, war die Angst, Menschen verlieren zu können, die ich liebe. War es trotzdem schwierig, sich das vorzustellen?Ahern: Nein, eigentlich nicht. Wenn man weiß, wie es ist, jemanden zu lieben, kennt man auch die Angst davor, diese Person zu verlieren. Außerdem weiß man ja, wie es sich anfühlt, einsam zu sein oder verlassen zu werden, auch wenn im Leben gerade alles glatt läuft. Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie die Idee dazu hatten, daraus ein Buch zu machen?Ahern: Ich weiß noch, dass es irgendwann nachts war, im Haus war alles ruhig und ich lief etwas unruhig durch die Räume. Und plötzlich ging mir ein Todesfall aus unserem Bekanntenkreis durch den Kopf, eine Frau hat ihren Mann nach fast 50 Jahren Ehe verloren. Da machte ich mir darüber Gedanken, wie schlimm es sein muss, wenn jemand, der fast dein ganzes Leben lang jeden Tag da war, plötzlich weg ist. Über Ihre Bücher liest man häufig, dass sie hoffnungslos romantisch und damit das exakte Gegenstück zu dem zynischen Weltbild seien, das in Serien wie "Sex and the City" thematisiert wird.Ahern: Ich kenne diese Einschätzung, sie stammt hauptsächlich von Leuten, die meine Bücher nicht gelesen haben. Natürlich sind meine Geschichten romantisch, aber ich würde sie deswegen nicht als unrealistisch beschreiben. Ich meine, "P.S. Ich liebe Dich" handelt von einer Frau, deren Ehemann gleich zu Beginn stirbt. Ihr Kummer spielt eine zentrale Rolle. Und meine anderen Bücher handeln von Beziehungen, die nicht richtig funktionieren. Streng genommen sind das Motive, an denen ich nichts Herzerwärmendes feststellen kann. Romantisch werden die Geschichten erst, weil ich ihnen eine positive Sicht der Dinge vermittle. Wahrscheinlich ist es sogar richtig, dass ich Zynismus versuche zu vermeiden. Aber unrealistisch oder vorhersehbar finde ich meine Bücher deswegen nicht. Sie schreiben nicht nur Bücher, sondern haben für den US-Sender ABC eine Comedyserie mit dem Titel "Samantha Who" konzipiert.Ahern: Ja, die Idee kam von der zuständigen Redakteurin für Comedyshows bei ABC. Sie hatte "P.S. Ich liebe Dich" gelesen und mich angesprochen, ob ich nicht eine ganze Serie schreiben wolle. Die Serie ist in den USA mit 14 Millionen Zuschauern pro Folge sehr erfolgreich gestartet. Wie war die ABC-Redakteurin sich so sicher, dass Sie die Richtige für diesen Job sind?Ahern: Sie mochte die Charaktere aus meinen Büchern. Meine Hauptfiguren befinden sich alle auf einer Art Selbstfindungstrip, sie stoßen an Grenzen und lernen dabei etwas über sich. Die Frage war, wie man diesen Aspekt in eine wöchentliche Comedyshow packen kann. Und da kam mir die Idee dieser Frau, die zu Beginn der Serie einfach gar nichts über sich wissen kann, weil sie ihr Gedächtnis verloren hat. So wird für sie jede alltägliche Handlung zu einer Lehrstunde, denn sie kann sich nicht mehr daran erinnern, was sie gerne isst, wer ihre Freunde sind, an gar nichts. Die Hauptfigur Samantha findet nach und nach heraus, dass sie vor ihrem Unfall ein egozentrisches Ekel war. Ist das nicht wiederum ziemlich zynisch?Ahern: Irgendwie schon, oder? (lacht) Ich war es einfach leid, in Fernsehserien den klassischen Bösewichten dabei zuzusehen, wie sie rücksichtslose Entscheidungen treffen. Das hat mich genervt. Deswegen erfand ich diese Frau, die früher regelrecht widerlich war, ohne ihr Gedächtnis aber plötzlich wieder das Richtige tun will. Welche Themen würden Sie für Ihre Geschichten ausschließen? Ahern: Grundsätzlich gibt es kein Thema, das bei mir nicht auftauchen könnte. Die Geschichten müssen sich entwickeln können. Das wäre schwer, wenn ich Themen kategorisch ausschließen würde. Was ich mir aber nicht vorstellen kann, ist, über wahre Begebenheiten zu schreiben. Mein Gebiet ist die Fiktion. Deswegen glaube ich nicht, dass ich einen politischen Thriller oder etwas Ähnliches schreiben würde. Was nicht heißen soll, dass meine Figuren keine Politiker sein könnten. Wenn Sie sagen, dass Sie Ihre Geschichten sich entwickeln lassen, heißt das, dass es kein Gesamtkonzept gibt, bevor sie mit einem Roman beginnen?Ahern: Es gibt einen groben Entwurf, beispielsweise weiß ich genau, was am Ende passieren soll. Aber ich entwerfe kein Kapitelgerüst, das ich dann abarbeite, nein. Waren Sie dann manchmal selbst überrascht, welche Wendung eine Geschichte nehmen kann?Ahern: Ja, das kam vor. Für manche Charaktere hatte ich einen bestimmten Werdegang vorgesehen, den ich beim Schreiben aber umgestaltet habe, weil es dann doch nicht richtig gepasst hat. Ihr Vater ist der irische Premierminister Bertie Ahern. Betrachten Sie sich selbst als politischen Menschen?Ahern: Ja, ich interessiere mich für Politik und ich mag es, wenn mein Vater mir komplizierte politische Vorgänge so erklären kann, dass ich sie verstehe. Das heißt aber nicht, dass ich eine politische Karriere vor mir habe. (lacht) Was ist das Wichtigste, das Sie von Ihrem Vater gelernt haben? Ahern: Was ich wahrscheinlich tatsächlich von ihm übernommen habe, ist, hart für das zu arbeiten, was einem am Herzen liegt. Wie gehen Sie mit der Berichterstattung über Ihren Vater um, die nicht immer schmeichelhaft ist?Ahern: Da gewöhnt man sich dran. Ich bin damit aufgewachsen, einen Vater zu haben, der einen hohen Bekanntheitsgrad hat. Dabei lernt man auch, nicht allem Glauben zu schenken, was über ihn geschrieben wird. Das war für mich sicherlich ein gutes Training, also noch eine Sache, die ich von ihm gelernt habe: Nichts darauf zu geben, was andere über einen sagen. Das ist auch der Grund, warum ich an Klatsch im Allgemeinen kein großes Interesse habe. Denken Sie manchmal, dass Sie eigentlich zu jung für all das sind? Ahern: Wissen Sie, als das losging mit meinem ersten Buch, hat mich am meisten erstaunt, dass die Leute speziell von meinem jungen Alter so beeindruckt waren. Dabei spielt das Alter überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil: Wenn man das Alter einer Person kennt, dann haben die Menschen schnell eine ganz spezielle Vorstellung davon, was diese Person zu leisten imstande ist und was nicht. Deswegen ist Alter für mich nichts weiter als eine Zahl.

PERSÖNLICHES

Cecelia Ahern kommt am 30. September 1981 in Dublin zur Welt. Ihr Vater ist der konservative Politiker Bertie Ahern, der seit 1997 Premierminister Irlands ist. Im Jahr 2000 ist sie kurzfristig Mitglied der irischen Popgruppe Shimma, die sich um die Teilnahme beim Eurovision Song Contest bewirbt, aber unterliegt. Ihr erster Roman "P.S. Ich liebe Dich" kommt 2004 heraus und führt wochenlang die Bestsellerliste in ihrer Heimat an. Mittlerweile ist das Buch in 40Ländern erschienen. Drei weitere Romane folgen. Für den US-Sender ABC konzipiert sie die erfolgreiche Sitcom "Samantha Who". NACHGEFRAGT Welches ist Ihr absolutes Lieblingsbuch?"Die Frau des Zeitreisenden" von Audrey Niffenegger. Welchen Autor haben Sie während Ihrer Schulzeit am meisten gehasst?Ich habe Shakespeare nicht gehasst, aber ich hatte Probleme mit ihm. Wohin ziehen Sie sich zurück, wenn Sie alleine sein wollen?In mein Bett. Was heitert Sie auf, wenn Sie schlechte Laune haben?Mein Bett. Ihr Lieblingssong?"Love You Till The End" von den Pogues. Worauf achten Sie als erstes, wenn Sie einen Mann treffen?Ich bin schon seit sieben Jahren mit meinem Freund zusammen, ich interessiere mich nicht für andere Männer, haha. Was ist für Sie wichtig, um sich sicher fühlen zu können?Leuten vertrauen zu können. Was ist der unsinnigste Haushaltsgegenstand, den Sie besitzen?Wir haben zu viele Fernbedienungen. Es sind mittlerweile sieben, und bei manchen habe ich den Verdacht, dass sie gar keinen Zweck erfüllen. Die liegen einfach nur rum. Welchen Teil Irlands empfehlen Sie Menschen, die zum ersten Mal in Ihr Land kommen?Die Grafschaft Kerry im Südwesten von Irland, ganz besonders die Halbinsel Dingle. In deren Bucht lebt seit 25 Jahren ein Delfin, was eher ungewöhnlich für diese Breitengrade ist. Was mögen Sie am wenigsten an Irland?Sie wollen wahrscheinlich auf den Regen hinaus, aber der macht mir nichts aus. Am meisten regt mich persönlich der Verkehr bei uns auf, unsere Autobahnen sind in einem schlimmen Zustand, die Leute nennen sie auch verächtlich Parkplätze.