Kindstötung: Drei Babys in der Kühltruhe

Ein grausiges Geheimnis in der Dorfidylle. Die Nachbarn sind entsetzt.

Wenden. Die ländliche Idylle verbarg ein furchtbares Geheimnis: Im kleinen Sauerländer Dörfchen Möllmicke hat eine 44 Jahre alte Hausfrau über Jahrzehnte die Leichen von drei Neugeborenen verborgen. Nur durch Zufall wurde das eisige Versteck in einer Kühltruhe im Waschkeller der liebevoll restaurierten Fachwerkhaus-Hälfte entdeckt.

Der 18 Jahre alte Sohn hatte am Samstagnachmittag mit seiner 24-jährigen Schwester eine Tiefkühlpizza gesucht. Dabei fiel ihnen auf, dass das Verfallsdatum der Lebensmittel zum Teil schon mehrere Jahre überschritten war. Beim Aufräumen der Truhe machten sie dann eine grausige Entdeckung: die gefrorenen Körper ihrer drei Geschwister. Am Sonntag stellten die beiden die aus einem Kurzurlaub zurückgekehrten Eltern zur Rede. Anschließend ging die Familie gemeinsam zur Polizei. Die schickte eine Funkstreife zu dem Haus. Die Beamten fanden die drei Tüten - eine war geöffnet, die Polizisten sahen den Kopf und den Arm eines toten Babys.

Die Nachbarn in der gepflegten Siedlung sind geschockt und sprachlos. "So etwas kennt man sonst nur aus dem Fernsehen", sagt eine Frau, die schräg gegenüber wohnt. "Nichts" sei ihr aufgefallen. "Die sind nett und freundlich, grüßen immer", sagen auch die anderen Anwohner in der gemütlichen Wohnstraße des 1600-Einwohner-Ortes. "Das ist eine nette Familie, fleißig und fröhlich", erinnert sich eine Nachbarin (26).

Ende des Jahres feiert das Ehepaar Silberhochzeit. Seit 1984 wohnten der Elektriker (47) und seine 44-jährige Frau auch schon in dem mit Wein und Rosen berankten Fachwerkhaus. Dass die Hausfrau neben den drei jetzt 18, 22 und 24 Jahre alten Kindern noch drei weitere Kinder zur Welt brachte, hat offenbar niemand mitbekommen.

Ein Fall könnte auf das Jahr 1988 zurückgehen. Eingewickelt in ein Blut verschmiertes Handtuch und eine Lokalzeitung vom Dezember 1988 hatte die Mutter das Kind in eine Tüte verpackt und auf den Boden der Tiefkühltruhe gelegt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mann, die Kinder oder die Nachbarschaft und Verwandten etwas von den Schwangerschaften gewusst haben, sagen die Ermittler.

Die Nachbarn wollen das nicht glauben. "Unvorstellbar, dass er nichts davon gemerkt haben soll, dass seine Frau noch drei Mal entbunden hat", sagt Willi Weber, der nur ein paar Meter vom Haus der Familie entfernt lebt. "Dabei gibt es so viele Paare, die sich sehnlichst ein Kind wünschen", schüttelt eine andere Nachbarin entsetzt den Kopf.

Die Ermittler bewegen nun die gleichen Fragen wie die Nachbarschaft: Wann kamen die Kinder zur Welt, und wie starben sie? Von der mutmaßlichen Täterin hat die Mordkommission bislang wenig erfahren. Die 44-Jährige ist nach ihrem ersten bruchstückhaften Geständnis nicht mehr vernehmungsfähig. Sie wird ärztlich betreut. Die Frau gesteht bisher ein, dass sie damals im jungen Alter ihre Schwangerschaften verheimlicht und die Neugeborenen in der Truhe versteckt habe.

Gestern beantragte der Staatsanwalt zunächst Haftbefehl wegen Totschlages. Sollte sich zumindest der eine Tatzeitpunkt 1988 bestätigen, sei ein Totschlag im Fall dieses Kindes noch nicht verjährt, sagte der ermittelnde Staatsanwalt Günter Scholz.

April 2008 In einer Müll-Sortieranlage im sächsischen Wiesenbad finden Mitarbeiter einer Entsorgungsfirma auf dem Fließband einen toten Säugling. Zwei bis drei Tage vor dem Fund war der Junge laut Obduktion zur Welt gekommen. Er starb durch äußere Gewalteinwirkung. Erkenntnisse zur Mutter des Kindes gibt es noch nicht.

Dezember 2007 Im sächsischen Plauen soll eine 28-Jährige drei ihrer Säuglinge getötet haben. Die Leichen lagen in einem Koffer, in einer Tiefkühltruhe und auf einem Balkon.

Dezember 2007 Die Polizei entdeckt die Leichen von fünf Jungen im Alter zwischen drei und neun Jahren im schleswig-holsteinischen Darry. Die psychisch kranke Mutter soll die Kinder erstickt haben.

April 2007 Im Tiefkühlschrank einer Erfurter Wohnung werden zwei tote Säuglinge entdeckt. Eine 35-Jährige gesteht, das Mädchen 2002 und den Jungen 2004 zur Welt gebracht, in eine Mülltüte gewickelt und in den Gefrierschrank gelegt zu haben. Die Kinder hätten nicht in ihre berufliche Lebensplanung gepasst.

Januar 2007 Im thüringischen Thörey werden drei Babyleichen entdeckt. Der neue Eigentümer eines dörflichen Anwesens findet die toten Säuglinge in der Garage. Eine 21Jahre alte Schülerin gesteht, die Kinder mit 16, 17 und 19 Jahren geboren und dann auf dem Grundstück ihrer Eltern versteckt zu haben.

März 2006 Auf dem Dachboden seiner von ihm getrennt lebenden Frau entdeckt ein Mann in Neuendorf am Damm (Sachsen-Anhalt) eine skelettierte Babyleiche in einer Reisetasche. Die Polizei findet zwei weitere tote Säuglinge. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Kinder vor 2001 lebend zur Welt kamen.

Januar 2006 In Altenburg in Thüringen bestätigt die Polizei den Fund zweier einbetonierter Babyleichen. Der Ehemann der 44 Jahre alten Mutter und Vater der Neugeborenen hatte sich am Silvesterabend selbst bei der Polizei angezeigt und gesagt, er habe die Leichen Anfang und Mitte der 1990er Jahre in seinem Keller vergraben.

Juli 2005 Bei Entrümpelungsarbeiten in einem Garagenkomplex in Brieskow-Finkenheerd (Brandenburg) werden neun Babyleichen entdeckt. Sie liegen unter anderem in einem Aquarium voller Sand, Eimern und Blumenkübeln voller Erde. Die 39Jahre alte Mutter aus Frankfurt (Oder) hatte die Kinder zwischen 1988 und 2004 jeweils kurz nach der Geburt getötet und auf dem Grundstück ihrer Eltern versteckt.

Januar 2005 Zwei Jahre lang liegt die Leiche der kleinen Pervin auf einem Düsseldorfer Balkon. Die Mutter hatte ihre Tochter verhungern lassen und die Leiche dann zerstückelt.

August 2004 Innerhalb von neun Monaten tötet eine Mutter in Kaarst ihre Töchter (drei Wochen und zwei Jahre alt). Eine wird erstickt, die andere nach tagelangem Hungern erdrosselt.